Kapitel 24

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Zwei Tage später war Mr. Roger nicht der Einzige, der am Seitenrand des Footballfeldes der Huntsville High stand. Zu ihm gesellten sich noch weitere Anzugträger, die aus dem ganzen Land in den kleinen Ort fuhren, um sich ein eigenes Bild der Spieler zu machen.

Owen hielt die Aufregung kaum aus. Jetzt musste er nicht nur versuchen Ambers Blicke von der Tribüne auszublenden, sondern auch die der Scouts, die ihm eine Zukunft an den besten Unis ermöglichen könnten.

Während einer kurzen Trinkpause sah Owen zwischen den Scouts hin und her. Ein paar Gesichter erkannte er. Da waren unter anderem Mr. Roger von der East Tennessee University und der Mann mit der großen Brille von der University of Georgia, den er am Freitag beim Spiel gesehen hatte. Owens Herz machte einen kurzen Sprung, als er ein weiteres bekanntes Gesicht sah. Mr. Conrad.

Mr. Conrad fiel auf. Er war der Einzige, der keinen Anzug, sondern ein Polohemd trug. Auf dem weißen Shirt war ein kleines orangenes T zu erkennen. Das Symbol der University of Tennessee. Owens Traumuni.

Owen nahm ein paar tiefe Atemzüge, bevor er etwas weiter zur Seitenlinie lief um dort die Sprints, die die Mannschaft vom Coach angeordnet bekommen hatte, auszuführen. Sein Plan ging auf. Sein schneller Antritt und seine Ausdauer viel den Männern auf.

„Anderson!", rief eine bekannte Stimme. Mr. Roger winkte Owen zu. „Wie wär's mit einer kleinen Pause, während du dich mit uns unterhältst?", fragte der Mann lächelnd.

Owen zog seinen Helm aus. „Gerne, Mr. Roger."

Die Blicke der Männer waren auf Owen gerichtet. Er wusste nicht, wen er anschauen sollte, wer wichtiger war. Schließlich kannte er auch nicht alle Scouts.

„Du bist Wide Reciever?", fragte ein alter Mann mit grauem Schnauzer ein paar Meter weiter entfernt.

„Ja, sir", antwortete Owen nur knapp. Seine Augen wanderten zu Mr. Conrad. Ihn wollte er überzeugen, dann hätte er alles erreicht, was er wollte.

Der Mann, der am Freitag beim Spiel war, lachte. „Ich glaube wir wissen mittlerweile alle, dass du Wide Reciever bist." Das brachte die anderen Scouts zum Schmunzeln. „Owen, wieso habe ich dich beim Spiel nicht auf dem Rasen gesehen?"

Owens Mund war schon leicht geöffnet. Er wollte dem Scout gerade die Geschichte erzählen, die er auch schon Mr. Roger erzählt hatte, als der Coach ihm ins Wort fiel.

„Kann ich ihnen weiterhelfen?", fragte Coach Nelson mit grimmiger Mimik.

Mr. Roger machte einen Schritt vor. „Guten Tag Herr Nelson, entschuldigen Sie bitte, dass wir uns noch nicht gesprochen haben." Er schüttelte kurz die Hand des Coaches, bevor er sich wieder einen Schritt zurückging. „Natürlich haben wir von ihrem unglaublichen Sieg gegen Whitehill vergangenen Freitag gehört und wollten uns persönlich ein Bild von ihren Spielern machen."

Coach Nelsen verschränkte die Arme vor der Brust, seine Stirn legte er in Falten. „Dann machen sie das", sagte er knapp.

Owen verlagerte nervös sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Die Art, wie Coach Nelson mit den Scouts sprach, verunsicherte ihn. Schließlich wäre jeder andere Coach überglücklich, wenn Colleges sich so sehr für seine Spieler interessieren, dass sie sogar tagelang beim Training aufkreuzen.

Mr. Conrad räusperte sich. Die Luft blieb in Owens Lunge stecken, als er die nächsten Worte abwartete.

„Coach Nelson, ich glaube wir stellen uns alle dieselbe Frage." Er sah kurz zu Owen, um dann wieder den Coach eindringlich anzusehen. „Wieso müssen wir stundenlang zu ihrer Highschool fahren um hier erst Owen Anderson auf dem Rasen zu sehen?", fragte Mr. Conrad. Die anderen Scouts nickten.

Der Coach schnaubte. „Meine Mannschaft zählt zu einer der besten in Tennessee. Ich glaube kaum, dass sie nur wegen Owen hier sind."

„Ich möchte nur wissen, wieso er nicht gespielt hat", bohrte Mr. Conrad nach.

Wenn Owen noch nicht geschwitzt hätte, dann hätte er spätestens jetzt damit angefangen. Er stand wie gelähmt auf dem Rasen und beobachtete, wie sich die Augenbrauen des Coaches immer weiter zusammenzogen. Auch die Blicke der Scouts halfen ihm nicht seine Aufregung in den Griff zu bekommen. Nun mal standen gerade die wichtigsten Leute für eine Footballzukunft vor ihm und er brachte kein Wort raus.

„Also es ist so, dass ich..."

„Sein Spielerpass war noch nicht bereit", fiel Coach Nelson Owen ins Wort. „Er ist neu bei uns und ich konnte seine Spielgenehmigung leider nicht früher anmelden."

Owen sah mit zusammengezogenen Augenbrauen zum Coach. Was redete er da plötzlich? Er hatte noch nichts von einer Spielberechtigung oder ähnlichen gehört. Wollte der Coach ihn wirklich spielen lassen?

„Dann besorgen sie die bitte so schnell wie möglich. Wir möchten ihn am Freitag live auf dem Feld sehen", sagte Mr. Conrad.

Der Coach nickte kurz, sein Mund war eine gerade Linie. „Dann wären wir ja hier fertig", sagte er nur knapp bevor er wieder zu seinen Spielern joggte und in die Trillerpfeife pustete.

Owen lächelte den Scouts noch einmal kurz zu, doch sie waren wieder in ihre eigenen Unterhaltungen oder ihre Handybildschirme vertieft.

Seine Gesichtsmuskeln schmerzten schon durch das Lächeln, das er den kompletten Rest des Trainings trug. Er hatte die Chance zu spielen. Irgendetwas ist geschehen, was den Coach dazu brachte ihn beim Spiel auflaufen zu lassen. Owen war es völlig gleich, was der Grund war. Hauptsache war, dass er wieder auf dem Rasen stehen würde. Mit seiner Mannschaft gegen die Anderen. Und dabei versuchen die Scouts und vor allem Mr. Conrad von der University of Tennessee davon zu überzeugen, dass er ein Stipendium für ihre Footballmannschaft verdient hat.

Hail Mary | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt