Kapitel 1

8.3K 203 15
                                    

Sie musste sich beeilen, wenn sie noch rechtzeitig zum Unterricht kommen wollte.

Ausgerechnet heute, wo sie ihre Klausur über die Epochen der Literatur hätte schreiben müssen, war ihre geliebte Stiefmutter auf die glorreiche Idee gekommen sie die Fenster putzen zu lassen.

Wahrscheinlich hatte sie wieder hohen Besuch eingeladen.
Sie arbeitete nur als Sekretärin aber das hielt sie nicht davon ab, wichtige Geschäftsmänner von ganz oben einzuladen.

In einem eiligen Tempo überquerte sie die Straßen und entschied sich für die Abkürzung durch die Gasse. Kaum hatte sie den düsteren Weg betreten, kamen ihr die verschiedensten abgestandenen Gerüche entgegen.

Genervt seufzte sie, hoffentlich würde der Geruch nicht an ihr haften bleiben. Das wäre schöner Gesprächsstoff für ihre Klassenkameraden.

Als sie endlich aus dieser Gasse herauskam, wollte sie schnell möglichst weiter, als ihr geradewegs die Luft bei einem plötzlichen Aufprall entwich.

Arme wedelnd versuchte sie noch ihr Gleichgewicht zu finden, als sie mit einem Knall auf dem Boden landete und der ganze Inhalt ihrer Tasche sich auf den Gehweg verstreute.

Oh man, das konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen, dachte sie genervt.

Schnell wollte sie nach dem Buch greifen das schon an einer Ecke durchweicht war, als seine Stimme sie inne halten ließ.

,, Hast du keine Augen im Kopf, du Ungeziefer?!" knurrte es über ihr.

Eigentlich hätte sie empört sein müssen, doch stattdessen machte sich eine Gänsehaut bei ihr breit und ließ sie vor Angst erzittern.

Verwirrt sah sie nach oben und starrte geradewegs in ein unnatürliches strahlendes Blau, das so klar schien, dass sie sich selbst in ihnen spiegeln konnte.

Wie war das möglich?

Seine Gesichtszüge, sein Körper, einfach alles an ihm kam ihr unnatürlich attraktiv vor.

Wahrscheinlich ein Modell, dachte sie.

Als sie ihm wieder in die Augen blickte sah er geradewegs zurück. Doch diesmal waren diese düster und mit Hass gefüllt.

Sofort schoss ihr das Blut in die Wangen, hatte er sie beim Starren erwischt?

Genervt zog er eine Augenbraue in die Höhe und ließ seinen Blick über ihren Körper wandern.

Beschämt sah sie zu Boden. Sie war jetzt wirklich keine Schönheit. Zudem musste sie gerade wie ein Straßenpenner aussehen. Mit ihren dicken Augenringen und ihrem ungekämmten Wuschelkopf.

Heute Morgen hatte sie einfach die Zeit aus den Augen verloren und da war ihr nicht wirklich noch Zeit geblieben, um auf ihr Äußeres Wert zu legen. Deswegen sollte sie jetzt auch dringend los. Sie war sowieso schon spät dran.

Tora blickte ihm entschuldigend in die Augen, als ihr der Atem stockte.

Prompt schoss ihr das Blut in den Wangen wieder zurück in den restlichen Körper und ließ sie blass im Gesicht zu ihm hochschauen.

Was war mit seinen Augen geschehen?

Seine strahlenden blauen Augen waren.... sie sahen nicht mehr menschlich aus. Wie bei einem Tier oder eher gesagt Raubtier, waren seine Pupillen schmal verzogen und die Iris hatte sich von blau in ein gelbes braun gefärbt.

Einen Augenblick weiteten sich die Augen des jungen Mannes über ihr. Als hätte er sie plötzlich wieder erkannt. Doch das war unmöglich, denn sie war sich sehr sicher dass sie ihn noch nie in ihren Leben gesehen hatte.

Entführt von einem Werwolf Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt