Kapitel 21 - Liam

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Triggerwarnung: Ein Gespräch über Mobbing. Das hier ist Freizeit und niemand soll sich quälen...

Louis ging es nicht wirklich schlecht damit, nicht mehr Teil der Clique zu sein. Er blieb in der WhatsApp-Gruppe und wurde dort zu der Person, die zwar da war, aber niemals etwas schrieb oder irgendwas tat. Es war für ihn immerhin auch einfach praktisch. Denn so wusste er auch, wann er wo besser nicht auftauchte, um Harry nicht über den Weg zu laufen. Denn damit ging es Louis wirklich schlecht. Sie hatten immer zusammen gehangen und nun plötzlich sah Louis ihn nur noch aus der Ferne. Selbst, wenn er wirklich in Juliet verschossen wäre, würde ihn das verletzen. Zählte die Freundschaft denn gar nicht?

Trübsinnig hockte er mit Liam bei jenem in der Hütte am See. Sie waren zu zweit hier, wollten heute Abend nicht ausgehen und hier einfach Ruhe haben.

"Niall hat übermorgen ein Date.", Sprach Liam plötzlich nach einer längeren Schweigephase.
"Echt?"
"Ja."
"Mit wem?"
"Einer Amelia. Keine Ahnung. Er hat sie aus dem Felsenkeller."
"Krass."
"Jup."

"Liam?", Fragte Lousi einen Augenblick später.
"Hm?"
"Ist jetzt bald?"
Liam lächelte traurig.
"Bald ist nie. Es liegt immer in der Zukunft."
"Oh... Okay. Entschuldige."
"Da gibt's nichts zu entschuldigen.", Meinte Liam und setzte sich direkt neben Louis, der sofort seinen Kopf an dessen Schulter lehnte, also legte Liam seinem Arm um Louis.

"Du verstehst mich besser als die anderen. Aber ich weiß nichts von dir."
"Nun, genau genommen, weiß ich von dir auch nichts. Wir haben nie drüber gesprochen."
"Wer?", Fragte Louis nur.
"Wer mein Harry ist?"
Louis nickte mit so roten Wangen, dass selbst seine Ohren rot waren.

"Zayn."
"Du bist auch..?"
"Ja. Natürlich. Sonst könnte ich dich kaum so verstehen. Ich kenne die Ängste und die Verunsicherung. Und ich kenne unerwiderte Liebe."
Louis wusste nicht so genau, was er sagen sollte, aber er unschlang Liam, soweit das in ihrer aktuellen Position möglich war, mit seinen Armen.

"Erzähl?", Fragte er dann doch schüchtern, als Liam von allein einfach nicht wieder anfing zu reden.

"Ich war mit 14 das erste Mal im Felsenkeller. Sah älter aus. Es war meine Flucht. In der Schule würde ich gemobbt. Die falschen Hobbys, die falsche Kleidung, zu gute Leistungen in der Schule - such dir was aus. Kinder finden immer einen Grund. Inzwischen weiß ich, dass ich es niemals hätte richtig machen können. Sie hatten sich auf mich eingeschossen. Damals wollte ich dazu gehören. Habe versucht zu sein, wie sie sind. Es klappte nicht. Für sie war ich das Opfer... Die Täter... sie fühlen sich selbst besser, in dem sie dafür sorgen, dass es anderen schlecht geht. Sie grenzen aus und isolieren... es war... meine Schulzeit war Scheiße. Meine Cousine nahm mich mit her. Drückte mir ihren Stempel auf die Hand und Zack - war ich drin. Es wurde zu einem Paralleluniversum für mich. Ich existierte in der Woche, um am Wochenende zu leben. Die Nachmittage verbrachte ich damit, nicht daran zu denken, was in der Schule los war. Die Wochenenden im Felsenkeller wurden meine Droge. Weil mich dort alle so akzeptierten wie ich war. Ich konnte so lange vergessen, bis ich am nächsten Morgen wieder durch das Schultor gehen musste. Ich war vor ein paar Monaten bei der Schule in der Nähe. Mit wird noch immer schlecht, wenn ich das Tor sehe... Ich schweife ab... Dummerweise wurde ich irgendwann gesehen, als ich einem Kerl einen geblasen hab. Ein älterer Bruder eines Klassenkameraden. Ich hätte nichtmal gewusst, dass der weiß, wer ich bin. Zu der nonexistenten Liste, was alles falsch mit mir war, kam also ein Punkt dazu. Schwul. Der Punkt schlechthin, wenn du so willst... Zayn... fing irgenwann an hier zu arbeiten und ... Naja.. ich dachte ich bin nur verschossen. Aber weißt du... Wenn es länger als vier Monate anhält... Dann ist es angeblich Liebe..."
"Weiß er es?"
"Er weiß, dass ich schwul bin. Und ich weiß, dass er es auch ist. Das war's."
"Wie jetzt?!"
"Ich hatte mein erstes Mal mit ihm. Auf einem der Sofas nach der Sperrstunde."
"Äh..."
"Er hat einen Freund.", Meinte Liam dann achselzuckend.
"Da auch schon?"
"Ja."
"Oh, aber dann hat er ihn-"
"Ja. Oder sie haben eine offene Beziehung oder oder oder. Keine Ahnung."
"Aber trennen will er sich nicht?"
"Scheinbar nicht."
"Hab ich den Freund schonmal gesehen?"
"Ich denke nicht. Er kommt nie in den Felsenkeller. Ich glaube, der arbeitet auch oft am Wochenende."
Louis wusste wieder nicht so richtig, was er sagen sollte.

"Jedenfalls... War ich einmal betrunken hier. Ich habe einen totalen Filmriss gehabt. Aber ich habe wohl Zayn angeschnauzt. Dass ich ihn liebe und all sowas. Er hat es als das Gemecker und Gejammer eines Betrunkenen angesehen und mir nie übel genommen... Ich hatte dann eine Panikattacke und bin ins Krankenhaus gekommen. Ich habe dort gesagt, dass ich mich zu Hause besoffen hätte und dann erst versucht hätte in den Felsenkeller zu kommen. Keine Ahnung, was sonst noch alles los gewesen wäre. Ich war 16 oder so. Seither trinke ich keinen Alkohol mehr."
"Ihr habt nie drüber gesprochen, was du gesagt hast?"
"Nein. Ich hab mich nichtmal mehr hier her getraut. Und dann stand Zayn einfach bei mir vor der Haustür, hat mich in den Arm genommen und gesagt, alles wäre okay und ich sollte gefälligst wieder kommen. Das habe ich dann gemacht. Seither bin ich eben wieder da."
Louis nickte. Deshalb verstand Liam ihn. War es das, was Schwule untereinander erkannten? Ging es nicht um Hinterngewackel, sondern das Gefühl der Verbundenheit? Das Gefühl, plötzlich nicht mehr allein anders zu sein? War es eine Mischung aus allem? Louis wusste es nicht. Er wusste nur, dass Liam ein Engel war. Wie hatte man ihm wehtun können? Nichts rechtfertigte ein solches Verhalten. Noch immer wurde Liam schlecht, wenn er das Schultor sah. Kinder und Jugendliche schädigten einander auf so eine langfristige Weise. Und wenn man sich die Häufigkeit der Fälle ansah, konnte man schwer von Einzelfällen sprechen. Louis war heilfroh, dass er so durch die Schulzeit gekommen war. Harry hatte ihn oft vor Jeremy beschützt. Was wäre ohne ihn gewesen? Was, wenn sie herausgefunden hätten, dass er schwul war? Louis wusste es nicht. Er sah sich gedankenverloren im Raum um, bis sein Bild auf eine Postkarte fiel, die an die Vertäfelung gepinnt war.

Kleine Kinder und Besoffene sagen immer die Wahrheit.

Ob Zayn den Spruch wohl kannte?

Ein bisschen was zu Liam...
Teilt gern eure Gedanken mit mir...
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Always YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt