Kapitel 57 - Warum kein Pik-Spiel?

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Ich stehe bei Kuina und Izumi ein wenig Abseits der Leute im Eingangsbereich, während die meisten gespannt zu der Empore schauen. Heute bin ich ausnahmsweise einmal überpünktlich, aber nur weil ich bis eben noch mit Kuina Karten gespielt habe. Nachdem ich den Mittag damit verbracht habe gegen Chishiya immer wieder im Schach zu verlieren, brauchte ich einige Siege um nicht deprimiert zu sein. Aber trotz den vielen Niederlagen hat es Spaß gemacht mit Chishiya zu spielen und er hat mir einige raffinierte Eröffnungen und Züge beigebracht. Ich hatte das Gefühl, dass er die Zeit zusammen genauso genossen hat wie ich, was auch kein Wunder ist wenn er nur am Gewinnen ist.

Der Hutmacher tritt gerade nach vorne und die Leute fangen an zu klatschen und zu jubeln. Wieder einmal wird mir bewusst, dass ich jetzt in einer Welt lebe in welcher die Menschen einen Mann mit langen Haaren und einem bunten Morgenmantel vergöttern.

"Hast du schon ungefähr eine Ahnung wie die Einteilung heute ist?", frage ich Kuina leise, wobei unser Blick immer noch nach vorne zum Hutmacher gerichtet ist.

"Ich weiß nur, dass ich zusammen mit Chishiya eingeteilt bin und Izumi ist bei Aguni in der Gruppe"

Hoffentlich komme ich dann mit Ann zusammen oder wenigstens mit Yuudai, alles besser als noch einmal mit der Nummer zwei zu spielen. Sobald der Hutmacher die Ansprache mit einem seiner üblichen Schlusssätzen beendet hat stürmen die ersten schon durch die große Eingangstür des Hotels zu den Autos. Izumi setzt sich auch in Bewegung und ich winke ihr zum Abschied hinterher. Ich warte noch einige Augenblicke und spiele mit meinem schwarzen Gummiball, bevor ich mich in Ruhe nach draußen begebe. Ich überprüfe die Zahl auf meinem Zettel und laufe zu dem mir zugewiesenen Auto, welches ziemlich weit vorne geparkt ist.

"Unser letztes Spiel ist schon länger her, was?"

Ich verdrehe die Augen und obwohl ich mich nicht umzudrehen brauche, um zu wissen zu wem die Stimme gehört, tue ich es dennoch. Niragi steht vor mir, wie immer sein Gewehr geschultert und mit einem dreckigen Grinsen. Er trägt eine schwarze Lederhose und ein schwarzes, leicht aufgeknöpftes Hemd mit goldenen Akzenten.

"Hoffentlich schaffen wir es dieses Mal ohne Überdosis zurück ins Hotel", sage ich nur und setze mich auf den Beifahrersitz. Im Rückspiegel erkenne ich zwei weitere, die es sich hinten bequem machen. Die Frau auf der linken Seite erkenne ich vom Militärtrupp wieder, der Mann auf der rechten Seite ist mir unbekannt. Niragi startet sofort den Motor was bedeutet, dass wir vollzählig sind und niemand mehr nachkommt.

Wir fahren eine Weile in die Nähe eines Industriegebietes und schon von weitem kann man die weiße Reklametafel leuchten sehen. Niragi parkt den Wagen seitlich des Gebäudes und deutet mir, mit ihm vorzugehen. Die anderen beiden bleiben noch beim Wagen während wir den Lichtpfeilen folgen. Am Eingang stehen zwei Männer und schauen von ihren Handys auf, als sie uns kommen hören. Ihre Aufmerksamkeit wird in der selben Sekunde auf Niragis Gewehr gelenkt und sie mustern ihn misstrauisch. 

Wir nehmen uns jeweils ein Handy und lassen die Gesichtserkennung laufen. Bis das Spiel beginnt verbleiben uns noch sieben Minuten, normalerweise bin ich nicht so früh am Spielort. Gelangweilt spiele ich mit meinem schwarzen Ball und während die Zeit abläuft, kommen die restlichen Beach-Mitglieder und zwei Fremde nach. Ich mustere alle unauffällig, doch meiner Beurteilung nach scheint keiner für eine Überraschung gut zu sein. 

Die Wartezeit ist abgeschlossen, das Spiel beginnt. Teilnehmeranzahl: 8. Schwierigkeitsgrad:  Karo 3. Spiel: Gegenmittel. Spielregeln: Jeder von euch muss sich ein Serum injizieren. Wer innerhalb der nächsten dreißig Minuten nicht das Gegenmittel finden, hat verloren und stirb. Das Spiel beginnt, sobald jeder sich das Serum gespritzt hat. Viel Glück. 

Die Tür öffnet sich automatisch und ohne zu zögern betreten wir alle eine große Halle. Vor uns auf einem metallenen Tisch liegen um die zwölf Spitzen. Viele sehen sie sich nur kritisch an, doch ich quetsche mich einfach an ihnen vorbei und nehme mir eine Spitze mit einer durchsichtigen Flüssigkeit. Unwohl ist mir immer noch ein wenig, doch die Farbe ist mir lieber als grün oder schwarz. Niragi stellt sich zu mir und ich sehe bedeutend auf seinen Gürtel. Er unterlässt eine schräge Bemerkung und zieht den Gürtel aus.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt