Kapitel 4 - Schreck am Morgen

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Liam erzählte ihnen an diesem Abend von einem Club. Dem Felsenkeller. Ein abgerockter Schuppen, der schon seit den Siebzigern abgerissen werden sollte. Er versprach ihnen, mit ihnen dort hinzugehen, sobald sie alt genug wären.

"Toll. Da freuen wir uns auf in fünf Jahren.", Witzelte Harry.
"Ey, hat Tommo deinen Pulli an?", Fragte Jeremy sofort wieder.
"Ja. Ein Problem?", Fragte Harry nur während Louis möglichst so tat, als würde er gerade nicht zuhören.
"Ist ja voll schwul."
"Kannst du das Mal lassen? Das nervt?", Brummte Harry.
"Tommo, du hast aber auch einen Körper wie ein Weib.", Brummte Jeremy. Mit Harry legte er sich dann doch nicht so gern an.

"Und du wie ein Walross.", Knurrte Louis und hoffte, dass niemand seine roten Bäckchen sah. Er haderte schließlich so schon genug mit seinem Körper. Weiblich? Keine Ahnung. Müsste er sich wohl weibliche Körper Mal genauer angucken um das beurteilen zu können. Aber Eleanor zum Beispiel war eher... Keine Ahnung. Aber kurvig war die definitiv nicht.

"Alles okay?", Schreckte Harry ihn aus seinen Gedanken.
"Äh... Klar."
"Lass dir von Jeremy nichts einreden, Lou. Hörst du?"
"Wieso ärgert der immer mich als erstes?"
Harry schwieg. Was hätte er auch sagen sollen? Dass es ihn viel mehr ärgerte, wenn jemand Louis ärgerte anstatt ihm und dass er glaubte, dass es Jeremy genau darauf abgesehen hatte? Nein, das sagte Harry nicht.

"Weil er neidisch auf deinen Körper ist.", Sprach er nur.
Louis schnaubte.

-

"Niall! Niall! Niall!", Feuerten die anderen Niall an, der sich gerade haufenweise Marshmallows in den Mund stopfte. Sah nicht schön aus, wurde aber ein neuer Rekord.

Sie alle lachten, weil Niall mit dem Mund voll Marshmallows aussah, wie ein Hamster auf Zucker.
Harry hatte einen Arm um Louis gelegt, weil er wusste, dass Louis auch mit dickem Pulli schneller fror und außerdem war Harry ein Mensch der äußerst gern Körperkontakt hatte.

Harry blickte zu Louis. Louis war für ihn einer der schönsten Menschen der Welt. Wegen genau solcher Momente. Wenn er lachte und sich unbeobachtet fühlte. Einfach, weil er sich dann nicht kontrollierte. Sonst achtete er immer penibel darauf, seinen Kopf vorzustrecken, um ja kein Doppelkinn zu haben oder solchen Mist. Aber wenn er einfach lachte, dann war Louis wie die Sonne. Harry glaubte fest, dass Louis' Lachen eine heilsame Wirkung hatte.

Er hasste es, wenn Jeremy Louis ärgerte. Sie ärgerten sich alle untereinander Mal, aber trotzdem störte es Harry nur bei Louis. Weil Louis eben sein bester Freund war und weil er wusste, dass Louis sich so etwas zu Herzen nahm und ihn das beschäftigte. Harry wollte nicht, dass Lou sich mit sowas belastete. Lieber sollte er so schön Lachen oder Lächeln.

Louis unterdessen hatte sich möglichst unauffällig näher an Harry heran gedrückt und lehnte inzwischen halb an dem etwas Jüngeren. So ein Baumstamm war auf Dauer eben ziemlich unbequem und Harry war eine verdammt gute Rückenlehne. Sein Gesicht wurde so vom Feuer gewärmt und sein Rücken von Harry. Das war verdammt gemütlich. Er beobachtete den Flug der Funken und Niall, der weiter Marshmallows in seinen Mund stopfte. Der Wind strich ihm durch die Haare und auch wenn der inzwischen deutlich aufgefrischt hatte, war es dennoch unglaublich gemütlich.

-

"Ich bin müde.", Brummte Niall.
"Eben war dir noch schlecht.", Grinste Liam und half Niall aus seiner halbliegenden Position auf in die Senkrechte.

"Ich auch.", Brummte Stan.
"Alter, ich dachte, du schläfst seit zwei Stunden!", Erschrak sich Oli.
"Ich weiß..."
"Ey, ich hab über deine Schwester fantasiert."
"Ich weiß.."
"Stört es dich nicht?"
"Würde ein hübscher Kerl das tun, schon. Aber bei dir ist es okay."
"Haha."
"Ne ne, das war ernst gemeint."

Alle anderen lachten. Aber waren ebenfalls müde.

Und so verzogen sich alle in ihre Zelte. Louis und Harry steckten nebeneinander in ihren Schlafsäcken.

"Lou?"
"Hm?"
"Welches Mädchen magst du?"
"Äh..."
"Ich glaub, ich bin verknallt."
"Echt?"
"Hmm."
"In wen?"
"Tina. Aus der Parallelklasse.", Seufzte Harry.
"Echt?"
"Hmm."
"Will... Willst du sie ansprechen?"
"Besser nicht... Sie könnte mich hören..."
"Äh... Ja. Das liegt wohl im Bereich des Möglichen.", Murmelte Louis und versuchte irgendwie weiter zu atmen. Er hatte so sehr darauf gehofft, dass es an ihnen einfach vorüber ziehen würde. Dieses Verknallt sein. Und nun Harry... Sein bester Freund Harry...

Louis machte das traurig. Er fühlte sich nicht wirklich im Recht dazu, so zu denken, aber er wollte nicht, dass irgendso eine Trulla ankam und ihm Harry weg nahm. Also er hatte ihn ja nicht. Also doch. Eben sein bester Kumpel. Aber das sollte so bleiben. Harry sollte nicht plötzlich mit irgendeinem Mädel verschmelzen und plötzlich auf ruhige Abende und Händchenhalten stehen.

"Alles okay?", Riss Harry ihn wieder Mal aus seinen Gedanken.
"Klar. Bin nur müde."
"Ist dir warm genug?"
"Geht."
"Na, komm her.", Brummte Harry und hob seinen Arm an.

Louis rutschte mit der Eleganz einer Marde mit seinem Schlafsack an Harry heran. Der umschloss ihn mit seinen Armen.

So, dachte Louis, genau so sollte es sein und bleiben. Aber das würde es nicht, wenn Harry eine Freundin hatte. Entsprechend versuchte Louis diesen Moment in sich aufzusaugen. In seinem Hirn zu speichern, um ihn irgendwann hervor zu kramen, wenn diese Zeit vorbei sein würde. Denn irgendwie hatte sie mit Harrys Verliebtheit in ein Mädchen ein Ablaufdatum bekommen. Nur wusste Louis eben nicht welches.

Louis bemerkte nicht, wann er eingeschlafen war. Aber er wachte irgendwann auf.
Ihm fröstelte es etwas. Die Morgenluft war bereits ziemlich kalt. Außerdem hatte er irgendwie halb auf einer Riesenwurzel geschlafen und würde wohl die nächsten zwei Wochen brauchen, um seinen Rücken wieder grade zu biegen.

Sich selbst bemitleidend spürte er erst einen Augenblick später etwas komisches auf seiner Stirn. Was war das?  Nur einen Augenblick später sah er an sich herab. Und schrie. Schrie so laut wie noch nie, während er panisch versuchte das Ding von seiner Stirn zu bekommen. Ohne es anzufassen wohlbemerkt.

Er kannte den Effekt, dass Nacktschnecken morgens am Zelt herum krochen. Nicht schön aber eben nicht zu ändern. Dass sie aber bei einem offenbar kaputten Reißverschluss auch innen herum krochen - auch auf einem, das hatte er nicht gewusst.

Harry wurde von der ungewöhnlichen Sirene natürlich geweckt und starrte auf einen schneckenübersäten Louis, der eine Art Tanz aufführte.
Er selbst schnippte sich ungerührt eines der Weichtiere vom Handgelenk. War ja kein Drama. Die fraßen einen ja nun nicht gerade auf.

Louis hatte sich, während er weiter schrie, aus seinem Schlafsack befreit und schoss nun einfach Richtung See. Der Ekel jagte ihm eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken und er hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. Er spürte den Schleim und die Stellen, wo eine Schnecke an seinem Hals entlang geglitten war überdeutlich. Noch nie hatte er so viel Ekel empfunden und traute sich gleichzeitig nicht, die Viecher zu entfernen.

Er rannte in den See und tauchte sogar darin herum.

Harry eilte seinem besten Kumpel nach. Nicht dass der vor lauter Panik einfach ins tiefere Wasser lief. Ohne mit der Wimper zu zucken rannte er also in voller Montur hinterher.

"Die spinnen...", Murmelte Liam, während Niall begeistert auch ein Bad in Bekleidung im See nahm. Er hielt das wohl für eine lustige Aktion.

"Lou... Hey, Stopp. Du kannst gleich nicht mehr stehen. Komm her. Ich helfe dir."
"Iiih! Mach sie weg! Mach sie weg!"
"Mache ich. Komm her.", Sprach Harry und stellte Louis wieder dort ab, wo der andere stehen konnte, nur um ihm dann Schnecken aus den Haaren und eine sogar aus dem Ohr zu puhlen.

"Du bist voll blass.", Murmelte Harry.
"Ich glaub, ich kotze gleich."
"So schlimm?"

Von diesem Tag an hasste Louis Schnecken. Spinnen störten ihn, wenn sie nicht Grad so groß wie eine Katze waren, kein bisschen. Aber er würde nie mehr eine Nacktschnecke ansehen können, ohne eine Gänsehaut zu bekommen.

Nur ein Gutes hatte es: Einen nassen Pulli gab man seinem Besitzer nicht zurück.

Tja... Was soll ich sagen zu den Schnecken? True Story...

Always You - Leseprobe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt