Lilian I - Eine unbekannte Welt

Kapitel 23 - In welchem sie Teil einer Familie wird /2

Der Schulleiter setzte sich wieder und ich schüttelte grinsend den Kopf. Im nächsten Moment klappte mir vor Staunen die Kinnlade auf den Tisch. Hunderte von goldenen Tellern waren entlang des Slytherin- und der anderen Haustische erschienen. Und mit dem Gedeck, dutzende Speisen. Pudding, Hühnchen, Bratwürstchen und Maiskolben, Pasteten, Pfefferminzbonbons und Kuchen mit Schlagsahne, Kartoffelpüree, Suppe, Braten und Eiscreme. Alles, was man sich nur erträumen konnte. Die Hälfte davon hatte ich in meinem Leben noch nie gesehen, geschweige denn probiert. Ich war so mit Staunen beschäftigt, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte.

Elias stieß mich mit dem Ellenbogen sanft in die Seite und erklärte mit selbstsicherem Gesichtsausdruck: „Der Trick ist, von allem, was du essen willst nur ein bisschen was zu nehmen. Gerade so viel, dass du es kosten kannst, aber nicht so viel, dass du das Gefühl bekommst, etwas gegessen zu haben. Irgendwie so." Er verzog kurz nachdenklich das Gesicht, bevor er wieder grinste. „Habe ich in Shanghai gelernt. Da gibt's quasi überall All-you-can-eat Restaurants. Als wir nach Peking weitergereist sind, war ich schon Profi."

Ich bedankte mich lachend für den Tipp und begann dann meinen ersten Gang mit Bratkartoffeln, Hühnchen und Erbsen.

Das Essen schmeckte köstlich und ich lauschte interessiert den Gesprächen um mich herum. Die anderen Erstklässler stellten sich gegenseitig vor und erzählten von ihren Familien und wo sie her kamen. Ich versuchte mich, so gut es ging rauszuhalten. Und wenn mir doch jemand eine Frage stellte, dann antwortete ich so knapp und ausladend wie möglich, um keine weiteren Fragen herauszufordern.

„Was ist mit deiner Familie?" - „Ich heiße Soldier. Meine Familie ist tot."

Nach einer Weile wusste ich die Namen der anderen Schüler um mich herum und war erleichtert, dass sie mich größtenteils in Ruhe ließen, ohne mich jedoch zu ignorieren. Auf diese Weise konnte ich mir langsam ein Bild von ein paar meiner Klassenkameraden machen, ohne direkt mit ihnen kommunizieren zu müssen.

Esma, wie wir Esmeralda nennen sollten, war ein lustiges, teilweise ein bisschen überdrehtes Mädchen mit honigblonden Zöpfen, die ihr bis über die Schultern gingen und strahlend türkis-blauen Augen und sie war ein Halbblut. Die Frage der Abstammung wurde hier als eine der ersten geklärt.

Cathrin - oder Cat - war ein Reinblut, wie sie mit nicht wenig stolz verkündete.

Sie war eine unübertroffene Draufgängerin, wusste alles besser und kommentierte ständig, dass ihre Eltern Professor Dumbledore kannten und dass Dumbledore sie als sehr mächtig bezeichnet hatte. Und wenn Dumbledore das sagte, dann war sie ja schon so gut wie Jahrgangsbeste.

Diesen letzten Kommentar nahm ich persönlich. Immerhin kannte ich Dumbledore selbst, nicht durch meine Eltern, und auch zu mir hatte er gesagt, ich sei sehr mächtig. Wenn das alleine einen zum Jahrgangsbesten machen würde, dann hatte Cat nun eine Konkurrentin. Natürlich sagte ich das nicht laut.

Als alle um mich herum nach und nach mit dem Essen fertig wurden, wanderte mein Blick abwartend durch die Halle. Dumbledore würde vermutlich noch eine Rede halten, sobald alle fertig waren. Über Regeln und Gebote und Sperrstunden etc. Davon wollte ich natürlich kein Wort verpassen, denn wie sonst sollte ich die Schlupflöcher finden, die es mir erlauben würden, Hogwarts genauer kennen zu lernen, als jeder andere hier.

Prompt erhob sich in diesem Moment der Schulleiter von seinem Sessel in der Mitte des Lehrertisches und klopfte mit seinem Zauberstab auf den Rand des Rednerpults. Die goldene Eule, welche das Pult zierte, breitete ihre langen, fein gearbeiteten Flügel aus und Ruhe kehrte in der Großen Halle ein.

„Jetzt, da wir alle gefüttert und gewässert sind, nur noch ein paar kurze Worte und Mitteilungen zum Schuljahresbeginn.

Die Erstklässler sollten beachten, dass das Betreten des Verbotenen Waldes - wie der Name schon sagt - für alle Schüler strengstens untersagt ist.