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Hätte man Remus am 25. Juli, fünf Tage nach seinem Besuch bei Snape, von hinten die Augen zugehalten und gefragt: "Rate mal, was gleich passiert", es wäre ihm im Leben nicht gelungen, einen Tipp abzugeben, der auch nur annähernd in die richtige Richtung gegangen wäre.

Er war gerade einkaufen gewesen, Julie war auf dem Rückweg vom Supermarkt im Auto eingeschlafen (zum Glück war sie anscheinend müde gewesen, Autofahren war mit ihr nach wie vor ein Kampf), also stellte er ihre Babyschale im Hausflur ab, ging dann zurück, um die Einkaufskiste zu holen. 

Als er wieder herein kam, kam Edyta gerade die Treppe herunter, winkte Julie zu, die gerade wieder aufzuwachen schien und lehnte sich dann gegen das Treppengeländer. 

"Du hast Besuch", sagte sie. Remus sah hoch. 

"Quinn?", fragte er neugierig. Edyta schüttelte den Kopf. 

"Eine junge Frau, in deinem Alter, hübsch." Sie zwinkerte. "Ich hab ihr gesagt, dass du nicht da bist, aber sie wollte warten. Hat sich bei dir oben vor der Wohnung auf die Treppe gesetzt und sich geweigert, zu gehen."

Kurz dachte Remus an Laura, aber warum sollte sie vorbei kommen? 

"Hat sie ihren Namen verraten?", fragte er misstrauisch. Es waren immer noch Todesser unterwegs, wie das bittere Beispiel der Longbottoms zeigte. Jemand, der sich weigerte, zu gehen, war nie ein gutes Zeichen. Edyta schien kurz zu überlegen. 

"Moira Donovan?", sagte sie dann. Remus versuchte sich zu erinnern, aber er war sich ziemlich sicher, dass er keine Moira Donovan kannte. Seine Schultern verspannten sich. Er hatte doch so ziemlich alles getan, um nicht gefunden zu werden. Unzählige Schutzzauber lagen über dem Haus, heimlich aufgebaut, nachts, wenn die Nachbarn schliefen. Wer hatte sich die Mühe gemacht, ihn dennoch ausfindig zu machen? 

"Ist sie...ein Problem?", fragte Edyta erschrocken. Remus hob die Schultern. 

"Ich weiß es nicht", gestand er dann mit zusammengebissenen Zähnen. Er deutete auf Julie. "Kannst du kurz...?" 

Edyta nickte und baute sich in ihrer vollen hochgewachsenen, breitschultrigen und einem Stück Kuchen nicht abgeneigten Statur zwischen dem Kind und der Treppe nach oben auf, während Remus vorsichtig erst in den ersten Stock stieg, wo Edyta wohnte und dann in den zweiten zu seiner eigenen Wohnung. 

Als er den Treppenabsatz zwischen dem ersten und zweiten Stock erreichte, fiel seine gesamte Welt ein wenig in sich zusammen. 

Da saß sie, klein und schmal, wie er sie zuletzt gesehen hatte, in einer schicken Bluse und einem knappen Rock, wie sie sie immer gemocht hatte und starrte ihn direkt an. 

Er stolperte ein paar Schritte zurück. 

"Mary?"

Sie sprang auf. 

"Remus!", rief sie erleichtert. Remus konnte seine Augen nicht von ihr nehmen. In seinem Kopf wirbelten hundert Fragen durcheinander, aber wenn man drei Jahre in einem Krieg gekämpft hatte, dann lernte man, aus einem riesigen Haufen Unmöglichkeit schnell wichtige Informationen zu ziehen. 

"Wer war dein erster Kuss?", fragte er tonlos. Sie hielt inne, blinzelte. Für einen Augenblick huschte Schmerz über ihr Gesicht, wie immer, wenn ihr jemand eine solche Sicherheitsfrage gestellt hatte, dann schüttelte sie ihn ab. 

"Ich hab allen immer erzählt, dass es Donny Wood war", antwortete sie ruhig. "Aber eigentlich war es Pete in der zweiten Klasse." 

Kurz atmete er erleichtert auf, denn Merlin sei Dank, es war wirklich Mary. Dann schoss er in die Höhe, denn wie zur Hölle konnte es wirklich Mary sein? Und dann entschied er, dass es ihm in diesem Augenblick wirklich vollkommen egal war, er stieg den letzten Treppenabsatz hoch, drei Stufen auf einmal nehmend und zog sie in eine beinahe knochenbrechende Umarmung. 

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