Mom

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Hailey pov.
Ich lief immer weiter und weiter und spürte plötzlich, wie eine warme Flüssigkeit aus meiner Nase floss. Blut. Schnell wischte ich es mit dem Ärmel meines Kleides ab, bevor Alec es sehen konnte, obwohl ich bezweifelte, dass er es in der Dunkelheit sehen würde. "Willst du mich verarschen? Natürlich hast du etwas gesehen!" Ich verdrehte leicht die Augen und lief schneller. "Hailey!... gott, du bist so kompliziert!" rief er und stürmte mir nach. "Antworte mir! An was hast du dich erinnert?!" Mir kamen Tränen hoch, doch ich drängte sie zurück, es war alles falsch, alles, was ich bisher gedacht hatte, alles, was ich über meine Vergangenheit wusste, war eine Lüge, ein einfacher Irrtum, der mein ganzes Leben betraf. Ich spürte Alecs Hand, die nach meinem Handgelenk griffen und mich vorsichtig an die Tunnelwand drückte. "Erzähl mir alles!" Meine Hand versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, doch er umklammerte sie nur noch fester. "Alec... ich will hier raus, ich brauche Luft... ich ersticke!" schluchzte ich und fühlte mich tatsächlich so, meine Atemzüge wurden tiefer und der Abstand zwischen ihnen nahm ab. "Nein, du erzählst mir zuerst alles!" sprach er und kam noch näher. Automatisch schoss meine Hand zu meiner Nase, um zu verbergen, dass sie noch immer blutete, er würde sich zu viele Sorgen machen...

"Mein ganzes Leben ist eine einzige Lüge, das ist los, Lightwood!" flüsterte ich leise. Überrascht liess er mich los, wahrscheinlich hatte er nicht mit so einer Antwort gerechnet oder vielleicht auch, weil ich ihn Lightwood genannt hatte. Ich stürmte aus dem Gang raus, ich brauchte Ruhe, ansonsten würde ich sofort in Tränen ausbrechen, das wollte ich weder vor Alec, noch vor sonst jemandem.

Alec pov.
Ich liess sie gehen, sie würde mir gerade eh nichts erzählen, dennoch folgte ich ihr auf einigem Abstand, nur um zu garantieren, dass sie in Sicherheit war.

Hailey pov.
Die ganze Zeit hinüber hatte ich nie an meine Mutter gedacht, kein einziges Mal. Ich war verschwunden, am gleichen Tag, wie sie von dem Besuch bei einer Freundin zurückgekommen war, nie hatte ich geglaubt,  sie könnte mich vermissen, sich Sorgen machen. Und jetzt, als viele Erinnerungen wieder aufgekommen waren, jetzt kam sie mir erst wieder in den Sinn. Ich verstand gar nichts mehr, das einzige was ich aus den Erinnerungen entnehmen konnte war, dass ich einen Bruder hatte, mehr noch, einen Zwillingsbruder und er war tot. Gestorben als Kind, Jonathan Wayland.

Ich verliess das Areal und ging in Richtung meines Hauses. Es fühlte sich an, als wäre ich Jahre nicht mehr dort gewesen, doch es waren nur wenige Tage. Nichts schien mir mehr bekannt vorzukommen. Nicht die geblümten Vorhänge, nicht das weisse Ledersofa und auch nicht der weisse Teppich, der so ziemlich in der Mitte einen roten Fleck hatte. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie das passiert war. Es gab Tage in meiner Vergangenheit, wo ich es hinbekommen hatte, mir ein halbes Loch in den Kopf zu rammen, einfach weil ich mir den Kopf am Tisch angeschlagen hatte. Doch meine Mutter hatte immer das Blut aus meinen Haaren gewaschen, es verbunden und tatsächlich war es dann nach einer kurzen Zeit vollkommen verheilt. "Mom?" schrie ich durch die Wohnung und zitterte bereits bei der Vorstellung, dass ich sie vielleicht so wie Em vorfinden könnte. Nicht meine Mutter... wenn sie das überhaupt war. Jedes Anzeichen sprach dagegen. Meinen Nachnamen... Wayland. Meine Mutter hiess Castor und so hatte ich mich auch immer genannt, aber meine Erinnerungen sagten was anderes. Die Tatsache, dass sie niemals meinen toten Bruder oder meinen toten Vater erwähnt hatte und das ich sie nicht in den Erinnerungen gesehen hatte. "Mom!" Plötzlich legte sich eine schwere Hand auf meine Schultern. Für einen kurzen Augenblick schien mein Herz stehenzubleiben, doch dann drehte ich mich um und sah in die braunen Augen meiner Mom. "Hailey! Dir geht es gut!" schluchzte sie und drückte mich in ihre Arme. "Wo warst du so lange? Was hast du getan? Ist dir etwas passiert?" flüsterte sie und strich über meine Haare. Meine Mom, eine junge Frau, braune Haare, braune Augen mit einem etwas golden scheinenden Ring darin. Ich rückte leicht unsicher von ihr weg. "Was ist denn?" flüsterte sie verwirrt. Mir kamen Tränen hoch, ich war so froh, dass ihr nicht passiert war, dennoch war da dieses Misstrauen...

"Du bist nicht meine Mutter." flüsterte ich und nahm Abstand. "Was redest du? Ich bin Helena Castor... deine Mutter." sagte sie unsicher. Ich schluckte und blickte in ihre vertrauten Augen. "Du bist Helena Castor... aber nicht meine Mutter."

Twins (Alec Lightwood FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt