Das desaströse Desaster

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Die Zeit verging schneller in diesem Schuljahr, und bald lag der erste Schnee auf den Ländereien und der See fror zu. Es war der Weihnachtsmorgen und ich wurde von Corvus geweckt, der sich auf meiner Brust nieder gelassen hatte und anscheinend beschlossen hatte, einfach einzuschlafen. So leise wie möglich zog ich den Brief vom Bein, um die anderen im Schlafsaal nicht zu wecken, und entrollte das Pergament.

>Frohe Weihnachten und viel Spaß auf dem Ball heute Abend, Mutter und Vater.< 

Als ich den Vorhang zur Seite zog, sah ich den kleinen Berg an Geschenken vor meinem Bett und begann natürlich sofort mit dem auspacken, was natürlich auch die anderen Mädchen weckte. Ich bekam ein hübsches Armband, passend zum Kleid von meinen Eltern, ein >Zaubertränke im Laufe der Zeit< von Severus, ein Paar eleganter Handschuhe von meinen Großeltern und einen kleinen Beutel voller Feuerkracher, kleine rote Kaubonbons die scheinbar im Mund explodieren konnten und ziemlich sauer waren. Draco und ich hatten uns als Kind immer einen Spaß daraus gemacht und gewettet, wer davon am meisten im Mund behalten konnte. Da ich Pansy und ihren Freundinnen versprochen hatte, ihnen mit ihren Haaren zu helfen, beschloss ich meine Haare gleich nach dem Mittagessen damit anzufangen. Ich wollte nichts kompliziertes, nur ein Paar Locken die ich zu einem Zopf binden konnte, aber das Desaster das daraus entstand war... desaströs. Schon beim ersten Strich durch mein blondes Haar merkte ich, das etwas nicht stimmte und als ich in den Spiegel sah, schrie ich. Ich musste mich angehört haben, als ob ich sterben würde, denn Draco kam so schnell in die Mädchentoilette im Gemeinschaftsraum gerannt, das der Schutzzauber gar keine Zeit zum reagieren hatte. 

"Draco tu was! Was ist das?"

Entsetzt hielt ich die dunkelbraune, lockige Strähne in der Hand, die eben noch hellblond gewesen war.

"Zeig her..."

Ich reichte ihm den Kamm, er las und schüttelte dann den Kopf.

"Adrian hat doch gesagt das wäre ein Lockenkamm, oder?"

So weit ich mich erinnern konnte, hatte er genau das gesagt.

"Hier auf der Verpackung steht aber: >Bringt ihre natürliche Schönheit zum Vorschein und lässt ihr Haar wunderschön werden.< Ella... ich... ich glaube du bist gar nicht blond." sagte er und ließ die Verpackung sinken.

Wie nicht blond? Ich war mein ganzes Leben lang blond gewesen, hellblond wie Draco und Vater, das einzige das ich nicht mit ihnen gemein hatte waren die Augenfarbe und die Kinnpartie! Ich schnappte mir den Kamm und begann mit wachsendem Entsetzen dabei zuzusehen, wie sich mein perfekter, blonder Schopf in ein dunkelbraunes, lockiges Chaos verwandelte! Eine ganze Weile lang schwieg Draco, dann sagte er plötzlich: "Du siehst aus wie Tante Bella."

Im Haus gab es nur ein Bild von Tante Bellatrix, und das war das Hochzeitsfoto von Mutter und Vater. Sie war Trauzeugin gewesen und wirkte neben meiner Mutter ein wenig... düster. Die Augen schwer, das Haar unbändig, die Haut blass und der Blick irgendwie unruhig und panisch, das Lächeln seltsam verrückt. Sie sah meiner Mutter ähnlich, sie hatten ähnliche Gesichtszüge, obwohl Mutter immer sagte, das sie mehr nach ihrem Vater kam und ihre Schwestern mehr nach ihrer Mutter. Das reichte. Ich schnappte mir Dracos Arm und zerrte ihn hinter mir her, fest entschlossen Severus endlich zu fragen, wer zur Hölle meine leiblichen Eltern waren und, viel wichtiger, ob sie noch am Leben waren! Unterwegs wichen einige entsetzte Schüler mir aus, tuschelten ob das wirklich ich war und ich machte mir nicht mal die Mühe zu klopfen, sondern riss Snapes Bürotür auf. Der war anscheinend gerade in ein Gespräch mit Karkaroff vertieft gewesen, und dem Schulleiter entglitten sämtliche Gesichtszüge, als ich so mit Draco durch die Tür gepoltert kam. Snapes Augen weiteten sich und für einen Moment glaubte ich, das er mich nicht erkannte und panisch nach seinem Zauberstab griff.

"Ist meine Mutter, meine leibliche Mutter, Bellatrix Lestrange?"

Eigentlich brauchte ich keine Antwort darauf, die Ähnlichkeit war so bestechend das es offensichtlich war, aber ich musste es einfach hören. Karkaroff verließ ohne ein weiteres Wort das Büro und schloss die Tür, und Draco wandt sich aus meinem Klammergriff. Snape ließ den Zauberstab sinken und atmete erleichtert aus, vermutlich weil ich nicht meine Mutter war...

"Ja, ist sie."

Ich wusste nicht was ich tun sollte, stand einfach nur da und starrte ins Leere, bis ich Dracos Hand auf der Schulter spürte. Er lächelte ein wenig.

"Hey, immerhin bist du meine Cousine, Schwesterchen."

"In der Tat, das ist sie. Es werden Dinge geschehen, Dinge die über euer Verständnis hinaus reichen und denen ihr euch nicht entziehen könnt, seid auf alles gefasst, wenn die Zeit kommt."

"Und wann ist das?" fragte Draco und ich nahm seine Hand.

Snape schwieg, sah uns fast schon wehleidig an und ging dann zum Regal mit den Zaubertränken.

"Bald, aber nicht heute. Dieser Trank bringt deine Haare wieder in Ordnung und dann werdet ihr euch für den Ball fertig machen, es wird langsam Zeit."

"Warum sind sie überhaupt braun geworden?"

"Anscheinend wollte jemand sehr dringend verstecken, das du eine Lestrange bist, und ich nehme stark an das es nicht deine Mutter war, oder Bellatrix..."

Ich bekam einen Trank vorgesetzt und kurz darauf waren meine Haare wieder blond und glatt. Dann musste Snape in die Große Halle und ließ uns auf dem Flur zurück. Draco ging schweigend neben mir her, als wir den Rückweg antraten und sah mich nur schräg an.

"Was ist?"

"Das dunkle Mal bei der Weltmeisterschaft, Vaters Nervosität... Snapes Verhalten? Ella, ich glaube das Er zurückkommt. Bald. Und dann wird Sie ebenfalls zurückkommen."

Unheimliche Vorstellung, abwegig und völlig undenkbar. Der dunkle Lord war tot und meine Mutter saß in Askaban, ebenso wie mein Vater. Ich war sicher, meine Familie war sicher, so lange dieser Schrecken tot blieb. 

"Hoffen wir das es nicht so kommt. Und kein Wort zu irgendjemandem, wenn das die Runde macht sind du und ich geliefert. Du weißt was sie getan hat..."

Natürlich wusste er das und Draco verstand. Das hier eben war nie passiert und würde nie wieder eine Rolle spielen, das schwor ich mir. Ich war Druella Malfoy, und niemand würde je etwas daran ändern können. Rücken gerade, lächeln, Blick nach vorne, eine Malfoy zeigt nicht das sie Tränen hat. Das hatte Großvater immer gesagt, und genau das tat ich jetzt. Ich half wie versprochen mit den Haaren, tat den Vorfall als Scherz von seitens Draco ab und zog gegen sieben mein Kleid an. Meine Haare steckte ich hoch, genau wie Mutter es tat, befestigte alles mit dem Familienschmuck der Blacks und trat Adrian mit einem breiten Lächeln entgegen. Augen zu und durch, nichts anmerken lassen...

Mockingbird and CoyoteWhere stories live. Discover now