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Die weiteren Unterrichtsstunden zogen rasch an mir vorüber, so wie der ganze Montag im allgemeinen. Kaum hatte ich mich versehen, war es draußen Stockduster geworden und die Uhrzeit bestätigte mir, dass nun Bettzeit angesagt war. 
So fiel ich wie jeden normalen Schultag geschafft ins Bett und schlief schnell ein. 

Das Klingeln meines gestörten Weckers kündigte mir am nächsten Morgen den bevorstehenden Dienstag an und ließ mich genervt aus dem Schlaf hoch fahren.
Geistesabwesend drückte ich den Ausschalteknopf meines Weckers und sank zufrieden zurück in die kuscheligen Kissen - die sich in diesem Augenblick wie traumhaft weiche Schäfchenwolken anfühlten - und hätte auf der Stelle wieder einnicken können. 

Eigentlich hätte ich jetzt aufstehen, mich für die Schule frischmachen und dann zur Schule gehen müssen, doch wie immer fand ich einfach nicht dir ausreichende Motivation für diese Arbeitsschritte. Meist quälte ich mich immer kurz vor knapp aus dem Bett, um mich fertig zu machen, und hatte es bis jetzt immer geschafft - ja, ich war sogar noch nie in meinem Leben zu spät zum Unterricht gekommen. 

Die ersten paar Minuten verstrichen, in denen ich nur still auf meiner Matratze verweilte und die Dunkelheit meines Zimmers mir Blicken zertrennte, doch dann öffnete sich meine Zimmertür und das Licht aus dem Flur flutete ein wenig mein dunkles Zimmerchen.

Keine zwei Sekunden später - man hätte mitzählen können - machte es klick und die Lampe an meiner Zimmerdecke erhellt grell, sodass ich mir kurz die Hand vor Augen halten musste um mich an die hohe Helligkeitsstufe zu gewöhnen.
»Aufstehen, Fiona«, lächelte meine große Schwester und war daraufhin auch schon wieder verschwunden. 
Als Antwort bekam sie von mir nur ein nicht überzeugtes grummeln, doch das konnte sie gar nicht mehr hören. 

Natürlich war ich meiner Schwester dafür dankbar, dass sie mich Buchstäblich aus den Federn scheuchte, denn wenn ich das Licht wieder ausmachen wollen würde, hätte ich dafür aufstehen müssen - und das war ja mein größtes Problem früh, ich kam einfach nicht hoch. 
Auf der anderen Seite musste man aber auch verstehen, dass ich es hasste am Morgen halb sieben aufzustehen und somit auch verabscheute, wenn jemand mein Licht anschaltete. 
Aber es konnte ja niemand was dafür, dass die erste Stunde schon halb acht begann. 

Ich bekam es nicht hin mich zu motivieren, also stand ich unmotiviert auf, tapste mit nackten Füßen zu meinem Kleiderschrank hinüber und holte mir einen meiner gemütlichen Pullover heraus. Meine Jeans gammelte währenddessen immer noch da herum wo ich sie gestern achtlos hin geschmissen hatte: Auf meinen Schreibtischstuhl. 

Dann streifte ich mir mein Schlafzeug vom Körper und zog mich für die Schule gerecht an. Ein flüchtiger Blick auf die Zeiger meines Weckers signalisierte mir, dass ich noch etwa zwanzig Minuten übrig hatte, bis Antonia mich an der Litfaßsäule erwarten würde. 
Zwanzig Minuten klang viel, doch ich wusste genau, dass die Zeit sehr rasant vorüber war und ich jetzt keine Zeit mehr vertrödeln sollte. 

In einem affenzahn sprintete ich mit meinem Ranzen im Gepäck aus meinem Zimmer heraus und sauste durch den langen Flur. Kurz vor der Wohnungstür angekommen bremste ich abrupt ab, schmiss meinen Ranzen auf den Boden und rief meiner Schwester ein »Tschaui« hinterher, die gerade dabei war, die Wohnungstür hinter sich zu zuziehen. 

Ihre Schule begann zwar um die gleiche Uhrzeit wie meine mit dem Unterricht, jedoch hatte sie einen weiteren Weg - da wir beide nicht auf die selbe Schule gingen, auch wenn das bei Geschwistern eigentlich so üblich ist -, und ich glaube, sie wollte immer überpünktlich da sein.
Um meine Schwester machte ich mir nicht weiter Gedanken und  begab mich in die Küche, wo meine Mutter am Herd stand und das Mittag für meine Schwester und mich kochte, was sie wahrscheinlich gestern Abend vergessen hatte. 

»Ist Franzi schon gegangen?«, fragte sie mich und sah zu mir auf.
»Gerade eben«, erklärte ich kurz und wanderte in unser großes Esszimmer über, wo mich unsere Meerschweinchen sofort quiekend begrüßten - auch wenn sie mich sicher nicht begrüßten, sondern einfach nur Futter von mir verlangten. 

Schweigend setzte ich mich an den Esstisch und ignorierte gekonnte die Tiere, schenkte mir Wasser ein und trank in großen Schlucken das Glas leer. Dann begab ich mich wieder in die Küche, holte aus dem Kühlschrank Grünzeug heraus und ging die Meerschweinchen füttern. Um selber etwas zu essen hatte ich kaum noch Zeit, und zugegeben auch nicht gerade viel Lust dazu.  

Also ging ich mich im Bad fertig machen. Ich putzte Zähne, richtete meine Haare, die nach dem Aufstehen immer sonst wo hingen und wusch mir mein Gesicht, in der Hoffnung, etwas wacher zu werden und zu wirken. 
Schminken tat ich mich nie - im Gegensatz zu dem Großteil der Mädchen aus meiner Klasse -, denn ich hielt es für Sinnlos, da frau ihr Gesicht nicht mit irgendwelchen Schönheitsstoffen zukleistern muss, um schön zu sein, denn natürlich ist meist schöner. 
Davon abgesehen weiß ich nicht, wie früh diese Mädchen aufstehen um sich perfekt zu schminken, denn das dauert für gewöhnlich seine Zeit - und ich würde niemals für ein bisschen Gesicht verschönern meine Schlafzeit noch mehr verkürzen, denn dann ist es ja eigentlich klar, dass frau tiefe Augenringe hat, die man dringend wegschminken muss. 

Meine Meinung zu Schminke ist und bliebt negativ - gegen bisschen Wimperntusche hab ja nicht mal ich was aus zusetzten -, und ich habe außerdem viele Argumente meine Meinung zu verteidigen, eins davon kommt sogar von meiner Schwester und lautet: Ich schmiere mir halt keine Cochenilleschildläuse ins Gesicht (diese werden in Kosmetikprodukten hauptsächlich für roten Lippenstift verwendet). Trotzdem echt widerlich. 

Kurz betrachtete ich mich noch mal im Spiegel, richtete meine blonden Haare nochmals und war relativ zufrieden mit meinem heutigen Aussehen, auch wenn ich meine Augenringe am liebsten verflucht hätte - doch ich war ein ganz normaler Mensch der ganz normale Augenringe aufwies. 

Als ich das Bad verließ ging ich in Gedanken schon wieder die Englischvokabeln durch, da ich gleich in der ersten Stunde einen Vokabeltest schreiben musste. Aber ich hatte sie schon gut drauf, da wir die neuen Wörter im Unterricht schon so oft durch gekaut hatten, dass sie einem irgendwann zum Hals raus hingen. 

Hetzend sah ich auf die Uhr in unserem Flur: 07.09 Uhr. 
Unter Stress riss ich meine dunkelblaue Jacke vom Hake, band mir meinen bunten Schal um und schlüpfte eilig in meine Schuhe. Dann hievte ich mir meinen schweren Ranzen auf den Rücken, verabschiedete mich flüchtig von meiner Mutter und raste aus der Wohnung, sprintete die fünfundneunzig Treppenstufen hinunter und musste immer wieder aufpassen nicht auf die Fresse zu fliegen. 


Eine ganz normale LiebesgeschichteWhere stories live. Discover now