49 | ist er nicht.

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Als Logan das Büro ihres Schulleiters verließ, schimmerte die fortgeschrittene Dämmerung hinter den milchigen Glasscheiben des fünften Stockwerks. Die Sohlen ihrer Schuhe hinterließen ein verräterisches Klacken auf dem Stein und sie fühlte sich schwummrig; als hätte man ihr den Hals aus einer viel zu engen Schlinge gezogen, dabei aber auch jegliches Quäntchen Realität von ihr gestreift.

Die Gänge Hogwarts' waren leer und die schemenhafte Idee, wer Robert Pierce eigentlich war, verfolgte sie genau so wie Dumbledores eindringliche Worte, sein Nein; Nein, nein, nein. Ich habe die Ehre, Mr. Pierce viele Jahre zu kennen. Er hat nie Charakteristika offenbart, die mich zweifeln ließen.

Und spätestens nun brannte Corbens Blick, den er ihr beim Frühstück zugeworfen hatte, wie ein Schuldfeuer unter Logans Haut.

An diesem Abend herrschte in dem Gemeinschaftsraum der Ravenclawsreges Treiben. Dumpfes Feuerholz knisterte im Kamin, blaue Schattenspiele tanzten an den Wänden und Drittklässler schnippten Papierflieger durch die Luft.

Und Corben stand am Fußende der Schlafsaaltreppe und wandte sich grade von Paul Bochholt ab; mit Klemmbrettern unter dem Arm und Haaren so zerzaust, sie erzählten von den Taktikplänen, die er eben noch durchgegangen war. 

„Corben."

Sie sprach seinen Namen, noch bevor er nah genug war, um sie zu verstehen. Bevor er sie überhaupt gesehen hatte - er blickte auf.

Und für einen Moment fürchtete Logan, sein Ausdruck vom Morgen könnte sich nicht verändert haben, doch die Kälte in seinem Grau fehlte. Und Logan blieb Platz zum Atmen -

„Hey, Corben."

Beinah wäre er an ihr vorbei gelaufen. Doch noch bevor er ihre Schulter streifte, hielt er an. Starrte an ihr vorbei auf die Gemeinschaftsraumtür. 

„Lass uns reden. Bitte", hauchte sie.

Die Sehnen an seinem Hals spannten. Und seine Fingerknöchel waren sandsteinweiß. 

„Ich muss in die Bibliothek", war alles, was er sagte. 

Und zum ersten Mal ließ Corben McLaggen Schwere in Logan zurück. Das, und ein größerwerdendes Druckgefühl in ihrem Hals, das vielleicht auch nur die Gewissheit war, dass sie etwas in ihm gebrochen hatte.

Anne und Naome erzählte sie an diesem Abend beim heimtückischen Licht des Kaminfeuers eine Lüge über Snapes Standpaucke und ihren plötzlich wieder aufgetauchten Aufsatz, die sie bis zum nächsten Morgengrauen wieder vergessen haben würde.

Und während Anne über ausbleibende Valentinstagseinladungen herzog, scannten Logans Augen ununterbrochen den Gemeinschaftsraum. Doch Corbens Silhouette tauchte mit keiner verstreichenden Minute wieder auf. Und spätestens nun, als sie die losen Fäden des Sesselpolsters knetete, wusste sie, dass sie sich dringend bei ihm entschuldigen musste.

Er war ein Ravenclaw, kein Slytherin?

Die Intentionen eines Menschen lassen sich nicht an seinem Haus herleiten, Logan.

Der folgenden Morgende verging mit einer ähnlichen Realitätsferne wie die Zeit zwischen den Weihnachtsfeiertagen. Beim Frühstück saß Corben ihnen nicht gegenüber, sondern diskutierte mit Paul, Cho und Tina, oder brütete über seinen Spielzugtabellen. Mittags war er der erste, der zur nächsten Unterrichtsstunde verschwand, Abends tauchte er meist gar nicht auf und Logan war sich sicher, dass es irgendwo einen Knopf geben musste, der all diese schrecklich schieflaufenden Tage revidierte. Nur, dass sie ihn partout nicht fand.

Dabei konnte man, wenn man von all dem nichts wusste, vielleicht auch keine Anomalität in diesen Tagen finden. Vielleicht war Corben einfach Corben, der der Panik vor ihrem kommenden Spiel verfiel. Aber trotzdem warf er Logan diese bedeutungsschwere Blicke zu, die weder straften noch verurteilten, sondern über allem nur eines zeigten: Du hast mir weh getan

THE OUTCOME » fred weasley ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt