28 / goodbye

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Die Sanitäter luden die bewusstlose Bree auf eine Liege und schoben sie in den Krankenwagen. Ihr Puls war schwach, aber noch vorhanden. Das entnahm ich jedenfalls den Gesprächen unserer Retter.

Das schlechte Gewissen nagte an mir. Vorwürfe. Hätte ich keinen Stress gemacht, rechtzeitig auf Vincents Date zu erscheinen... Wären wir nur fünf verdammte Minuten früher losgefahren, käme Jordan uns nicht entgegen und Cecilia wäre nicht abgelenkt gewesen. Sie hätte das Lenkrad nicht herumgerissen und die Kontrolle über das Auto behalten.

Die benommene Cecilia wurde aus dem Auto gehoben. Sie hing teilnahmslos in den Armen des Sanitäters und war dem Blitzlicht der Passanten gnadenlos ausgeliefert. Sie schossen Fotos wie die Irren. Nur wenige boten tatsächlich ihre Hilfe an. Notfallsanitäter sperrten den Unfallsbereich ab und drängten die gaffenden Idioten zurück. Ich hatte nur Augen für Cecilia, die zwar bei Bewusstsein war, jedoch nur wenig mitzubekommen schien, was um sie herum passierte. Vielleicht war das besser so.

Sie untersuchten mich auf äußere Verletzungen und stellten ein paar Fragen, die ich meist nur mit einem knappen Nicken oder Kopfschütteln beantwortete. Der Schock saß tief. So tief, dass ich außer Stande war, ordentliche Sätze zu formulieren. Brees Anblick auf dem harten Asphalt ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Die Art, wie sie reglos auf der Straße lag und die Blutlache, die sich unter ihrem Kopf ausbreitete.

Es kam sehr gelegen, dass sie mich zur Beobachtung über Nacht ins Krankenhaus einliefern wollten. Dann erfuhr ich wenigstens zeitnah, wie es um Cecilia und Bree stand.

Bree.
Bree, die in jungen Jahren ihre Schwester verlor.
Bree, aus der ich nie hundertprozentig schlau wurde.
Bree, die sich selbst treu blieb.

Trotz Cecilias fiesen Kommentaren ging sie weiterhin nicht zu Partys, auf die die gesamte High School erschien, kleidete sich weiterhin in farblosen, unscheinbaren Pullis und sprach offenkundig ihre Liebe zu Biologie aus. Bree, mit den hellbraunen Rehaugen, Sommersprossen und stets ein fröhliches Lächeln auf den Lippen.
Bree, die immer zur Stelle war, wenn man sie brauchte. So wie Vincent bei seinem Date.

Die Fahrt zum Krankenhaus verflog in Windeseile, ebenso die nachfolgende Untersuchung. Sie informierten meine Mutter und sprachen den Verdacht auf eine Gehirnerschütterung aus.
Und dann begann die elende Warterei. Keiner beantwortete meine Fragen zu Bree oder Cecilia. Ich suchte eine Ablenkung, aber meine Gedanken kehrten immer wieder zu den Geschehnissen des Nachmittags zurück. Die Minuten krochen quälend langsam dahin. Jede einzelne schien eine ganze Stunde zu dauern. Ich saß auf glühenden Kohlen. Die Uhr an der Wand tickte. Sie tickte. Und tickte. Und tickte. Und es passierte nichts.

Eine Stunde später stürmte meine aufgekratzte Mum ins Zimmer, fasste halb hysterisch an meine Stirn, als würde ich unter schlimmem Fieber leiden und sank erschöpft auf den Stuhl neben dem Bett.

,,Hast du eine Ahnung, wie viele Sorgen ich mir auf der Fahrt hierher gemacht habe?", platzte es vorwurfsvoll aus ihr heraus, als sei es meine eigene Schuld, dass Cecilia den Unfall verursachte. In Mums Augen schimmerten verzweifelte Tränen. ,,Zuerst John und jetzt das... Ich hatte solche Angst."

Der Name meines Vaters versetzte mir einen Stich. ,,Es tut mir Leid, Mum", flüsterte ich. ,,Das wird wieder, versprochen. Der Aufprall hat mich nicht schlimm getroffen. Cecilia saß am Steuer."

Und dann brach ich doch noch in Tränen aus. Es kam schlagartig über mich. Es machte mich fertig nicht zu wissen, wie es Bree und Cecilia ging. Die Unwissenheit zehrte an meinen Kräften.

Mum stellte keine Fragen, hakte nicht mehr nach oder machte mir Vorwürfe. Sie nahm mich in den Arm und redete leise auf mich ein, bis ich mich wieder beruhigte. ,,Ich werde mich nach den beiden erkundigen. Die werden sich nicht trauen, mich abzuwimmeln, okay?"

Barbie Devilish ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt