Geräusche der Wildnis

1.2K 69 1
                                    

Ich stand unter dem kalten Lichtpegel einer Straßenlaterne in der kalten Nacht. Mein Atem gefror gefühlt in meinem Gesicht. Aber ich konnte nicht anderes. Er zog mich hierher. 

Ich starrte auf die gegenüberliegende dunkle Straßenseite, in der sich in der finsteren Nacht, eine monumentale Villa hinter einer hohen schwarzen Mauer majestätisch erhob. Ein übergroßes dunkelbraunes Tor verhinderte, dass ich Einsicht auf das Grundstück bekam. Aber ich hatte ein Licht hinter einem bodentiefen Fenster entdeckt. 

Ich rieb meine bereits erkalteten Hände aneinander und überließ mich meinen Träumen und Fragen. Warum war ich so besessen? Was zog mich seit Tagen unter diese Laterne? Immer wieder landete ich vor dieser hohen Mauer und starrte auf dieses wunschverheissendes Gebäude. 

Vor einer Woche hatte ich nach einigen Recherchen endlich herausgefunden, dass er hier wohnte. In dieser herrschaftlichen Villa am Fuß der Hollywood Hills, die sich mit dem grellweiß beleuchteten Schriftzug und dem dunklen Buschwerk hoch dahinter erhoben. 

Soweit ich herausgefunden hatte lag das Grundstück direkt am Berghang und war nach hinten offen zu den Bergen ausgerichtet. Zur Straße und den Nachbarvillen umgab es eine hohe Mauer, die keinen Einblick gewährte.

Gerne hätte ich mir das Grundstück mal näher angesehen, aber dies würde auf jeden Fall als Stalking ausgelegt werden und auch das, was ich hier in der Kälte bereits machte, war grenzwertig und ich war seit kurzem Mitarbeiter der Firma von Chris und in das Trainingsprogramm zum Sekretär aufgenommen worden. Es war mit meiner Vorbildung einfach gewesen, angestellt zu werden. Ich konnte einige Bewerber ausstechen. Nur meine Mutter verstand mich gar nicht mehr.

Ich wollte nicht alles verlieren, also stand ich nur für ein paar Minuten wie ein verirrter Spaziergänger und konnte nur eine paar Blicke auf die Villa werfen, zumal in dieser Gegend es verpönt war am Abend Spaziergänge zu unternehmen und die Polizei zur Sicherheit neben einer eines privaten bewaffneten Sicherheitsdienstes ihre Runden fuhr und ich bei meinem Aufstieg auf den Hügel immer wieder in die dunklen Rabatten am Rand der Straße treten musste um nicht unangenehmen Fragen ausgesetzt zu sein. Es war schon nervig. Aber nicht zu ändern, wenn ich ihm Nahe sein wollte. - Chris di Catalo. - 

Ich war nun ein kleiner unscheinbarer und unwichtiger Arbeitnehmer der CC-Coperation.
Ich seufzte innerlich. Leider hatte mir das bisher nichts gebracht. Ich bekam ihn nie zu sehen. Soweit ich wusste nutze er einen eigenen Eingang und regelmäßig die Tiefgarage und dazu hatte ich gemäß meiner Schlüsselkarte keinen Zugang. 

Seit Wochen durchforstete ich so wenigstens das  Internet, um ihn näher zu kommen. Ich wollte alles über ihn wissen. War er es wirklich? Cris di Catalo war ein Lebemann, dass stand in jeder Klatschspalte. Aber nirgendwo gab es Informationen über seine sexuellen Vorlieben. Logischerweise wurde er auf Grund seines Status oft auf gesellschaftliche Aktivitäten eingeladen. Doch so wie es aussah  erschien er aber wohl nicht oft. Auf manchen Bildern wurde er von einer bekannten Schauspielerin begleitet. Aber Näheres war nicht bekannt. Er war wohl fleißig und höflich im Job. Aber in der Geschäftswelt gefürchtet. Er konnte jähzornig werden und war gegenüber seinen Mitarbeitern als kalte Persönlichkeit bekannt.

Ich vergrößerte das Bild auf meinem Handy und lächelte. Er gefiel mir. Er sah gut aus. Er war ein dunkler südländischer Typ. Sein Haar war dicht und gelockt. Er kämmte es mit Gel zurück. Er hatte eine aristokratische Nase und hervorstehende Wangenknochen mit dunkler Haut. Ich konnte ihn mir gut vorstellen. Er würde zu mir passen. lächelte ich vor mich hin und starrte auf Haus.

Ich fröstelte. Es war nie wirklich kalt in Los Angeles. Aber wenn sich die Nacht über die weitläufige Stadt senkte merkte man, dass man zwischen dem kalten Pazifik und einer Wüste eingeklemmt lag. Es wurde nach Sonnenuntergang merklich kühler und ich hatte mal wieder meine Jacke nicht dabei, da ich direkt vom Büro losgelaufen war um hierher zu kommen. Wie eine Biene, die gerne in den Bienenstock zurück will. Leider hatte ich keinen Zugang zum Honig und musste es mir erst noch erarbeiten. 

Ich schaute zum beleuchteten Fenster hinauf und stellte mir Chris mit einem guten Buch und einem Glas Wein nach getaner Arbeit an einem gemütlichen Kamin vor. Gerne würde ich ihm gegenüber sitzen und seine markanten Gesichtszüge im Feuer leuchten sehen oder mich zu seinen Füßen setzen, während er gedankenverloren liebevoll durch meine Haare streicht. 

Ich seufzte und schüttelte diese wirren Gedanken ab. Jetzt wurde mir wirklich kalt. Ich konnte es mir nicht leisten auf der Arbeit zu fehlen oder krank zu werden. Ich drehte mich um und verließ den beleuchteten Weg, um entlang des Buschwerks die Straße den Hügel herunter zu gehen.

Es raschelte im Laub leise neben mir.

Erst dachte ich der Wind ging durch die Büsche. Aber es war irgendwie unheimlich. Das Geräusch blieb gleich und folgte ein paar Schritte hinter mir.

Mir kräuselten sich die Nackenhaare.

Es hörte sich an, als würde mir leise jemand folgen. Ich blieb stehen und lauschte kurz in die finstere alles verschluckende Nacht.

Ich wusste es gab, obwohl man es nicht glauben konnte, ein paar wilde Hunde in diesen Hügeln, die ihren Besitzern entlaufen waren und andere verwilderte Tiere wie Katzen oder andere kleinere Haustiere. Es ging sogar das Gerücht um, dass sich hier Wölfe angesiedelt hätten.

Aber so etwas erschien mir hier in der Nähe dieser lauten und verkehrsreichen Stadt wirklich wie ein ausgedachtes Possenmärchen, um die Aufmerksamkeit der Zeitungsleser auf sich zu ziehen. Dies war LA und nicht die Appalachen, wo man auch mal einen Bären und anderer Wildtiere zu sehen bekam.

Dies war eine Großstadt und keine Wildnis, sagte ich beruhigend zu mir. Jegliche Geräusche könnten also höchstens von Menschen oder von einem verwahrlosten Haustier kommen.

Ich horchte – Nichts – Ich musste mich getäuscht haben! Es war nichts zu hören. Aufatmend ging ich die dunkle Straße entlang.

Wieder war da dies unheimliche Geräusch.

Was war das? dachte ich, und blieb erneut stehen. Es war unheimlich und unangenehm und verursachte mir eine Gänsehaut.

Warum war gerade hier keine Beleuchtung, wie in den anderen Straßen? Meine Nackenhaare stellten sich warnend auf.

Ich beschleunigte meine Schritte und stampfte eilig weiter in Richtung der Beleuchtung, die vor mir am nächsten Haus auftauchte.

Das Rascheln war erneut zu hören!

Ich lief noch schneller in der Hoffnung den rettenden Lichtkegel zu erreichen und hoffte, dass ich mich täuschte.

Das konnte nicht sein! Aber ich hörte etwas? Es war jetzt gleichauf mit mir! Ich hörte ein leises Hecheln und kehliges Atmen.

Es war eindeutig ein Tier!

Ich hoffte, kein verwilderter hungriger Hund. Das könnte gefährlich sein und lief verängstigt schneller.

Vor mir hörte ich mit einem mal Menschenstimmen in der dunklen Nacht der Straße und eine Tür klappen.

Ich erreichte den Lichtpegel der Straßenlaterne vor dem Haus.

Die sichere Beleuchtung eines Autos flammte vor mir auf. 

Meine Anspannung legte sich und ich atmete auf.

Ich blickte schwer atmend zurück, da sah ich sie – es konnte nicht sein! Aber ich bildete mir ein, dass ich rot leuchtende Augen sah, die mir aus dem Dickicht entgegen glühten.

Ich lächelte.

Das konnte einfach nicht sein! Das musste Einbildung sein!

Wahrscheinlich waren es die Lampen irgendeiner Überwachungskamera. Tiere konnte es hier zwar schon geben, aber rote leuchtende Augen, wie aus einem Horrorfilm, gab es in der Tierwelt meines Wissens nach nicht.

Ich fuhr mir über mein Gesicht. Es war Zeit Schlafen zu gehen und ich hatte Hunger. Ich wischte mir über die Augen. Ich sollte meine Ausflüge auf die Dämmerung begrenzen. Da war es unwahrscheinlicher irgendwelchen wilden Tieren zu begegnen, geschweige irgendwelchen Einbrechern oder Verbrechern. Die Gegend war am Abend wirklich einsam und ich sollte mir schnellstmöglich ein Auto organisieren. 

Los Angeles ohne Auto war wirklich schwierig. Es gab so gut wie keine öffentlichen Verkehrsmittel, und wenn diese fuhren, waren es immer die falschen Uhrzeiten. Es gab auch nicht wirklich vernünftige Gehwege, andauernd musste man irgendwelche Hauptverkehrsstraßen umgehen, auch jetzt lief ich auf der asphaltierten Straße in der Hoffnung in der Dunkelheit nicht umgefahren zu werden.

Der eisige Hauch des Alphawolfs (BoyxBoy)Where stories live. Discover now