17.Kapitel

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Cara füllte gerade Sprite in ihr Glas, während sie sich mit Malena unterhielt. Ich saß auf dem Schreibtischstuhl von Malena und hörte den beiden schon ewig zu. Warum war ich überhaupt hierher gekommen, wenn ich sowieso nur nutzlos herum saß? Es kam überhaupt keine Freude auf wie beim Treffen mit Markus - nur das Gefühl, zu stören.. Ich hätte einfach zu Hause bleiben sollen, auch wenn es von Malena und Cara natürlich nett gewesen war, mich an Silvester zu Malena einzuladen.. Ich fuhr mit der Hand durch mein Haar und zog eines heraus.

»Wie viel Uhr ist es jetzt eigentlich schon?«, fragte Cara und schaute dabei Malena an. Wen auch sonst? Ich seufzte leise und legte die Aufmerksamkeit wieder auf mein Handy. Normalerweise mochte ich so etwas gar nicht, während einem Treffen am Handy zu sein. Doch auch Malena war immer mal für ein paar Augenblicke in ihr Handy vertieft, Cara genauso, also brauchte ich deswegen auch kein schlechtes Gewissen zu haben.

»Viertel nach elf. Noch eine halbe Stunde, dann können wir schon mal langsam rausgehen«, meinte Malena und Cara nickte begeistert. Warum hatte Malena überhaupt gefragt, zu kommen? Cara war doch tausendmal besser und vor allem gesprächiger als ich. Es war sowieso ein Wunder, dass sich Malena überhaupt noch mit mir abgab, da sie Cara nun auch als Freundin hatte - sie war eine perfekte Freundin, nicht so wie ich. Warum gab sie sich dann immer noch mit mir, dem Problemkind, ab? Aus Mitleid? Oder weil ich nebenan wohnte? Früher oder später kam es bestimmt trotzdem dazu, dass Malena von mir genug haben und endgültig von mir genervt sein würde. Wahrscheinlich war sie das sogar jetzt schon. Wer mochte mich denn auch und konnte das für längere Zeit bestehen lassen? Eigentlich niemand, höchstens meine Eltern. Wobei selbst sie mir oft das Gefühl gaben, unwichtig zu sein. Ungewollt. Warum hatte ich mir eigentlich überhaupt eingebildet, dass ich mit Malena befreundet sein konnte? Ich hätte es gar nicht so weit kommen lassen dürfen, wie es jetzt war. Dann müsste Malena sich nicht dazu verpflichtet fühlen, auch mit mir Zeit zu verbringen und ich würde sie nicht nerven, denn das tat ich bestimmt. Als ich realisierte, dass ich niemals gut genug für Malena sein würde, spürte ich eine Träne in mir aufkommen. Ich versuchte krampfhaft, sie zurückzuhalten, was mir zum Glück auch einigermaßen gut gelang. Ich sollte jetzt wirklich nicht zum tausendsten Mal darüber nachdenken - erst recht nicht in Anwesenheit von Menschen! So verzog ich meine Lippen zu einem leichten, aber nicht übertriebenen Lächeln. Es sollte schließlich niemand auf die Idee kommen, mir würde schlecht gehen. Ich wollte ihnen den Abend nicht kaputt machen oder das Gefühl geben, sich um mich kümmern zu müssen. Das sollten sie auch wirklich nicht, konnten sie gar nicht. Dass ich jetzt hier sein durfte war schon mehr als genug. Eigentlich hatte ich selbst das nicht verdient.

Ich versuchte meine Aufmerksamkeit nun wieder auf Malena und Cara zu lenken.

»Soll ich jetzt eigentlich die Chips auffüllen? Die sind bestimmt schon seit über einer halben Stunde leer«, stellte Malena fragend fest.

»Ja klar, mach mal. Ich und Katharina bleiben solange oben. Holst du dann auch nochmal neue Getränkeflaschen? Es gibt nur noch Wasser hier oben, soweit ich weiß«, antwortete Cara und Malena nickte.

»Bin gleich da, stellt nichts an, was ihr in meiner Anwesenheit hier nicht auch tun würdet. Ich beeile mich«, wies uns Malena an, nahm sich die leere Schüssel, in der sich vorhin noch leckere Chips befanden und ging aus ihrem Zimmer.
Und jetzt? Unsicher und überfordert starrte ich auf den Boden. Cara anzuschauen schaffte ich nicht, aus welchem dummen Grund auch immer. Blickkontakt zu halten fiel mir schon immer schwer, aber dank der Therapie hatte sich das mittlerweile wenigstens ein kleines bisschen verbessert. Trotzdem gehörte es noch nicht zu den Beschäftigungen, die ich liebte.

»Malena hat mir vor ein Tagen mal erzählt, dass du im Januar eine Ballettprüfung hast«, fing Cara nach einer kurzen Zeit der Stille an und sah neugierig zu mir. Unsicher erwiderte ich den Blick und nickte.

Mehr als nur extrem schüchtern | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt