Kapitel 93

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Montag, 8. Januar

Die Ferien sind verdammt schnell vergangen, aber auch diesmal freue ich mich meine Freunde wieder zu sehen. Ich konnte die neue Information sehr schnell verdauen und das kommt mir sehr zu gute. Wieso sollte ich auch deswegen verzweifeln? Es sind nur Can und Elif, mehr nicht, nichts Besonderes. Mit zügigen Schritten laufe ich durch das Tor und erblicke meinen Kreis plus Elif, die ich gleich wieder ausblende und mit einem Grinsen zu meinen Freunden laufe und jeden umarme. "Was hast du?", fragt Viyan und schaut mich skeptisch an, während ich Saliha umarme. "Es ist ein schöner Tag", gebe ich schlicht von mir und zucke mit den Schultern. Mit einem vielsagendem Blick schaue ich nun zu Can, der mich mit demselben Blick beäugt, und gebe ihn elegant die Hand. Can umschließt seine Hand mit meiner und übt etwas Druck aus, was ich ihm nach mache. "Auf ein neues Jahr", wiederhole ich seine Worte vom Neujahr und nicke, während ich kurz meine rechte Augenbraue hochziehe. Ich lasse seine große Hand los und drehe mich zufrieden zu den anderen. "Shana, geht es dir gut?", fragt mich Saliha und schaut mich etwas aus der Nähe an. "Alles bestens", säusele ich und lächele vor mich hin. "Irgendjemand wird heute sterben, wenn er nicht schon tot ist", kommt es von Viyan, die schmunzelt. Ich habe ihnen noch gar nicht erzählt, dass Can und Elif ein Paar sind. "Ich glaube jemand wird terrorisiert", kommt es nun von Ramazan, der ein Lächeln auf den Lippen trägt. Ich hoffe, Elif fühlt sich ganz doll angesprochen. Heute kann niemand meine gute Laune zerstören, niemand. "Ramazan, weißt du wie sehr ich dich eigentlich liebe?" Ich weiß, dass Can gerade meinen Rücken mit Blicken durchbohrt und das genieße ich. "Das erwärmt mein Herz", sagt Ramazan affektiv und hält sich seine Hand an seine Brust. "Wann beginnt der Unterricht? Ich will meine Lehrer wieder sehen." Ich schaue mich auf dem Schulhof um und lächele arrogant. Die gute, alte, selbstbewusste Shana. "Shana, geh mal nach Hause. Ich glaube dir geht es nicht gut", sagt Saliha und schaut mich fragend an. "Nein, mir geht es blendend und heute kann mir niemand meine Laune verderben", informiere ich alle, laufe dann ins Gebäude, als es zum Unterricht klingelt und setze mich mit einem souveränen Gang auf meinen altbekannten Platz. Schnell füllt sich der Raum mit demotivierten Schülern, unter anderem Saliha, die sich neben mich hinsetzt und einen etwas verwirrten Can, den ich nur aus dem Augenwinkel erkenne. "Shana, was hast du vor?", fragt er mich, woraufhin ich nur lässig mit den Schultern zucke. "Oh, nein. Ich weiß, was-, können wir später darüber reden?", flüstert er am Ende, da Elif anscheinend auf uns zu kommt. "Wir können gerne später darüber reden", gebe ich in einem sehr verständlichen Ton ab, der auch bei Elif ankommt. Can stöhnt genervt auf, während ich kichere. Elif läuft zu Cans Tisch und schaut mich an, doch ich würdige sie keines Blickes. Wieso denn auch? "Was ist?", fragt Can. "Ich-, ach schon gut, Schatz." Sie hat ihn markiert. "Ich sage mal nichts", kommt es mit einem kleinen, arroganten Lächeln von mir. Ich liebe diesen Tag!

Nach der entspannten Deutschstunde warte ich auf Malik und Saliha. Beide schauen erst sich und dann mich verwirrt an, doch statt sie aufzuklären, lächele ich einfach. Es existiert nicht wirklich eine Erklärung für meine gute Laune, ich bin einfach glücklich. Ich hake mich bei beiden ein und laufe mit meinem Lieblingsblick - den souveränen und emanzipierten Blick - aus der Klasse raus. "Ich habe keine Lust auf Pädagogik", meldet sich Elifs Stimme. Ach, die habe ich ja komplett vergessen. In Herr Krasniqis Raum angekommen, begrüße ich meinen Lehrer freundlich und setze mich dann hin. "Wirst du irgendjemanden sagen, was du heute vorhast?", fragt mich Malik und schmunzelt. "Ich habe nichts vor. Ich bin einfach nur glücklich", antworte ich und konzentriere mich auf den schönen Herrn Krasniqi. Nach der Stunde, laufe ich extra langsam runter, damit Elif sieht, wie Can mit mir reden möchte. Er steht unten an der Wand gelehnt und spannt leicht seinen Kiefer an, als er Elif hinter mir sieht. "Du wolltest mit mir reden?", frage ich provozierend. Er packt mich an meinem Unterarm und zieht mich weg von Schulhof, auf den Parkplatz. "Du machst das extra, nicht wahr?", fragt er mich direkt und hält meinen Unterarm immer noch fest. "Ich weiß nicht, wovon du redest", gebe ich entspannt von mir und schaue ihm in die Augen. Ich habe diese Augen irgendwie vermisst. "Du provozierst, ist dir das nicht bewusst?" Ich ziehe überrascht meine Augenbrauen hoch. "Wirklich? Ich habe einfach nur gute Laune", gebe ich unschuldig von mir, doch jeder Mensch würde die Provokation heraushören. Ich kann sie einfach nicht ablegen, das geht einfach nicht. "Shana, ich weiß, dass du Streit willst. Willst du dich wirklich mit mir streiten?", fragt er leicht gereizt und kommt mir näher. Mein Lächeln wechselt sich zu Verwirrung um. "Ich will mich nicht mit dir streiten", behaupte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen. Wie kommt er darauf? Wieso sollte ich mich mit ihm streiten wollen? "Du machst dich für einen Kampf bereit, das sehe ich doch", sagt er nun ruhiger und fährt mit seinen Daumen meinen Unterarm hoch und runter. Ich glaube, wenn meine Jacke nicht da wäre, wäre ich zusammengezuckt, wegen des wohligen Schauers, der mich treffen würde. "Elif zeigt, dass du ihr gehörst und da ich Menschen gerne die Stirn biete-," Ich schaue ihn vielsagend an. "mache ich es auch bei ihr. Es ist meine Natur zu provozieren, ich kann das nicht sein lassen, das kommt einfach unbewusst", erkläre ich ihm in einem sanften Ton. Er antwortet nicht, schaut mich nur mit seinen - ich weiß, ich sage das bestimmt schon zum hundertsten Mal - atemberaubenden, gelben Augen an. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie seine Pupillen sich weiten oder wie seine Augen aussehen, wenn seine Pupillen schon geweitet sind. Es ist ein sehr starker Hell-Dunkel-Kontrast, zwischen dem gelb-grau und dem schwarz seiner Pupillen. Manchmal ist die feine, dunkele Umrandung um seine Iris sehr stark zu sehen, aber nur, wenn er aggressiv oder traurig ist. Okay, ich starre zu viel. "War's das?", frage ich und hole Can anscheinend aus seinen Gedanken. "Ähm, ja." Er lässt meine Hand los und holt sich eine Zigarette raus, weswegen ich kopfschüttelnd die Augen verdrehe und gehe. Über die Wiese laufend, schaue ich gedankenverloren auf den Boden und werde erst wieder richtig aufmerksam, als ich wieder am Unterarm gepackt werde. Ich dachte erstmal, es wäre wieder Can, doch es ist seine neue Schoßhündin Elif. Ich schaue sofort kalt und arrogant an ihr vorbei und hebe für eine Sekunde meine Augenbraue, danach ziehe ich zynisch meinen Unterarm aus ihrem Griff und schaue auf meinen Jackenärmel, als ob sie da Dreck oder sonstiges hinterlassen hätte. "Ich sage dir mal was: Can ist mit mir zusammen", informiert sie mich zickig, woraufhin ich apathisch mit den Schultern zucke. "Schön, danach habe und wollte ich niemals fragen", sage ich gelassen und schaue von den Schülern, zu meinen Schuhen. "Ich hoffe, dir ist klar, dass du nicht mehr versuchen solltest, dich an ihn ranzumachen." Nicht provozieren lassen, lass sie weiter auf ihrer Wolke schweben. "Habe ich nie versucht", blocke ich schroff ab. "Hör doch auf zu lügen. Ich sehe es doch! Wie du ihn heute angesehen hast." Wenn du nur wüsstest. Ich will ihr so gerne sagen, dass sie nur eine Wette ist und sich nicht so aufspielen soll, aber leider darf ich das nicht. "Es ekelt mich an, dass du mich beobachtest. Lass das sein", fordere ich in einem arroganten Ton und schaue wieder zu den Schülern und Schülerinnen. Sie packt mich an meiner Schulter und dreht mich zu sich, sodass ich ihr ins Gesicht schaue, aber natürlich verlässt mein selbstsicheres und provozierendes Lächeln meine Lippen nicht. "Ich warne dich, Shana. Wenn du es auch nur Ansatzweise wagst, dich an Can ranzumachen, dann werde ich dich-," "Elif!", brüllt Can plötzlich, weswegen sie mich ängstlich loslässt. Can kommt mit festen und schnellen Schritten auf uns zu und entfernt rabiat Elifs Hand von meiner Schulter. Nicht lachen, Shana. "Was wird das, huh?", fragt er Elif, die schon total eingeschüchtert ist. Das gefällt mir. Can sieht schon gut aus, wenn er wütend ist. "Ich-, Can, sie will-," Can lässt sie gar nicht ausreden, da er schon den Grund kennt. "Nein, das tut sie nicht!", zischt er, was sie zusammenzucken lässt. Ich schaue zu seinem Hals, der zum Teil von seiner Jacke bedeckt, sehe aber trotzdem, dass seine Halsader etwas heruassticht. Mädchen, du sitzt in der Scheiße. "Aber, Can", setzt sie an, doch wird durch ein Handheben von Can zum Schweigen gebracht. "Geh", fordert er barsch, was sie dann auch schnell macht. Can dreht sich mit einem angespannten Kiefer zu mir und seufzt. "Hat sie dir etwas getan?", fragt er und inspiziert mich. "Nein, alles bestens", sage ich und schmunzele. "Deine neue Hündin ist nicht gerade gut erzogen", informiere ich ihn amüsiert. "Ich muss sechs Monate mit ihr überleben. Shana können wir das nicht reduzieren? Bitte, ich flehe dich an." Can schaut mich etwas gequält an, was mich grinsen lässt. "Komm, wir machen fünf Monate daraus." Er schnaubt. "Wenigstens etwas", murmelt er. Wir laufen gemeinsam zu unseren Freunden zurück. "Wo ist Elif?", fragt Saliha. "Bei so einem Mädchen aus ihrem Mathekurs, glaube ich", antwortet Can. "Seid ihr zusammen?", fragt sie nun, worauf Can mit seinem Kopf nickt. Viyan und Saliha entkommt ein erschreckendes Japsen. Es klingelt zur nächsten Stunde, weswegen wir ins Gebäude laufen. Oben angekommen, geht Ramazan zu einem Kollegen und redet mit ihm.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt