Kapitel 107 - Wohliges Gefühl

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Ich merke wie ich langsam wach werde und aus einem schönen Traum aufwache. Die friedliche Landschaft verdunkelt sich immer mehr und in den Vordergrund rückt ein rabenschwarzes Bild. Ich lasse meine Augen noch geschlossen, wenigstens für eine Weile. Ich finde mich gerade nach so langer Zeit mit der Realität zurecht, was das Borderland ist und was es bedeutet hier zu sein. Aber der Kontrast zu meinem Traum und dem was mich erwartet, wenn ich aufwache ist selbst mir zu viel. Ich drehe mich in Richtung der Fensterwand und sehe zu, wie sich einzelne Stellen des dunklen Nichts erhellen und die Sonnenstrahlen durch meine Augenlieder sickern. 

Als ich meine Augen schließlich öffne, fällt mir sofort meine schwarze Trainingstasche auf welche mitten im Raum steht. Niragi muss hier gewesen sein. Da ich seit mehreren Tagen zum ersten Mal in meinem eigenen Bett geschlafen habe, hat er wahrscheinlich angenommen dass ich es nicht mehr für notwendig halte bei ihm zu schlafen. Mein Zeitgefühl ist durcheinander, ich weiß nicht einmal ob die Sonne langsam unter- oder aufgeht. Ich quäle mich aus der weichen und gemütlichen Bettdecke, was mir ziemlich schwer fällt. 

Ich schwinge meine Beine über die Bettkante und stütze meine Ellenbogen auf die Knie. Ich streiche mir die in meinem Gesicht klebenden Haarsträhnen nach hinten und bemerke ein kaum unmerkbares Zittern an meinen Händen. Ich war glücklicherweise so erschöpft, dass ich nicht durch die Nebenwirkungen aus meinem dringend überfälligen Schlaf herausgerissen wurde. 

Ich verweile noch eine Sekunde so, dann richte ich mich auf und laufe zum Badezimmer. Ich streife meine Kleidung ab, lasse sie unachtsam auf dem Boden liegen und springe unter die Dusche. 

Das kalte Wasser lässt mich einigermaßen wach werden und mein Kopf wird klarer. Als ich das Wasser abstelle, wickele ich mir ein Handtuch um den Körper und laufe wieder in das Hauptzimmer, um mir meine normale Beachkleidung anzuziehen. Doch sobald ich aus der Badezimmertür trete schlingen sich zwei Arme um mich und ich spüre nur ein bekanntes Kitzeln an meiner Nase.

"Kuina, kann ich mir erst etwas anziehen bevor du mich zu Tode drückst?"

"Halt  die Klappe", murmelt sie streng und verstärkt den Druck um meinen Hals, "Du bist mehrere Tage verschwunden und ich hatte Angst dir ist etwas passiert"

"Mir geht es gut Kuina, außer dass ich hier fast nackt dastehe", lache ich, freue mich aber irgendwie um ihre Besorgnis. Doch dann kommt mir wieder in den Sinn, dass sie vermutlich von Chishiyas Strategie, Tayuya zu küssen, wusste und es mir verheimlicht hat. Mein Körper spannt sich bei dem Gedanken kurz an, aber wenn ich Chishiya vergeben habe sollte ich es bei ihr gleichtun.  

"Du warst nirgends auf den Überwachungsbändern zu sehen. Ich habe dich auch ohne Chishiya gesucht, ich wollte nur mit dir reden und...."

"Kuina", unterbreche ich sie und löse mich aus der Umarmung, "Alles gut, für mich hat sich nichts zwischen uns geändert." Sie hat einen Ausdruck der Erleichterung in ihrem Gesicht, doch sie versucht es zu verbergen. Ich lächele dabei und sehe bedeutend an mir herunter. "Kann ich mich jetzt anziehen?"

"Ja, aber Satoru erwartet uns danach an der Poolanlage. Heute sollen einige Leute eine Comedieshow aufführen und er hat sich schon ein Trinkspiel ausgedacht"

Ich verschwinde mit meinem weißen, griechisch angehauchten Kleid im Badezimmer und ziehe mich um, während ich mich weiter mit ihr unterhalte. 

"Bin dabei"

"Chishiya meinte du warst bei Niragi. Hat er dir wirklich nichts getan?"

"Nein, er wollte mich einmal küssen. Aber nachdem ich ihm die Nase zerquetscht habe, hat er Ruhe gegeben und sich eher um mich gekümmert", sage ich ehrlich. Ich verstehe warum alle denken Niragi hätte mir etwas getan, vielleicht war meine Entscheidung bei ihm zu wohnen auch impulsiv und emotional, aber er hat sich zusammengenommen. Er hat mir sogar Eis gebracht, weswegen ich ihn wahrscheinlich vor allen verteidige. 

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt