new arrival

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Bittere Galle brennt in meinem Hals. Gerade noch rechtzeitig stürme ich in das angrenzende Bad, um mich zu übergeben. Krämpfe lassen meinen Körper erbeben und stumm spreche ich zu meinem Vater, dass dieser verdammte Mist bitte nur ein Albtraum sein soll, aus dem er mich gleich aufweckt.

Bitte, bitte, bitte ...

Doch es passiert nichts. Ich knie noch immer tränenüberströmt vor der Toilette. Erschöpft lehne ich mich an die Wand, als mein Magen sich beruhigt. Mir ist klar, dass ich für die Angestellten und mich eine Entscheidung treffen muss. Aber nicht in diesem Zustand. Weswegen ich die Überreste meines Zusammenbruchs in der Dusche wegspüle und mich danach in das Bett meiner Mutter lege. Auch wenn sie meinen Vater und mich ein Leben lang betrogen und belogen hat, bleibt sie meine Mutter, die ich auf irgendeine verkehrte Art und Weise immer lieben werde.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist es 6 Uhr. Die ganze Nacht verbrachte ich damit, mich von einer Seite auf die andere zu wälzen und über meine nächsten Schritte nachzudenken. Die ich jetzt bereit bin, umzusetzen.

Ich ziehe mir also eine beige Stoffhose, ein weißes Hemd und weiße Sneaker an. Den Rest meines Kleiderschrankes - den ich im Laufe der letzten Monate ebenfalls in das Zimmer von Lyssa verlegte - stopfe ich in einen Rucksack. Es ist nicht viel, aber wenigstens ein paar Shirts zum Wechseln werde ich brauchen. Während ich meine Haare zu einem Knoten binde, suche ich mir aus einer Schublade einen Stift und Papier. Alles mögliche fliegt mir durch den Kopf. So viele Dinge, die ich sagen möchte, doch schlussendlich beschränke ich mich auf das Nötigste.

Verschwindet von hier und sucht euch Schutz.

Für mehr fehlen mir Zeit und Worte. Ich falte die Botschaft einmal in der Mitte, dann mache ich mich die Treppe hinunter auf den Weg in den Bereich unserer Bediensteten. Dort schiebe ich den Zettel durch den Türschlitz meiner Vertrautesten. Ich weiß, sie wird die anderen beschützen und den richtigen Weg nehmen. In die Hauptstadt können sie nicht fliehen, aber wenn sie den Fluss an der richtigen Stelle überqueren, gelangen sie in eine abgelegene Stadt, die Platz hat für Verstoßene wie sie.

Ein letztes Mal lasse ich den Blick über die einst so prächtige Eingangshalle schweifen, die nun verwahrlost vor mir liegt. Und dann breche ich abermals auf. Nun für immer.

***

Kaum, dass ich meine Faust erhebe, wird die Tür schon geöffnet. Dakota steht fertig angezogen und mit erhobener Braue vor mir. Sie scheint genau zu wissen, warum ich hier bin. <Komm rein. Wir haben viel zu besprechen.>

Dieses Mal führt sie mich nicht in die gemütliche Küche, sondern in eine Art Bibliothek, in der ein wuchtiger Holztisch steht und um den die restliche Gruppe bereits versammelt sitzt. Ein reges Gespräch ist im Gange. Ich kann nur wenige Wortfetzen aufschnappen, aber Dinge wie Angriff und Kampf lassen mein Blut gefrieren.

Als Ryett und die Jungs mich bemerken, ebbt die Unterhaltung sofort ab. Die Rothaarige springt auf und schlingt die Arme um mich. <Es tut mir so leid. Wir sind für dich da!> Ich versteife mich unter ihrer Berührung, woraufhin sie mich loslässt und an den Tisch führt. <Ich mache dir einen Beruhigungs-Tee.> meint sie fürsorglich und verschwindet noch im selben Moment.

Alles geht so furchtbar schnell, dass mir schlecht wird, obwohl mein Magen leer ist. Ruhe bekomme ich trotzdem nicht.

<Seit wann genau ist Lyssa verschwunden?> beginnt Dakota damit mich zu löchern.

Innerlich mache ich mich auf viele anstrengende Stunden gefasst, denn jede einzelne davon wird mich noch mehr zerstören. Ich habe gestern den letzten kleinen Teil meiner Familie verloren. Wie sollte ich nicht daran kaputtgehen? Wie sollte ich nur ansatzweise so tun, als wäre nichts gewesen? Als würde ich nicht daran verbluten? <Ich bin heimgekommen, da war sie schon weg.> schildere ich so knapp es geht.

Kingdom of lost magicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt