15. Kapitel

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Voller Schuldgefühle senkte ich den Kopf und sah auf den toten Mann vor mir. "Sie haben recht."

"Da sind Menschen gestorben. Kinder und alte Leute, die niemandem etwas getan hätten", redete ich voller Entsetzen auf Lea ein, die wortlos neben mir her trottete. Nach dem Bombenanschlag, den Micky Mouse Maske verursacht hatte, waren die russischen Soldaten immer mehr geworden und wir hatten uns in den Untergrund zurückgezogen. Zu meinem Glück hatte ich Lea getroffen, denn ich kannte weder die anderen Maskierten hier, noch den Weg und Jess war auch unauffindbar.

"Das sind Russen, die sind an unserem Schicksal schuld. Wir haben niemand Unschuldigen getötet", stellte Lea unberührt fest. Fassungslos starrte ich sie an. "Der kleine Junge war vielleicht sieben Jahre alt. Der hat niemandem etwas getan!" Lea zuckte mit den Schultern. "Dann hätte er uns halt erst später wie Dreck behandelt, was macht das für einen Unterschied?" Entsetzt sah ich sie an. Wie konnte ihr das egal sein? Wie konnte sie so eiskalt reagieren, wenn es um Menschenleben ging? Um Kinderleben?

"Lea, das macht einen Unterschied", korrigierte ich sie ernst. Das hier war kein Spaß oder eine Kleinigkeit, dass hier war ein Anschlag gewesen. Das war Terror. Damit waren wir kein Stück besser als die Russen. Wir ließen unseren Frust an Unschuldigen aus, die sich nicht wehren konnten. Das war vollkommen falsch.

"Und was für einen?", erkundigte sich Lea und verdrehte die Augen. Sie nahm es nicht ernst. Sie verstand es nicht. Sie wollte es nicht verstehen. "Wer sagt denn, dass er so geworden wäre? Hast du ihn gefragt? Und selbst wenn, ist es dann in Ordnung ihn zu töten?" Jetzt sah Lea mich fassungslos an. "Wie viele von uns haben sie schon getötet? Haben sie jemals gefragt, ob wir ihnen etwas Böses wollen? Nein! Und sie werden noch mehr von uns töten, wenn wir uns nicht endlich wehren!" Ihre Stimme wurde immer lauter und die durchtrainierte Frau vor uns schenkte uns einen genervten Blick.

"Was wir hier tun ist aber nicht besser. Man kann Unrecht nicht mit Unrecht vergelten", erklärte ich mit gedämpfter Stimme, doch Leas Gesichtsausdruck wurde nur noch wütender. "Sei vorsichtig mit dem, was du sagst. Wir sind für das Gute, wir wollen den Menschen helfen." Ungläubig sah ich sie an: "Aber der Weg, wie, ist nicht richtig, verstehst du das nicht? Wir töten Menschen." Zorn trat in das Gesicht von Lea: "Wir töten niemanden einfach so, ganz im Gegenteil, wir retten sogar Menschen. Die, die wirklich unschuldig sind. Wir sind für das Gute, wir wollen den Menschen helfen." Unsicher wich ich einen Schritt zurück. Das war nicht die Lea, die ich kannte.

"Zu sagen, dass das für das Gute ist, ist doch eine eiskalte Lüge. Ihr wollt nur Rache", schrie ich zurück. Lea erstarrte und sah mich fassungslos an. In ihren kalten Augen lag Abscheu: "Du redest wie Marko, wie ein Russe", zischte sie wütend. "Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben, bis du wieder normal bist!" Mit diesen Worten stürmte sie davon und ich schaute ihr fassungslos hinterher. Wie konnte sie das nur weiter unterstützen? Und wer zur Hölle war Marko?

Still schweigend folgte ich der Masse. Dieser Tag war beschissen. Meine Augen wurden erneut glasig. Ich war heute an einem Anschlag beteiligt, bei dem Menschen gestorben waren. Ob das bei den UK immer so lief? Legten sie Bomben in der Hoffnung möglichst viele zu töten? Waren das hier alles Mörder? Ich musste an Jassi denken. Sie war definitiv keine Mörderin.

Doch was, wenn sie eine werden würde? Wenn die UK dafür ihre Rekruten ausbildete? Ich schüttelte den Kopf. Wenn das der Fall wäre, würde ich diese Organisation verlassen. Rebellion und Verbesserung hin oder her, so war ich nicht. Ich war keine Mörderin und ich würde es auch niemals sein.

DefeatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt