Kapitel 32

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Was meint er damit? Okay, ich gebe zu, dass das, was er da gerade gesagt hat stimmt, aber irgendwie ist da etwas faul. Da steckt irgendwas dahinter. Wieso basieren unsere jetzigen Themen auf Liebe? "Verallgemeinern wir das mal. Erzählt mir alles, was ihr über die Liebe wisst. Wart ihr selber verliebt?" Ähm, okay, Herr Markus. Können Sie irgendwie Gedanken entschlüsseln? "Also ich finde, dass die Liebe etwas Schönes ist und selber verliebt bin ich", kichert Aleyna. Bestimmt in Can. Wieso sagt man vor dem ganzen Kurs, dass man verliebt ist? Ist man dumm? Hat sie ein Aufmerksamkeitsdefizit? "Man kann sich selber Lieben." Ramazan. Typisch, aber er hat recht. Wenn man sich selber nicht lieben kann, wie soll man dann jemand anderen lieben? Das ist einer meiner Lebensmottos. "Ich glaube, wenn die Liebe - vor allem die erste, große Liebe - nicht erwidert wird, stirbt ein Teil von der Person, die liebt ab. Rein metaphorisch und psychisch gesehen natürlich", erzähle ich. "Wieso glaubst du es?", fragt mich Herr Markus und runzelt die Stirn. "Weil ich es nicht bestätigen kann und ich noch nie verliebt war." Ich höre wie einige anfangen zu tuscheln. Die einen zweifeln daran, während die anderen sagen, dass sowas nicht möglich wäre. Warum denn? Das ist doch nicht so schlimm? Ich bin sicherlich nicht die einzige im Kurs oder in der Stufe. "Can, setz dich doch bitte auf deinen eigentlichen Platz." Ouh, mir ist gar nicht aufgefallen, dass er sich hinter mich gesetzt hat. Auch, wenn ich mich vorhin zu ihm hingedreht habe. Ich habe es wohl einfach nicht realisiert. Wieso hat er sich dort hingesetzt? Während er sich auf seinen richtigen Platz setzt schaut er mich an. "Noch nie verliebt", murmelt er. Ja, noch nie verliebt. Hast du ein Problem damit? Ich verdrehe die Augen.

"Liebe ist Freundschaft", kommt es wieder von Ramazan. "Er hat zu viele Bollywoodfilme geschaut", ruft Malik in den Kurs, weswegen wir lachen. "Bollywood bringt einem viel bei", sagt Ramazan wieder, schmollt und verschränkt seine gut trainierten Arme vor seiner, ebenfalls trainierten Brust. "Es gibt Menschen, die einen von Anfang an faszinieren", sagt Can und spielt mit seinem Kugelschreiber herum. "Und Menschen, die man von Anfang an hasst", füge ich hinzu. Zwar hat es nichts mit Liebe zu tun, aber trotzdem passt es - meines Erachtens. "Hass verwandelt sich schnell in Liebe", kontert Can und dreht sich zu mir, um mich bei unserer wachsenden Diskussion anzusehen. "Hass kann auch einfach Hass bleiben", blocke ich ab und lächele süß. Denkt er jetzt wirklich, er wüsste alles? Man muss auch ein bisschen hypothetisch denken. Nicht alles verläuft glatt. "Es kommt darauf an, wen man hasst. Vielleicht verliebst du dich irgendwann in jemanden, den du anfangs sehr gehasst hast." Worauf will er hinaus? Ich runzele die Stirn, während er provokativ eine Augenbraue hochzieht. Ich werde mich niemals in ihn verlieben! Er soll sich bloß nichts erhoffen. "Shana liebt mich." Ramazan. Wer sonst? Wieder lachen alle, mich mit eingeschlossen, Can hingegen guckt ihn komisch an. Ist er wütend? Ich kann seinen Blick leider nicht deuten. Während des Deutschunterrichtes haben wir Liebesgedichte gelesen. Nicht Besonderes. Wir sitzen gerade wieder auf der Bank und reden.

"Also ich finde, dass es Schicksal ist, dass jetzt das Thema Liebe kommt", flötet Saliha und lächelt vielsagend. "Malik sieht heute voll gut aus. Ich glaube er liebt mich", schnurrt Viyan. Ja, dieses Mädchen ist verknallt in ihn. "Bald sind wir auf Klassenfahrt, da könnt ihr alles machen, was ihr wollt." Cathleen grinst pervers. "Wer sagt, dass Malik was von ihr will?", spreche ich ein, sofort lachen wir Viyan aus. "Ich will mitlachen. Worüber lacht ihr?", fragt Ramazan, der mit Malik und Can zu uns kommt. "Nichts, nichts", murmelt die errötete Viyan. "Sollen wir uns heute treffen?", fragt Malik. Warum denn? Ach ja, wegen der Nachhilfe. Stimmt. "Ja, können wir machen", nicke ich und lächle. "Warum?", fragt Can mürrisch. "Musst du nicht wissen." Ich verdrehe meine Augen. "Also ich will es wissen", mischt sich Viyan lippenschürzend ein. Ouh. Ich habe ihr Verknallt-sein vergessen. "Wir beide haben was vor." Malik zwinkert mir zu. Er versteht und weiß, dass ich Can ärgern will. "Ich will auch", mischt sich Ramazan ein und brummt wie ein kleines Kind. "Wir beide werden uns doch auch treffen, hast du doch vorgeschlagen", erinnere ich ihn und ziehe die Augenbrauen hoch, damit er versteht, worauf ich hinaus gehen will. "Ach ja, stimmt." Zum Glück hat er es verstanden. "Wann soll ich denn kommen?", fügt er fragend hinzu und lächelt, damit es ambivalent rüberkommt. "Ich glaube heute würde nicht gehen, da wir zu wenig Platz hätten. Und für das, was wir machen wollen, brauchen wir viel Platz, weil du es ja bist", antworte ich so zweideutig, wie es geht. Malik und Ramazan gucken geschockt, anscheinend hätten sie nicht gedacht, dass ich so sein kann. Tja. Ich ziehe spielerisch die Augenbraue hoch. "Ich glaube für heute reiche ich", sagt Malik lachend. Ich muss schmunzeln. "Sagt doch einfach, dass ihr heute fickt!", platzt es aus Can.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt