Ein paar letzte Anweisungen

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Der Zeitpunkt rückte immer näher. Albus würde bald sterben. Dessen war sich Rosalie schmerzlich bewusst. Auch wenn sie Albus nicht so nahe stand wie manch andere kannte sie ihn besser als jeder andere. Bei jedem ihrer Gespräche von Albus bestand nun das Risiko, dass es das letzte sein könnte.

Er hatte ihr alles zu den Horkruxen und der Legende der Heiligtümer des Todes erzählt. Der unbesiegbare Elderstab, der unsichtbar machende Umhang und der Stein der Auferstehung.

Das Märchen von den drei Brüdern hatte Aberforth ihr früher mal vorgelesen. Nie hätte Rose es für möglich gehalten, dass dieses Märchen wahr sein könnte. Das und "Der Brunnen des wahren Glücks" waren immer ihre Lieblingsmärchen von Beedle dem Barden.

Es schockte Rosalie, als Albus ihr erzählte, dass sein Zauberstab der berüchtigte Elderstab sei. Wenn Voldemort davon erfahren würde, würde er bestimmt alles tun, um diesen Zauberstab in die Finger zu kriegen.

Albus gab ihr genaue Instruktionen. Er erklärte ihr auch seine weiteren Pläne und hatte auch alles für nach seinem Tod geregelt. Sogar seine eigene Beerdigung hat er geplant.

Rose verstand wirklich nicht, wie Albus damit so leichtfertig umgehen konnte. Aber er meinte nur: "Es gibt Schlimmeres als den Tod. Das ist eine der Dinge, die Voldemort nie begreifen wird. Bedaure nicht die Toten, Rose. Bedaure die Lebenden."

Harry hatte Rosalie von all seinen Abenteuern erzählt, die er in den Schuljahren erlebt hat, bevor er sie kennengelernt hat. Er hatte ihr alles so detailliert wie möglich beschrieben, dass es ihr so vorkam, als wäre sie da dabei gewesen.

Und nun stand sie hier. Im Mädchenklo des zweiten Stockwerks. Im Klo der Maulenden Myrte, das eigentlich niemand betrat. Nun begriff Rosalie, dass die anderen doch nicht so sehr übertrieben haben, was Myrte betraf.

"Wer bist du und warum störst du mich in meinem Reich? ... Du bist wirklich hübsch ... Wahrscheinlich eine arrogante Tussi, die mir sagen will, wie hässlich ich doch bin? ..." Sie hörte ja gar nicht auf mit Reden!

Also ignorierte Rose sie. Myrte war ein Geist und konnte ihr sowieso nichts tun. Sie ging geradewegs auf das riesige Waschbecken zu und schaute sich alle Wasserhähne an, bis sie den mit der Schlangenverzierung fand.

"Öffne dich.", sprach sie auf Parsel.

Furchtlos sprang sie in den frei gelegten Zugang und rutschte das breite Abflussrohr entlang. Dann landete sie in einem mannshohen Steintunnel. Mit einem "Lumos" verschaffte sich Rose ein wenig Licht an diesem finsteren Ort.

Am Ende des Tunnels fand sich Rose an einer Mauer wieder, auf der zwei steinerne Schlangen mit smaragdenen Augen einen Eingang bewachen. Wieder befahl sie auf Parsel den Schlangenbildnissen, den Weg freizugeben. Sie trat ein und staunte nicht schlecht.

Als kleine "Kammer" konnte man das nun wirklich nicht bezeichnen. Sie stand in einer langgezogenen Halle mit hohen schlangenverzierten Säulen, die den Weg zur überdimensionalen Statue von Salazar Slytherin säumten. Alles war ganz in ein grünliches Dämmerlicht getaucht.

Und mitten auf dem steinernen Weg war das gigantische Skelett eines sehr toten Basilisken. Rose konnte immer noch kaum fassen, dass ihr Bruder diese Bestie tatsächlich eigenhändig erlegt hatte.

Gezielt steuerte sie das Knochengerüst an und prüfte kurz, ob ihre Drachenhautsschutzhandschuhe auch keine Löcher aufwiesen. Sie wollte kein Risiko, was diese Sache hier betraf, eingehen. Sie holte den Beutel, den sie extra mitgenommen hatte, hervor.

Vorsichtig riss sie dem Basilisken so viele Zähne aus, wie in den Beutel passten. Es blieben zwar welche am Gebiss übrig, doch die Menge, die Rose bereits hatte, war mehr als ausreichend.

Der Beutel mit den Basiliskenzähnen landete in ihrer kleinen Notfall-Tasche, die sie neuerdings immer bei sich trug. Sie wollte stets auf alles vorbereitet sein. Denn ...

... es hat begonnen.

***

Rosalie und Draco saßen im Slytherin-Gemeinschaftsraum, als plötzlich lauter Schüler und Lehrer in Panik ausbrachen und nach draußen stürmten. Alarmiert folgten die beiden den Massen.

Als sie das Dunkle Mal am Himmel erblickte, wusste Rosalie sofort, was los war, bevor sie seinen Leichnam sah. Der Zeitpunkt war gekommen. Albus Dumbledore war tot.

Langsam trat sie näher und entdeckte ihren Bruder, der weinend bei der Leiche hockte. Ginny kniete neben ihm und versuchte ihren Freund zu trösten.

Professor McGonagall streckte ihren Zauberstab hoch und richtete ihn auf das Dunkle Mal. Ein weißer Lichtpunkt erschien. Sie wollte das Dunkle Mal entfernen. Die anderen taten es ihr gleich und erwiesen so dem besten Schulleiter aller Zeiten die letzte Ehre.

Auch wenn Rosalie ein Jahr Zeit hatte, um sich auf diesen Moment mental vorzubereiten, war dieser Anblick dennoch ein Schock für sie. Wimmernd ging sie neben ihrem Bruder auf die Knie und strich Albus mit zitternder Hand einige verirrte Haarsträhnen sanft aus dem Gesicht.

Dann zog sie Harry in ihre Arme und ließ in an ihrer Schulter weinen, während ihr selbst auch ein paar Tränen über die Wangen rannen. °Wir schaffen das.°, beteuerte sie.

°Nein, nein, nein ... Er ist tot! Alles ist verloren!°, brüllte er in Gedanken.

°Harry, Harry! Hör mir zu: Wir schaffen das!°, widersprach sie ihm und schaute ihn eindringlich und bittend an. °Verlier nicht die Hoffnung! Das würde er nicht wollen.°

Harry konnte keinen weiteren klaren Gedanken fassen und trauerte schluchzend weiter um den seiner Ansicht nach größten Verlust der Zaubererwelt - Albus Wulfric Brian Percival Dumbledore. Der größte Zauberer aller Zeiten.

A woman without a secret is like a flower without a fragranceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt