Die Wahrheit

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Ich will Jasper nicht hinterher heulen. Ich will nicht stundenlang in meinem Zimmer sitzen und wie ein Zombie meinen Tag bestreiten. Ich will nicht nichts essen und mich verkriechen. Ich will dieses Gefühl einfach nicht in mir haben, dass mich gefangen hält, mich langsam quälend umbringt. Mich nach Atem ringen lässt wenn ich nur an ihn denke. Ich schwor mir, dass ich es nie wieder tun werde. Ich schwor es, aber ich schaffe es einfach nicht. 

All die Dinge, die ich gerade aufgezählt habe, erlebe ich in diesen Stunden und Tagen nach dieser blöden Nachricht von Jasper. Ich kann es nicht verstehen, warum er mich einfach so abserviert. All meine Freundinnen aus dem Cheerleader Team haben schon versucht mich aufzumuntern. Sie haben geredet, haben mir zu Mittag etwas Süßes spendiert, haben versucht mich zum Lachen zu bringen, aber alles nutzte nichts. Mir kann niemand mehr helfen. Ich muss einfach akzeptieren, dass ich für Beziehungen nicht gemacht bin. Vielleicht war ich einfach zu blind vor Liebe und er hat mich wirklich nur ausgenutzt. Nein, hat er nicht, sagt meine innere Stimme. Dafür ist er viel zu echt. Er ist nicht wie dein Ex. Er ist besser und ich hasse, ständig an ihn zu denken.
   Ich verkrieche mich noch weiter unter der Decke und blende alles aus. Cherry liegt zu meinen Füßen und spendet mir wenigstens etwas Trost. Ich habe heute noch nichts gegessen und bin direkt nach der Schule in mein Zimmer gegangen. Direkt an meiner Mutter vorbei, die die letzten Tage einfach gar nicht mit mir geredet hat. Seit sie mir den Laptop und das Handy und das Internet weggenommen hat ist sie schon so kühl. Doch dann höre ich wie sie mir draußen vor der Tür ein Tablett hinstellt. Sie denkt ja doch noch an ihre Tochter.
Ich schneuze mich in ein Taschentuch und warte bis sie wieder verschwindet. Ich habe absolut keinen Hunger.
   „Bine, ich hab dir hier essen hingestellt. Du isst schon seit Tagen nichts. Bitte iss etwas.", sagt sie mit sanfter Stimme und ich werde hellhörig. All die Tage war sie sauer auf mich und jetzt ist wieder alles in Ordnung? Ich sehe wie etwas flaches unter der Tür durch geschoben wird und meine Augen werden groß. Sie gibt es mir freiwillig zurück?
   „Geh weg.", sage ich und lege mich wieder zurück in die Kissen. Das Handy kann ich jetzt auch nicht mehr gebrauchen. Ich lasse es auf dem Boden liegen.
   „Bine, hier hast du dein Handy wieder. Steve meinte das wäre zu streng gewesen und du siehst wirklich schlimm aus. Iss bitte etwas."
Wenn Steve nicht wäre, säße meine Mutter wahrscheinlich schon in der Klapse. Natürlich gibt sie mir mein Handy nicht freiwillig zurück.
   „Ich brauch mein beschissenes Handy nicht mehr. Jasper hat Schluss gemacht.", brülle ich nach draußen. Ich weiß, dass es nicht ihr Schuld ist aber ich kann mich einfach nicht im Zaum halten. Die Gefühle müssen raus. Dann sinke ich wieder zurück und heule in mein Kissen.
Ich höre sie weggehen. Sie sagt nichts dazu. Wahrscheinlich gefällt es ihr, dass endlich Schluss ist und ich nie in Erwägung ziehe, sie zu verlassen.

****

Es vergingen weitere fünf Wochen und mittlerweile befanden wir uns in der ersten Dezemberwoche. Nach einer Weile lief alles wieder in geregelten Bahnen. Ich musste mir von meiner Mutter einige Male anhören, dass sie mich in die Psychiatrie einweisen lassen würde, wenn ich nicht aufhörte so passiv zu sein. Dabei war sie teilschuld. Sie wollte mir alles verbieten. Doch Jasper hatte sie eindeutig überholt und mit seiner Nachricht alles zunichte gemacht.

Ich konnte nichts dafür, dass ich hin und wieder weit weg in meinen Gedanken versank. Zweimal hintereinander von einem Jungen enttäuscht zu werden, war neu für mich und ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte. Himmel, ich weiß es bis jetzt noch nicht und mein Herz pocht mir jedes Mal schmerzhaft in meiner Brust, wenn ich ein Wort höre, dass mit Youtube, Jasper oder Social Media zu tun hat und ich könnte mich dafür schlagen.

Bei Randy war es anders. Ihn habe ich vergessen. Ihn hat mein Herz vergessen, als wäre er nie da gewesen und nach dem Streich, ist er mir aus dem Weg gegangen. Aber ich will nicht begreifen, dass Jasper und ich zu Ende sind. Jasper und Bine.

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