Kapitel 32

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~ Embry ~

Mich im Flug zu verwandeln war einfach, da ich vor Wut beinahe schon Rot sah. Alles in mir konzentrierte sich auf seinen dürren, kalkweißen Hals, den ich ihm mit meinen Reißzähnen durchbeißen wollte.

Was ich allerdings vergessen hatte, war die Tatsache, dass durch meine Verwandlung die Verbindung zu meinem Rudel wiederhergestellt war und noch während meines Sprungs die Gedanken der anderen auf mich einprasselten. Ich spürte ihre Sorge um mich bis in die Knochen und gleichzeitig ihre Erleichterung, als sie mich in ihren Gedanken wahrnahmen. Doch ich versuchte sie so gut wie möglich auszublenden, denn ich durfte es mir jetzt nicht leisten, abgelenkt zu sein.

Im selben Augenblick, in dem ich mich auf Ian stürzte, hob er abwehrend einen Arm und schlug mich damit mit voller Wucht zurück in das Gras hinter mir.

Ich rappelte mich sofort aus der Bewegung heraus wieder auf und griff erneut an. Wir rangen miteinander, wälzten uns im Gras, das unter uns knirschende Geräusche von sich gab. Ians Arme waren um mich geschlossen; er versuchte meine Bewegungsfreiheit einzugrenzen und mich mit seiner gesamten Kraft zu zerquetschen.

Ich schnappte nach abwechselnd nach seinen Armen und seinem Kopf. Wenn es ihm gelang, mich wirklich festzuhalten, würde er mir alle Rippen brechen. Ich erwischte ihn an der Hand und er ließ mich los, als hätte er sich an mir verbrannt. In einer fließenden Bewegung löste er sich aus unserer Rangelei und stand wieder aufrecht vor mir. Ich ging sofort wieder auf ihn los.

Dass er diesmal auswich und nicht gleich wieder in einen direkten Kampf mit mir überging, verwunderte mich.

Mach ihn platt, Embry.

Jacobs Stimme, die ich mitsamt den anderen eigentlich ausgeschlossen hatte, drang kristallklar in meine Gedanken ein.

Wir sind unterwegs.

Im ersten Moment wusste ich nicht, ob ich erleichtert darüber war, dass die anderen mir zu Hilfe kamen, oder ob ich diese Aufgabe allein übernehmen wollte. Ich war immer noch auf Hundertachtzig; und ich wollte seinem unsterblichen Leben einen Schlussstrich verpassen. Ich wollte es tun. Ich wusste noch immer nicht, was er bei Ava gemacht hatte – oder was er mit ihr gemacht hatte. Der Gedanke, dass sie, während ich hier unten mit ihm kämpfte, vielleicht gerade in ihrem Zimmer lag und verblutete oder schlimmer noch, sich ebenfalls in einen Vampir verwandelte, erschütterte mich bis ins Mark und sorgte nicht gerade dafür, dass ich mich beruhigte. Selbst wenn er ihr nichts angetan hatte – was ich für recht unwahrscheinlich hielt – so hatte er sie dennoch bedroht und war ihr zu nahe gekommen. Ich würde in diesem Leben nie mehr Ruhe finden, wenn ich ihm nicht den Hals umdrehen konnte. Und ein Teil von mir wollte unbedingt selbst derjenige sein, der das getan hatte. Ich wollte diesen Triumph ungern an Sam, Jared, Paul oder einem von den anderen Jungs oder gar Leah abgeben.

Wieder griff ich ihn an, sprang ihn an, und wieder wich er mir nur aus. Mir entwich ein Knurren; es machte mich nur noch wütender, dass er nicht direkt mit mir kämpfte. Auf Ians Gesicht erschien als Antwort nur ein breites, überhebliches Grinsen und passend dazu zog er seine rechte Augenbraue nach oben. Ich wusste, dass er mich damit reizen wollte – und er schaffte es erfolgreich. Wieder ging ich auf ihn los. Und diesmal tat er es mir gleich. Wir rangen wieder miteinander, jeder darauf aus, den anderen so zu fassen zu kriegen, dass er ihn ernsthaft verletzen konnte.

„Embry!"

Die Stimme riss mich komplett aus dem Kampfgeschehen. Im ersten Moment war ich irritiert, weil sie nicht in meinem Kopf war und keinem aus dem Rudel gehörte. Doch diese Stimme hätte ich überall sofort erkannt.

Aus dem Augenwinkel heraus sah ich Ava, die, die Augen erschrocken aufgerissen, an ihrem Fenster stand und Ian und mich beobachtete. Alles, was ich in diesem Augenblick wahrnahm, war, dass sie soweit unverletzt aussah. Dass er ihr scheinbar doch nichts angetan hatte.

Ians Arme schlossen sich um meinen Rumpf und drückten zu. Ich jaulte vor Schmerz und Ärger über mich selbst laut auf. Er hatte diese eine Sekunde genutzt, in der ich abgelenkt gewesen war.

„EMBRY!", hörte ich Ava schreien.

Ich schlug mit meinen Pfoten nach ihm, um mich aus seinem Griff zu winden, der immer fester und fester wurde.

Ich hörte die erste Rippe brechen.

Über mir, kaum zehn Zentimeter entfernt, war Ians Gesicht, das einen spöttischen Gesichtszug annahm. Wieder schlug ich nach ihm. Seine Hand verrutschte. Sein Griff wurde dadurch zwar lockerer, doch schlug seine Hand beim Abrutschen gegen die nächste Rippe.

Wieder hörte ich sie brechen.

Allerdings gelang es mir nun mich aus seinem Griff zu befreien und erwischte ihn mit meinem nächsten Schlag im Gesicht. Ein Riss wurde sichtbar, wie wenn ich gegen einen Stein geschlagen hätte, doch verschwand er in der nächsten Sekunde wieder.

Ian verharrte in seiner Bewegung, als würde er über etwas nachdenken. Er legte den Kopf schief.

Ich hörte sofort, was ihn so nachdenklich stimmte. Der Rest meines Rudels kam näher.

Der entwischt uns nicht mehr.

Diesmal ist er fällig.

Und als hätte Ian die Gedanken der anderen ebenfalls gehört, entschied er sich für die Flucht und rannte zwischen den Häusern davon.

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