Kapitel 47

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Aus Sophies Perspektive

Mein Herz wird etwas schwer, als ich höre, dass Joana bereits wieder nach Hause möchte. Ich verstehe sie, wirklich. Trotzdem hätte ich sie gerne etwas länger hier, wo wir auf sie Acht geben können. Nun aber, da sie in Ansätzen ihr Trauma angegangen ist, haben wir nicht wirklich eine Grundlage, sie hier zu behalten. 

"Dann lass uns mal nach Hause fahren. Ich habe wirklich große Lust auf eine Dusche und ich denke Leon wird dich auch sehnlichst erwarten und die letzten Stunden bestimmt auch mit dir verbringen wollen. 

"Das klingt nach einer guten Idee!" Joana lächelt mich an.  "Von Daniel habe ich mich schon verabschiedet. Wir können also los!"

"Gut!"

Gemeinsam verlassen wir kurz darauf die Praxis. Nathan hat eine Patientin, dementsprechend schreibe ich ihm nur eine Nachricht. Als wir im Auto sitzen, drücke ich kurz Joanas Hand. Unsere Blicke verbinden sich für einen Augenblick. Bald darauf sind wir Zuhause angekommen. Ich lasse Joana den Vortritt im Badezimmer und mache mir zuerst nochmal einen Kaffee. Nathans "Angriff" auf mich geht mir nochmal durch den Kopf und mir wird wieder ganz warm zwischen den Beinen. Ich lächle in mich hinein und lasse kurz mein Kopfkino etwas wandern - was wir wohl alles in der Praxis anstellen könnten?

Joana betritt, mit frischen Kleidern, die Küche. "Weißt du, wo Leon ist? Er wollte doch eigentlich nur ein bisschen schlafen!" Joana runzelt die Stirn. 

"Nein. Keine Ahnung. Vielleicht ist er doch nochmal in die Klinik? Er weiß ja, dass du morgen wieder fliegst, oder?"

"Ja. Weißt er. Akzeptiert hat er es aber noch nicht - sein Problem!" Joana zuckt mit den Schultern. Oh oh, ich rieche hier einiges an Konfliktpotenzial. 

Pünktlich dazu klingelt es an der Wohnungstür. Ein ziemlich fertiger Leon betritt den Raum. 

"Ich lass euch mal alleine!", so trete ich den Rückzug an und freue mich auf meine Dusche. 

Aus Joanas Perspektive

Ich setze mich und schaue Leon an. So wie er aussieht, hat er bisher nicht geschlafen. Einerseits bin ich froh, dass Sophie uns alleine gelassen hat, andererseits hätte ich etwas weibliche Unterstützung auch ganz gut gebrauchen können. Nun gut. Da muss ich nun wohl alleine durch!

Leon lässt sich einen Kaffee durchlaufen. Schließlich setzt er sich mir gegenüber.

"Ich lass dich so nicht weg!", sagt er grimmig.

"Leon, da hast du nichts zu melden. Es hat geklappt mit dem BZ messen. Ich habe von Alex das okay und mir schon Unterstützung von Miguel geholt. Ich fliege!"

"Ach ja.Miguel, also!" Ich sehe, wie Leon sich die Haare rauft. Er hat Miguel kennen gelernt. Er ist so ziemlich das krasse Gegenteil von Leon - auf eine gute Art. Ich kenne Miguel schon, seit er mich im Sandkasten mit Sand beworfen hat. Unsere Beziehung hat eher etwas von kleine Schwester - großer Bruder.

"Ja, genau Miguel. Und wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann war es das eben zwischen uns!", sage ich mit eigentlich ziemlich viel Herzschmerz.

"So einfach wirfst du das zwischen uns weg?", Leon schaut mich fassungslos an.

"Nein, ich werfe gar nichts weg. Aber Leon, ich habe ganz einfach Verpflichtungen. Ich habe einen Sohn, eine Praxis und einen Job."

"Und ich? Bin ich nur schmückendes Beiwerk?" Ich sehe Leon an, wie geknickt er ist. Und es tut mir wirklich weh ihn so zu sehen. Aber ich muss Prioritäten setzen. Leon schüttelt den Kopf. "Und ich dachte, wir hätten wirklich eine Chance!" Er dreht sich von mir weg. Nun muss auch ich an mich halten, nicht einfach aus dem Zimmer zu rennen.

"Die haben wir auch. Aber ganz ehrlich Leon: Nicht hier. Ich kann meine Zelte in Madeira nicht einfach abbrechen. DAS GEHT NICHT!"

"Das sollst du doch auch gar nicht."

"Nicht?" mit hochgezogenen Augenbrauen schaue ich ihn an. "Das hat sich aber gerade ganz anders angehört! Ich glaube, es ist besser hier einen sauberen Cut zu ziehen, Leon!", sage ich in meiner Wut.

"Nein sollst du nicht. Aber anscheinend hast du uns ja sowieso schon aufgegeben." Leon steht auf. Er sieht plötzlich aus, als wäre er 10 Jahre älter. " Dann ist das hier ja wohl nicht mehr von Belang." Er wirft mir einen zusammengefalteten Zettel auf den Tisch, bevor er mit schweren Schritten das Zimmer verlässt.

Ich reiße mich noch zusammen, bis Leon das Zimmer verlassen hat, dann fließen die Tränen. Meine Schultern beben, Schluchzer erschüttern meinen Körper.

Kurz darauf spüre ich Sophies Hand auf meiner Schulter.

"Das lief wohl nicht ganz so, wie geplant. Hm?" Ich werfe mich in Sophies Arme und lasse mich von ihr auffangen.

"Nein. Gar nicht!", bringe ich unter Schluchzern hervor.

"Was ist das?", Sophie zeigt auf den Zettel. Ich stehe auf und werfe ihn in den Müll. "Es reicht. Ich habe so lange keinen Mann in mein Herz gelassen, weil ich genau das vermeiden wollte. Nun ist es so weit. Mein Herz hat einen Riss und muss erstmal heilen. Was auch immer auf diesem Zettel steht kann diesen Riss mit Sicherheit nicht kitten!"

"Jetzt schau ihn dir doch erstmal an, Joana!"  Ich stampfe mit dem Fuß auf. Meine Trauer und Ohnmacht werden langsam zu Wut.

"Nein! Genug ist genug! Ich schaue mal, ob ich nicht doch schon heute fliegen kann! Ich muss hier weg!" Entschlossen gehe ich aus dem Raum. 

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