48 | geheimnisse der dunkelsten kunst.

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„Hat Corbs den blutigen Baron nackt gesehen, oder was macht ihm so 'ne Laune?"

Die Nussschalen auf Naomes Teller knackten. Ihr Blick verlor sich über den Haustisch, fünfzig Meter gen Stirnwand die Halle hinab.

Es war ein ruhiger Morgen, an dem die Sonne über die Ländereien nicht aufgehen und das Schloss aus der Müdigkeit nicht erwachen wollte. So, und mit einem unangenehmen Stechen an den Schläfen, begann das letzte Schulhalbjahr. Und Logan fühlte sich so aufgequollen wie ihr Müsli aussah.

Auch Anne schielte zu dem Jungen im königsblauen Kaputzenpulli, der auf sein Marmeladenbrot starrte als hätte es ihm die Kapitänsposition aberkannt.

Sie rümpfte die Nase. „Lief das Training gestern nicht gut?"

Logan rang den kratzigen Rest ihres Müslis hinunter. „Doch."

„Oh nein." Naome sog die Luft zwischen ihren Zähnen ein. „Habt ihr euch gestritten?"

„Nein, es ist alles okay."

Logans Blick glitt zu Corben hinüber. Flüchtig nur und viel zu kurz als dass er es hätte bemerken können. Lang genug allerdings, um die Blässe auf seiner Haut zu sehen.

„Wir haben nur -" Sie ließ den Löffel in die Schale fallen. „Ich weiß nicht."

Annes Teebeutel platschte gegen den Rand ihrer Tasse. „Sag nicht, er ist ein Idiot gewesen."

„Nein, nein."

Logan zwang sich, nicht auf Naomes prüfende Mine zu schielen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die beiden Hufflepuffs gegenüber am Nachbartisch, die sich verdächtig bunte Bonbon-Päckchen zuwarfen.

„Der Idiot bin ich."

„Wow." Anne musterte, wie Corben sich von seinem Platz erhob, den Blick überall hin, bloß nicht in ihre Richtung fixiert. „Wenn du Corbs vergraulst, bist du wirklich ein Idiot."

Und sie wünschte sich, sie hätte etwas darauf erwidern können. Sich rechtfertigen oder die Situation relativieren. Doch als er an ihnen vorbei schritt, der Junge mit dem zerzausten Haar und dem stürmischen Grau, da konnte sie es sehen. Die Enttäuschung, den Unglaube und ganz vielleicht auch den Schmerz. Als wäre der Regen aus der vergangenen Nacht zwar nicht mehr um sie, sondern stattdessen zwischen ihnen zurückgeblieben.

„Logan?"

Für einen Moment glaubte sie, Naome wolle sich zu ihrem Gewissen machen, doch als sie hochsah, starrte sie in ein anderes Gesicht: „Hey Cho, schöne Ferien gehabt?"

Die Sucherin ihres Quidditchteams warf sich eine ihrer endlos langen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

„Ja, danke." Erst mit dem Knistern des Papiers bemerkte Logan, dass etwas unmittelbar vor ihrer Nase schwebte. Cho reckte es vor als wolle sie sich davon distanzieren. „Ich hab was für dich."

Der Umschlag, den sie entgegennahm, war dünn und so makellos, dass er keinen weiten Weg zurückgelegt haben konnte. Doch die Handschrift, die das beige Pergament zierte, war keine, die sie kannte.

Logan wusste, dass Naomes Nüsseknacken erstorben war, ohne sich herumzudrehen. Ihre Augen bohrten sich in ihren Hinterkopf, prüfend wandte Logan den Brief in ihrer Hand.

„Von wem kommt der?"

Chos Blick huschte den Lehrertischempor. „Professor Snape hat es mir gegeben."

Und beinahe so als wolle sie nicht, dass irgendeine weitere, belastende Bedeutung in ihren Worten mitschwang, entschuldigte sie sich den Tisch entlang.

THE OUTCOME » fred weasley ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt