Verzeihen

5.1K 443 24
                                    

Verzeihen

Der Zug schlängelte sich durch die inzwischen vertraute Landschaft Rumäniens. Schneebedeckte Berge und schier unendliche Wälder wechselten sich vor Maisies Fenster mit leeren Felder und ärmlichen Dörfern ab. Dünne Hunde jagten den Zug bellend und dabei dachte sie an den Kater in ihrem Haus. Sie hatte Clara gebeten sich um ihn zu kümmern.

Sie hielten in größeren Städten, in denen sie nach und nach ihre Mitreisenden verließen. Blasse Gesichter eilten am Fenster vorbei und je weiter sie nach Süden fuhren, desto spärlicher wurden die Wälder. Sogar der Schnee verschwand langsam.

An einem wolkenlosen Morgen weckte sie einer ihrer Mitreisenden im harten Rumänisch und Maisie kletterte aus dem Zug. Sofort merkte sie, dass die Luft anders war.

Sie hatten an einem schmalen Bahnsteig gehalten und eine magere Katze strich um Maisie Beine, als sie mit ihrer Tasche in der Hand loslief. Über ihrem Kopf kreisten Möwen und sie konnte trotz ihrer Schrei das vertraute Rauschen hören.

Die Menschen in der Küstenstadt warfen ihr verwunderte Blicke zu, als sie dem Geräusch beinah entgegen rannte und gleichzeitig die kalte, salzige Luft einsog.

Und dann sah sie es plötzlich.

Die kleinen, verlebten Häuser wichen zur Seite und unter ihren Füßen befanden sich runde Kieselsteine. Vor ihr lag das Meer. Es war vertraut unendlich und Maisie lief weiter, bis ihre Stiefel Sand aufwirbelten und sie beinah im Wasser stand.

Der vertraute Geruch nach Salz und Seetang schien sie zu durchdringen und sie konnte ihren Blick nicht von den Wellen und dem Horizont wenden.

"Mai?" Sie hatte die Schritte auf dem Sand nicht gehört. Als sie sich umdrehte, stand Victoria Hasgon beinah hinter ihr. "Ich schätze, ich bekomme nicht so eine Begrüßung, oder?"

"Vic." Aus Gewohnheit wollte Maisie ihre Arme heben, doch dann fielen sie wieder an ihre Seite zurück. "Seit wann bist du hier?"

"Mein Boot hat vor zwei Stunden angelegt." Sie verschränkte ihre Arme. "Eigentlich wollte ich am Bahnsteig auf dich warten, aber du bist an mir vorbei gerannt."

"War keine Absicht." Maisie warf noch einmal einen letzten Blick auf den Horizont, bevor sie vom Wasser weg trat. "Wie geht es dir?"

"Gut, gut." Victoria schulterte ihre Tasche. "Und dir?"

Maisie betrachte ihre beste Freundin von oben bis unten. Sie hatte ihre schwarze Brille wie beinah immer in ihre blonden Haare geschoben und eigentlich war sie zu dünn für den Winter angezogen. Mit ihrer sommersprossigen Haut, die auch im schlimmsten Britischen Winter gebräunt aussah, passte sie nicht recht an den Strand. Victorias rundes Gesicht war Maisie vertraut und gleichzeitig auch nicht.

"Ganz gut, wir hatte eine harte Woche im Reservat."

"Du arbeitest mit Drachen, sind da harte Wochen nicht normal?"

"Ach Vic." Maisie konnte nur über die Worte ihrer Freundin lächeln. "Was hast du so getrieben?"

"Ich bin rumgereist." Sie trat mit ihren Turnschuhen einen Stein aus dem Weg. "Mum will, dass ich mich im Ministerium bewerbe und Dad glaubt immer noch, dass ich den Laden übernehme."

"Und du weißt immer noch nicht was du machen willst, stimmt's?"

"So ziemlich." Mit einem Seufzen schob sich Victroria die dicke Brille auf die Nase, um in die Ferne zu sehen. "Wollen wir uns da hinten hinsetzen?"

"Du kannst den Ravenclaw in dir nicht leugnen, Vic." Maisie schulterte ihre Segeltuch Tasche. "Nicht mit deinem UTZ Ergebnissen."

"Ich darf es doch wenigstens versuchen, oder?" Sie schob die Brille wieder in ihre Haare. "Außerdem hätte ich es bei den Ravenclaw eh nie ausgehalten. Mit Callum komm ich ja schon kaum klar."

Von Drachen und Weasleys (Harry Potter FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt