Kapitel 42 - Kalt

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Ich höre dumpfe Geräusche aus der Ferne und ein unerträglicher Schmerz breitet sich in meinem Oberkörper aus. Plötzlich spüre ich Druck in meinem Hals und versuche nach Luft zu schnappen. Irgendetwas blockiert es und ich verschlucke mich, bevor ich das Wasser ausspucke. Jemand dreht mich zur Seite und ich komme langsam wieder zu Bewusstsein. Ich huste unkontrolliert und beginne, am ganzen Körper zu zittern. 

Ich schlage meine Augen auf und atme schwer. Mein ganzer Oberkörper zieht sich zusammen und presst noch mehr Wasser aus meinen Lungen. Kraftlos lege ich meinen Kopf für einen Moment auf den Boden, bevor ich mich wieder auf den Rücken drehe. Ich hebe meinen Brustkorb ein wenig an und mir entfährt ein Schrei, weshalb ich instinktiv meinen Arm um meine Seite lege. Ich spüre eine Hand auf meiner Wange, welche meinen Kopf ein wenig anhebt. Ich öffne wieder schwach flatternd meine Augen und sehe in Chishiyas Gesicht. Es ist umrandet von seinen weißblonden, zwei Strähnen und der schwarzen Kapuze. 

Ich möchte etwas sagen, doch meine Lippen zittern zu sehr, weswegen ich keinen Ton heraus bekomme. 

"Yuudai, such nach einer Decke oder etwas in der Art"

Mein Blick geht zu dem anderen Mann, welcher am Boden kniet und eine Träne über sein Gesicht läuft. Er scheint am Ende seiner Nerven, doch er nickt wild und rennt aus dem Raum. Ich versuche aufzustehen, doch die Schmerzen erlauben es mir nicht.   

"Hörst du mich Sayuuri?"

"Kalt", bringe ich zitternd heraus. Er sieht verärgert zu dem Durchgang, in welchem Yuudai verschwunden ist, doch sobald ich unsere Augen treffen versucht er ein Lächeln zustande zu bringen. Ich spüre, wie er meinen tauben Körper ein wenig zu sich zieht und ich lege meinen Kopf in seine Armbeuge. Er legt seine Arme um mich, wahrscheinlich da mein Körper völlig unterkühlt ist, doch die plötzliche Wärme fühlt sich an wie kleine Nadelstiche. Niemand sonst ist mehr im Raum, doch ich entdecke eine leblose Hand, die aus der anderen Wanne hängt. Die andere Gruppe hat nicht einmal versucht diese Frau zu retten. 

"Keine hektischen Bewegungen, ich glaube bei der Herz-Lungen Massage ist eine deiner Rippen gebrochen"

Herz-Lungen-Massage? Bei dem Gedanken daran verschwindet die Taubheit in meinen Wange augenblicklich und ich drehe meinen Kopf ein wenig zur Seite, dass er es nicht sehen kann. Ich ziehe seine Arme an den Ärmeln näher zu mir, da ich unglaublich friere und fast wieder ohnmächtig werde. 

"Danke", bringe ich hervor und entspanne mich ein wenig. Durch das schnellere Heben und Senken seiner Brust brauche ich mich nicht wieder umzudrehen um zu wissen, dass er leise lacht. Die Sicht verschwimmt ein wenig und ich schwanke zwischen Bewusstsein und Ohnmacht. 

Ich bekomme nur wage mit, wie Yuudai wieder den Raum betritt und eine dünne Decke um mich wirft. Das nächste was ich spüre ist, wie die beiden mich auf die Beine bringen und stützen. Ich habe einen kurzen, klaren Moment im Auto der jedoch nicht lange andauert, bevor ich wieder wegtrete. 

"Sayuuri?"

Die weibliche Stimme zerrt mich wieder in die Wirklichkeit und ich öffne müde meine Augen. Ich brauche einen Moment, bevor ich Anns Stimme erkenne. Ich sehe mich um und bemerke, dass ich nicht mehr im Auto bin. Ich schrecke auf, doch ein fürchterlicher Schmerz unter meiner Brust lässt mich aufschreien und wieder in das Kissen sinken.

Ich sehe verwundert zur Seite und stelle fest, dass ich nicht in meinem Zimmer bin. Das Zimmer hier ist viel größer, aber ich kann nicht viel erkennen, da das Licht gedimmt ist. Mir ist zwar immer noch kalt, doch ich kann meine Arme und Beine wieder spüren. Ich sehe auf die unzähligen Decken, welche auf mir liegen und verkrieche mich ein wenig unter dem Berg. Als ich meine Augen öffne, leuchtet die Frau neben mir mit einer kleinen Taschenlampe hinein und ich murre nur etwas wegen den Kopfschmerzen.

"Ihr Gehirn scheint nicht unter dem Sauerstoffmangel gelitten zu haben"

"Meinem Gehirn geht es gut", murmele ich und lächelnd tätschelt sie meinen Arm. Sie hebt ihre Hand vor mein Gesicht und streckt drei Finger hoch.

"Wie viele Finger zeige ich?"

"Zwölf", sage ich sarkastisch. Sie sieht mich mit einem tadelnden Blick an, doch ich höre ein leichtes Lachen. Sie sieht zur Seite in die Richtung, aus der das Lachen kommt und ich folge ihrem Blick zu Chishiya. Er sitzt auf einem Sessel und hat sich so vorgelehnt, sodass er seine Ellenbogen auf seine Knie stützt. Er trägt immer noch den schwarzen Pullover und die Kapuze vom Spiel. 

"Ihren Sarkasmus scheint sie nicht verloren zu haben", sagt Ann und sieht wieder zu mir. 

"Einer meiner schlechten Angewohnheiten" 

"Du solltest dich ausruhen, wir müssen noch zu einer Besprechung. Und wenn du aufstehst oder dich hinsetzt sei bitte vorsichtig, zwei deiner Rippen sind verstaucht"

"Yuudai kann Bericht erstatten, ich bleibe hier", sagt Chishiya so streng und kühl, dass selbst ich leicht zusammenzucke. 

"Du gehörst zur Führungsrege, nicht Yuudai", sagt sie ebenso streng und ihr lächeln verschwindet bevor sie sich wieder etwas entspannt, "Es wird bestimmt nicht lange dauern"

Sein Kiefer scheint sich für einen winzigen Moment anzuspannen als er ihrem Blick begegnet, doch er zieht seine Augenbrauen nach oben und setzt sein typisches Grinsen wieder auf. Er steht auf und sieht Ann wartend an. Sie wirft mir noch ein Lächeln zu, bevor sie hinter ihm herläuft und beide den Raum verlassen. 


Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt