34. Großvater Ansgar

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Flynn hatte überrascht reagiert, sich aber recht schnell gefangen und sich ehrlich für mich gefreut. Er fragte nicht viel weiter, hörte mir einfach nur stumm dabei zu, wie ich von unserem ersten Treffen erzählte und wie Janus mich damals angegriffen hatte, wir uns danach aber blenden verstanden hatten. Mehr wollte ich für mich behalten, womit auch Flynn kein Problem zu haben schien.
Vorerst wollte ich noch nicht erzählen, dass Janus ein reiner Wolf war. Flynn hatte zwar gut auf seinen Rang reagiert, aber wie er auf sowas reagieren würde, konnte ich nicht genau einschätzen.

Flynns positive Reaktion und sein Versprechen Benno nichts zu sagen, brachte mich schlussendlich dazu, mir vorzunehmen nächstes Mal mit Dylan zu reden, ob er sich nichtmal mit meinem Bruder unterhalten wollte. Ich war mir jedoch ziemlich sicher, dass der Omega sofort ja sagen würde. Nicht nur, um mit einem Gleichgesinnten sprechen zu können, sondern auch um mehr über Flynns medizinisches Wissen zu erfahren. Immerhin war Dylan letztes Mal sehr begeistert davon.

Zum Frühstück machte ich meinem Bruder eine große Schlüssel Haferschleim mit Ahornsirup und frischen Früchten. Dazu eine Tasse Tee, damit sein Körper wieder zu Kraft kommen konnte. Wir hatten zwar nicht darüber gesprochen, aber ich kannte meinen Bruder gut genug um zu wissen, dass sich sämtlicher Stress sofort auf sein Essverhalten auswirkte und gerade jetzt musste Flynn wirklich auf seine Ernährung achten. Immerhin ging es nun nicht mehr nur um ihn und auch, wenn es ihm sein Körper verzeihen konnte, wenn er mal eine zeitlang keine Vitamine oder wichtige Ballaststoffe zu sich nahm, sah das bei seinen Welpen sicherlich anders aus.
Zum Glück sah Flynn das ähnlich wie ich und jammerte gar nicht erst über die üppige Portion.

„Flynn, komm her." Ich erhob mich vom Küchentisch und öffnete meine Arme für ihn. Er zögerte einen Moment, bevor er sich in meine Arme fallen ließ und meine Umarmung fest erwiderte.

„Ich werde mit Großvater reden", wisperte ich ihm zu, damit uns auch niemand belauschen konnte. Eigentlich müssten wir zwar alleine im Haus sein, aber sicher war sicher. Das hier durfte nicht frühzeitig zu meinem Vater durchdringen.
Flynn spannte sich auf meine Worte hin automatisch an und presste sich enger in die Umarmung.

„Dad wird das nicht akzeptieren..." Auch ohne genauer auszuführen, wovon ich sprach, wusste Flynn Bescheid. „Deswegen werde ich meinen Posten demnächst einfordern."

Flynn löste sich plötzlich ruckartig von mir und sah aus ungläubigen Augen zu mir auf. Nur einen Moment später quollen seine Tränen über und rannten mit rasender Geschwindigkeit über seine Wangen.
„W-wirklich?"

Ich nickte.
Es wunderte mich nicht, dass Flynn darauf überrascht reagierte, immerhin hatte ich mich vor kurzem noch vehement dagegen gewehrt, wodurch unsere Bindung erst diesen Knacks bekommen hatte. Ich war zwar nicht bereit dazu, aber für Flynns Sicherheit würde ich diesen Schritt schon jetzt wagen.

„Das ist die einzige Möglichkeit." Und das wusste auch Flynn, der nur zögerlich nickte und sich dann schluchzend wieder an mich klammerte. Er wimmerte ein leises, ernst gemeintes „D-danke" und konnte sich eine zeitlang überhaupt nicht mehr beruhigen.

„Niemand darf etwas davon erfahren. Auch und vor allem nicht Benno. Hast du das verstanden, Flynn? Niemand!"

Mein Bruder nickte sofort energisch und drückte sich nochmals eng an mich, bevor er sich langsam löste und die Tränen mit seinem Ärmel wegwischte. „I-ich werde nichts sagen."

„Gut."
Ich schenkte ihm noch ein kleines Lächeln, ehe ich mich wegdrehte und eilig das Haus verließ.

Die frische Luft draußen erinnerte mich gleich an meinen Gefährten und an die friedliche Lichtung, auf der ihre „Siedlung" lag. Ich wollte mich nur noch zu Janus kuscheln und zumindest für eine Weile alles vergessen, vorher musste ich aber erst mit meinem Großvater reden. Ich hatte mir zwar die ganze Nacht über Gedanken gemacht, aber wirklich vorbereitet fühlte ich mich dennoch nicht. Ich wusste nicht, wie mein Großvater reagieren würde und vor allem hatte ich noch immer keine Ahnung, wie ich meine plötzliche Meinungsänderung rechtfertigen sollte. Ich wollte Flynns Schwangerschaft nicht ausplaudern.

wild wolf ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt