Kapitel 35

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Wie die anderen die Verletzten versorgen und auf die Pferde verluden, war ich abwesend und in tiefer Trauer versunken. Erst als Fíli verklärte, es sei Zeit loszugehen und mir aufs Pferd helfen wollte, sah ich wieder auf. Auch während des Rittes nach Helms Klamm sagte ich nichts, bemerkte fast nichts. Am Ziel angekommen, kam augenblicklich Éowyn zu mir, als sie meinen Gesichtsausdruck und meine Tränen bemerkte schluckte sie und fragte nach Aragorn. Ich selber brachte keinen Ton heraus, es war Gimli, der die Nachricht überbrachte. Auch Éowyn reagierte ähnlich, jedoch verkroch sie sich sehr bald darauf wieder. So vergrub ich mein Gesicht wieder an der Brust meines Mannes, der mir beruhigend über die Haare und den Rücken strich während er seinen Kopf auf meinen lehnte. Dann tat er etwas, was er noch nie tat, er sprach sanfte Worte auf Khuzdul zu mir.

"Fíli", erklang auf einmal eine Stimme neben uns "Der König will Euch sprechen" Als Fíli den Kopf hob, drückte ich mich automatisch fester an ihn, ich wollte auf keinen Fall, dass er ging. Nicht in diesem Moment. Erneut wurde Fíli angesprochen und aufgefordert mitzukommen, da löste er sich langsam von mir.

"Nein, lass mich bitte nicht alleine, Fíli", flüsterte ich kraftlos.

"Es tut mir leid, ich komme so schnell wie möglich wieder zurück!" Glücklicherweise tauchte auch Kíli neben uns auf, so wurde ich ihn seine Arme gedrückt und mein Mann folgte den anderen.

"Willst du dich hinsetzten?", fragte Kíli sanft. Die Tränen wegwischend nickte ich, worauf wir beide uns an einer Wand neben anderen Frauen und Kindern niederliessen. "Wie geht es deinem Arm?"

"Eigentlich gut, ich spüre nichts mehr", entgegnete ich monoton, es stimmte wirklich. Vor zwei Tagen war der gesamte Schmerz verflogen.

"Ich kann nachvollziehen, wie du dich fühlst, genauso ging es mir damals auch", meinte er dann.

"Wieso? Wann...?", stotterte ich.

"Weisst du nicht mehr, in der Schlacht damals um Erebor, als Fíli..."

"Stopp, hör auf, ich will das nicht hören!", unterbrach ihn gellend. Dafür hatte ich einfach nicht die Nerven. Bereits früher konnte ich nicht auf dieses Thema angesprochen werden, in diesen Moment schon gar nicht.

"Entschuldigung, es tut mir leid!" Für eine Weile sagte er nichts, dann setzte er wieder an. "Willst du etwas reden, oder lieber nicht?" Darauf zuckte ich bloss mit den Schultern, hoffte, dass Kíli mich trotzdem in Ruhe liess. Was mich noch mehr bedrückte war, dass es keinen zweiten Erben für den Thron Gondors gab, es lag an mir allein, die Menschenreiche zu regieren, ich musste Fíli wohl oder übel verlassen.

Man konnte Fíli sofort ansehen, dass ihn irgendetwas beschäftigte, als er wiederkam, augenblicklich war ich bei ihm und wollte wissen was los war.

"Es scheint, als würde es noch einen Kampf geben irgendwann, ich weiss nicht, ob wir genug sind um einen Sieg zu erlangen, aber Theoden meint, die Festung sei uneinnehmbar. Er wollte wissen, was ich täte, würde der Erebor angegriffen."

"Was würdest du? Und das hat er doch schon mal gefragt?"

"Kann sein, dass er das bereits einmal erfahren wollte, aber was ich tun würde weiss ich nicht... es kommt auf die Stärke des Feindes an, kämpfen oder bloss unsere Heimat verteidigen."

Während zwei Tagen waren alle dabei, die Festung ein wenig angriffssicherer zu machen, sollten wir wirklich angegriffen werden. Ich aber kümmerte mich mehr um die Frauen und Kinder, sowie die Verletzten. Seltsamerweise hatte ich den Tod meines Bruders ziemlich schnell einigermassen verarbeitet, ob es daran lag, dass ich ihn solange nicht mehr gesehen hatte? Mehr Sorgen machte mir, dass ich Gondor regieren müsse und Fíli verlassen. Eine Weile war ich bereits dabei, einer alten Frau das Essen zu geben, da sie zitterte, fütterte ich sie mit dem Löffel.

Durins ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt