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Während Lukes eigentlicher Geburtstag ein recht unspektakulärer Tag war, weil sie alle arbeiten und er in der Schule war, fand die richtige Feier einen Tag später, am Samstag, statt. Hannah Jackson war zu Besuch, genau wie zwei weitere Schulfreunde von ihnen, Adam Maple und Luke Svensson. Die Dopplung des Vornamens war anscheinend ein großer Faktor zu Beginn ihrer Freundschaft gewesen und sorgte unter den Kindern (und ganz ehrlich auch bei Sirius und Remus) nach wie vor für großes Amüsement. Es waren einfach viel zu viele gute Gelegenheiten für schlechte Witze, wie konnte man da widerstehen? 

Edyta war natürlich auch da und hatte noch einen zweiten Kuchen gebacken - und als sie gesehen hatte, was Mary, Remus und Sirius mit dem von gestern veranstaltet hatten, hatte sie ihn diesmal sogar selbst dekoriert. Er war selbstverständlich makellos, wunderschön mit hellgrüner Creme eingestrichen und darauf stand in feiner Kalligraphie Sto lat, Łukasiu. Es bedeutete nicht, wie Remus am Anfang angenommen hatte, Alles Gute zum Geburtstag, Luke, sondern wörtlich übersetzt Hundert Jahre, Luke - eine Anspielung auf das Lied, was in Polen zum Geburtstag gesungen wurde. Remus hatte ein oder zweimal versucht, es zu lernen, aber ihm waren da entschieden zu viele Zischlaute drin, als dass es irgendeinen Zweck gehabt hatte. Was er jedoch kannte, war die Übersetzung: Hundert Jahre soll er leben. Und das konnte er durchaus so unterschreiben. 

Also ja, Edyta war da mit dem perfekten Kuchen, Hannah, Adam und die beiden Lukes turnten durch die Wohnung und landeten irgendwann mit dem Gameboy auf dem Sofa, was Regulus' Interesse weckte, der ihnen eine Weile zusah und dann von den Kindern überredet wurde, sich auch einmal daran zu versuchen. 

Sirius gesellte sich ebenfalls zu ihnen, angelockt von Tetrismusik und Flüchen seines Bruders und Remus und Edyta blieben am Küchentisch zurück, durch die weit offene Tür zum Wohnzimmer einen guten Blick auf die vier elfjährigen und zwei dreißigjährigen Kinder. 

"Dafür dass er erst seit einer Woche wach ist, macht er sich erstaunlich gut", sagte Edyta leise. Sie hatte die ganze Eskapade mit Regulus am Rande mitbekommen, als Muggel allerdings natürlich wenig dazu beitragen zu können. Es hatte Remus allerdings mal wieder gezeigt, wie gut integriert sie in die Familie war, dass sie nicht einmal mit der Wimper gezuckt hatte, bei dem Gedanken, dass Sirius einen Bruder hatte, der dreizehneinhalb Jahre lang in der Zeit eingefroren gewesen war. Remus nickte. 

"Ich bin auch überrascht", gab er zu. "Wenn ich daran denke, wie es Sirius ging, als er damals zurückkam...ich meine, versteh mich nicht falsch, ich bin erleichtert, dass Regulus so okay ist. Aber..."

"Aber du fragst dich, wie viel davon gespielt ist und wie kaputt er unten drunter ist und nur nicht zeigt?"

Remus nickte und Edyta lächelte traurig und griff nach seiner Hand. 

"Du betrachtest die Situation von der falschen Seite", sagte sie ruhig. Er runzelte irritiert die Stirn. "Regulus durchlebt nicht das gleiche wie Sirius. Er durchlebt das gleiche wie du." 

Remus schüttelte den Kopf. 

"Nein, es ist die gleiche Situation wie bei Sirius!", protestierte er. "Er hat Jahre verloren und muss sich jetzt wieder in eine Welt einfinden, die ohne ihn weitergemacht hat. Es ist im Grunde eine billige Kopie von der Sache damals." 

Edyta schmunzelte und drückte seine Finger. 

"Aber für ihn ist es nicht so", erinnerte sie ihn. "Er hat keine Zeit verloren. Für ihn hat sich die ganze Welt in einem Wimpernschlag gedreht. Von einem Moment auf den anderen war der Krieg vorbei, sein Lebensziel erreicht und auf einmal hat er eine Familie, ein neues Leben, das seine Aufmerksamkeit braucht. Kommt dir das nicht bekannt vor?" 

Remus blinzelte. Jetzt, wo sie es so formulierte...

"Ok", sagte er dann. "Aber das bedeutet, dass er nicht ok ist, oder? Er tut so, als wäre er es, aber er ist es nicht." 

Der Buchladen im LigusterwegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt