46| Spielrunde 1

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FROHE WEIHNACHTEN!♥
Als Weihnachtsgeschenk schenke ich euch täglich ein neues Kapitel bis zum Neujahr;)
Eure Entscheidung, ob ihr einige Tage abwarten wollt, oder euch von der Spannung einwickeln. Die Geschichte neigt sich nämlich dem Ende zu, Leute:(

-Claires Sicht-

Ohne ein Wort verließ ich das Haus und machte mich auf den Weg zur Schule. Ich verabschiedete mich von keinem, sprach mit niemandem, verschwand lediglich aus dem Haus, welches mir nicht die gewünschte Sicherheit schenken konnte.

Tage waren vergangen, aber jeder meiner Freunde ging es gut. Niemand von ihnen war verletzt, jedoch hatte ich Angst. Angst, dass sie bloß schwiegen; dass sie ebenfalls Opfer meiner Tat wurden.

Ich wollte nicht, dass meine Freunde meinetwegen zu leiden hatten. Dies war eine Sache zwischen diesem Fremden und mir. Doch wenn er mir noch geschrieben hatte, es sei zu spät für jemanden, dann war es auch so.

War.war.hier.los?

Die Kopfschmerzen, welche seit Tagen immer vorhanden waren, machten sich wieder besonders bemerkbar heute. Süß, wie sie dachten, ich könnte sie vergessen, dabei spürte ich jede Sekunde die störende Anwesenheit meiner Migräne.

Verkrampft kam ich an der Schule an. Ich schaute mich kurz auf dem Schulhof um. Es waren überraschend viele Leute bereits anwesend. Oder ich war einfach nur sehr spät. Es spielte keine Rolle, weil niemand meine Anwesenheit so wirklich bemerkte.

Meine Freunde hatten sich von mir distanziert. So sah ich sie jeden Tag, saß auch immer bei ihnen, aber insgeheim nahmen sie mir meine Verschwiegenheit noch böse. Und mein gottverdammtes Gewissen machte sich bemerkbar, weil es Verständnis zeigte.

Ich wäre genauso angepisst, wenn meine jahrelange beste Freundin mir nicht ihr Geheimnis verraten würde. Doch andererseits würde ich auch verstehen, dass einige Angelegenheiten mich nichts angehen würden. Nichts.

Mein Blick blieb bei Mel stehen. Sie hatte seit dem letzten Mal nicht mehr mit mir geredet. Anscheinend hatte sie ihr eigenes Mittel gefunden, sich an Nathan ranzumachen. Zumindest, wenn man danach ging, wie sie ihm in den Armen hing, während er mit Jason redete. Liz stand daneben. Sie sah mich und lächelte mich kurz an. Ich zurück. Doch durch ihre Geste wurden auch ihre Freunde auf mich aufmerksam.

Mein erzwungenes Lächeln schwand dahin, als ich den seltsamen Blick in Nathans Augen sah. Etwas in ihnen beängstigte mich. Ich fühlte mich auf einmal unglaublich bedrängt, weshalb ich automatisch einen Schritt zurücktrat. Meinen Blick entriss ich dem Augenkontakt.

Er blieb bei Adam, meinem Jetzt-Nicht-mehr-Nachbar, stehen. Er stand gleich hinter Mel – mit dem Rücken zu ihr gewandt – und schien sich mit Bettina über etwas zu unterhalten. Ich verdrehte meine Augen, als ich sah, wie Bettina sich ihr Oberteil ein wenig zu tief hinabgezogen hatte.

Reiß dich zusammen, bitte. Danke. Einfach ruhig bleiben.

Ein Vibrieren ertönte. Mit einem Mal war alles um mich herum vergessen. Stille umgab mich. Stille und Angst. Zaghaft griff ich nach dem kleinen Technikgerät, welches das Bedrohen von Menschen für Psychopathen zu sehr vereinfachte. Eine neue SMS. Eine Gänsehaut überkam mich.

‚Lass uns ein Spiel spielen. Wir fangen leicht an. Regeln: Tu, was ich dir sage, oder ich werde deinem kleinen süßen Freund ein paar Knochen nehmen. Fünf Minuten, um Mel den leckeren Erdbeermilchshake über ihre neuen Extensions zu kippen.'

Jetzt darfst du ausrasten.

Wen meinte er? Mich machte es wütend, nie zu wissen, von wem die Rede war. Aber es musste mein Freund sein. Mit einem Mal tauchten tausende Bilder von meinen Freunden in meinem Kopf auf, die mit jedem Auftauchen meine Kopfschmerzen verstärkten. Dean. Logan. Phillip. Jack. Nate.

Scheiße.

Ein Blick neben mich zeigte mir, dass dort tatsächlich ein Erdbeermilchshake stand. Das hieß, die Person musste vor kurzem neben mir gestanden haben. Gänsehaut überkam mich. Ich mochte die Vorstellung auf keine Art und Weise, dass er nur wenige Meter neben mir gestanden haben soll.

Widerwille machte sich in mir breit. Ich wollte nicht; es entsprach meinem Charakter ganz und gar nicht, eine derart dumme Tat zu begehen und das vor allem ohne Grund. Doch der Gedanke, Schuld daran zu haben, dass ein Freund von mir Körperteile verloren haben soll, brachte mich noch mehr um.

Tiefeinatmend schloss ich kurz die Augen und steckte das Handy weg. Entschlossen bückte ich mich und hob den Becher auf und lief schnurstraks zu der blonden Engelserscheinung. Ich ließ mich von niemandem ablenken. Auch nicht von den irritierten Blicken von Nathan, Jason, Ash, Dean oder sonst wem.

Viel zu sehr verstörten mich die Bilder, welche meinem Unterbewusstsein gerade demonstrierten, wie meine Freunde reagieren würden, wenn ich zugelassen hätte, dass man ihnen wehtat.

Bevor ich mich anders entscheiden konnte, kippte ich den Inhalt des Plastikbechers über den blonden Kopf aus. Ich verstand mich mit diesem Mädchen absolut nicht und ehrlich gesagt hätte ich dies auch sehr genossen, hätte sie mich davor zumindest provoziert. Mir wirklich großes Unrecht getan.

Aber so benahm ich mich nur wie eine aufspielende Schlampe. Und zeitgleich war mir bewusst, dass er genau dies erreichen wollte. Dass mich jeder verließ.

Ein Kreischen ertönte von ihr.

Mein Herz übertönte es jedoch. Das Pochen war so schnell und laut, dass ich befürchtete, gleich sterben zu müssen. Und auf eine seltsame Art und Weise hatte ich in diesem Moment nichts dagegen einzuwenden.

„Du Schlampe", schrie Mels schrille Stimme. Ich zuckte zusammen. Trat zurück. Realisierte erst dann die Situation.

Mein Blick schwirrte durcheinander hin und her und versuchte das Szenario an mein Gehirn weiterzuleiten. Ein Plastikbecher. Mel. Blonde Haare voller pinker Dickflüssigkeit. Ihr wütender Gesichtsausdruck. Bettinas Aufquietschen. Adams Schock und Verwunderung, aber auch Strenge und Tadel. Das scharfe Einziehen von Luft von Nate. Mein Blick schweifte in die Umgebung. Jeder schaute uns an. Jeder schaute mich an.

Ein Vibrieren. Ohne ein Wort nahm ich es heraus. ‚Punkt für dich.'

Und dann, erst nachdem ich diese Worte gelesen hatte, verstand ich, was ich gerade getan hatte. Mit wem ich mich gerade angelegt hatte. Schockiert hob ich meinen Blick. Sah in Nathans Augen. Schaute zu Adams Augen. In die blanke Enttäuschung, die mir mein Herz gefrieren ließ. Er war für mich immer wie ein Onkel gewesen, den ich nie hatte, und jetzt zu sehen, wie er gerade von mir dachte, ließ mich verzweifeln.

„Es... Es tut mir leid", stammelte ich und trat zurück. Ich ließ den Becher fallen, drehte mich um. Drehte mich um und rannte weg. Hauptsache nicht mehr in der Nähe dieses Teufelsortes.

Ich wollte so nicht mehr weitermachen. Wenn er ein Spiel spielen wollte, dann bitte nicht mit mir. Die Vorstellungen eines leichten Anfanges waren für mich zu viel. Viel lieber würde ich sterben wollen, als letzten Endes von jedem gehasst und verachtet zu werden.

„Hey, Claire, warte."

Habt ihr schon eine Vermutung, wer es sein könnte?;)
Freue mich über Kommentare und Votes♥ xxT~

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