17. Kapitel

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Ich betrete zum letzten Mal das Studio. Es ist Montag morgen und die nächsten vier Monate werde ich nicht hier sein. Ab morgen gibt es letzte Meetings und Anweisungen, wer für was eingeteilt ist, worauf zu achten ist und wie das mit den häufigen Hotelwechseln abläuft. Ich blicke durch den Raum und gehe dann nach hinten, um meine Sachen weg zu räumen.

„Wieso so früh heute?" fragt Zayn mich erstaunt. Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiß nicht.. es ist mein letzter Tag... und... keine Ahnung." Ich seufze und sehe weg. Dennoch bekomme ich mit, wie Zayn ein wenig schmunzelt, aufsteht und zu mir geht. „Es ist nicht dein letzter Tag, Harry. Du bist weder gefeuert, doch in ein anderes Studio versetzt worden. Du kommst nach der Tour wieder und wirst hier genau so arbeiten können, wie vorher." versichert er mir und ich nicke leicht. „Danke Boss."

„Trotzdem kannst du auch heute nicht einfach nur rum sitzen." sagt er und geht nach vorne in den Eingangsbereich. „Wie du weißt sucht das Studio nach einem Ersatz für Jackson und da ich den Vormittag mit Bewerbungsgesprächen zu tun habe, schmeißt du den Laden." Ich sehe ihn bittend an. Er weiß genau, dass ich immer noch ein wenig unsicher bin, wenn ich das Studio übernehmen soll; auch wenn es nur für eine kurze Dauer ist. „Keine Widerworte." warnt er mich und ich seufze. „Okay."

„Außerdem werde ich dich vielleicht ab und an dazu holen, wenn es jemanden gibt, der hier wirklich arbeiten könnte. Ich will nicht wieder alleine Entscheiden und da du mittlerweile auch komplett fertig mit deiner Ausbildung bist, vertraue ich auf den fachmännischen Urteil."

„Aber auf mein menschliches nicht?" frage ich entsetzt, grinse aber ein wenig. „Mhm..." erwidert Zayn nur und sieht mich entschuldigend an. „Ich weiß ja nicht..."

„Zayn!"

„Geh an die Arbeit, Harry." sagt er lachend und verzieht sich wieder nach hinten. Ich rolle mit den Augen und fahre den Computer hoch. Anschließend öffne ich die Tür und es dauert kaum zehn Minuten, bis der erste Kunde das Studio betritt.

„Schönen guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?" frage ich gut gelaunt. „Mein Name ist Joshua Lloyd. Ich bin für die freie Stelle." sagt er und ohne dass ich es bewusst wollte, mustere ich ihn. Fragend sieht er mich an, als ich einen Augenblick lang nichts sage. „Mr. Malik ist in Studio drei." sage ich ihm und er nickt kurz, ehe er nach hinten geht. Ich sehe wieder auf den Bildschirm. Sieben feste Termine, aber alles nichts schwieriges. Zwei Shootings für Bewerbungsfotos. Die gehen schnell. Ein paar, zwei mal Freunde und zwei mal Gruppen von etwa sieben Personen. Wirklich viel scheint hier heute ja nicht los zu sein. Ich schaue durch den restlichen Kalender. Ein wenig mehr könnte schon los sein. Es ist nicht dramatisch, aber gerade jetzt im Sommer, sollte es deutlich mehr sein. Mehr Hochzeitstermine, mehr Freundesgruppen und mehr Pärchen. Seit Jackson weg ist, ist der Stand im Hydepark auch geschlossen. Wir brauchen dringend Verstärkung. Ich weiß, dass Zayn darüber nachdenkt, sich wieder einen Auszubildenden zu suchen, doch momentan geht es nicht. Er braucht erst einmal einen neuen Angestellten, den er direkt auf die Kunden loslassen kann; anders wird es nicht funktionieren. Und er braucht diesen Fotografen schnell.

Es dauert nur eine gute Viertelstunde, bis Mr. Lloyd wieder heraus kommt. Er verabschiedet sich und verlässt das Studio. Kurz danach tritt auch schon der zweite Bewerber für heute über unsere Türschwelle. Den ganzen Vormittag geht das so. Ich bekomme nicht alle zu Gesicht, da ich in Studio eins und zwei arbeite, aber alle, auf die ich einen Blick schmeiße, überzeugen mich nicht ganz so sehr. Die Meisten sind Älter als ich. Augenscheinlich ist eigentlich nichts zu bemängeln, aber dennoch kann ich mich bei Beginn meiner Mittagspause schon kaum mehr an sie erinnern.

Es stört mich nicht weiter, als ich mir in der Pause einen Salat holen gehe. Seit einigen Tagen fühle ich mich wieder einigermaßen wohl in der Londoner Innenstadt. Das Gefühl verfolgt zu werden hat nachgelassen, doch ab und zu ist es immer noch da. Vor allem, wenn es dunkel ist. Da habe ich wirklich Glück, dass Liam mich häufig abholen kann. Wieder zurück im Studio habe ich den Salat schon so gut wie aufgegessen. Kurz danach werfe ich die leere Schale weg und gehe zu Studio drei. Zayn sollte eigentlich auch Pause machen. Ich klopfe an, aber es kommt keine Antwort. Ich klopfe erneut. „Mr. Malik?" frage ich, da ich nicht weiß, ob er nicht noch gerade einen Bewerber vor sich sitzen hat. Es ist wieder still. Verwundert drücke ich die Klinke herunter, doch zu meinem Verwundern lässt die Tür sich nicht öffnen. Skeptisch und ein wenig verwirrt klopfe ich erneut. „Zayn? Alles gut?" frage ich etwas lauter.

„Ja, bin sofort wieder vorne." antwortet er mir und auch wenn ich die Situation ein wenig merkwürdig finde, lasse ich es gut sein. Er hat sicherlich einen Grund, dass er die Tür zu sperrt. Auch wenn ich mir keine Erklärung zusammenreimen kann, weswegen er es getan hat. Es dauert etwas mehr als zehn Minuten, bis ich höre, wie sich die Tür öffnet. Ich trage gerade den Termin für eine Hochzeit in den Kalender, als Zayn zu mir an den Tresen tritt.

„Alles gut?" frage ich ihn und er winkt ab. „Alles okay." antwortet er nur. „Was gibt es neues?" fragt er mich und ich blicke zurück auf den Bildschirm. „In zwei Wochen ein Shooting in der St. Stephen's Trust in den Camden." sage ich. „Um zehn Uhr soll der Fotograf anwesend sein." erkläre ich ihm. „Gebucht haben Sie bis fünf Uhr Nachmittags." erkläre ich ihm und er nickt verstehend. „Ich schätze mal, ich werde das Studio an dem Tag zu machen." seufzt er. „Hast du den Vorstand angerufen? Sie sollen jemanden schicken." sage ich ein mitfühlend. Zayn hat so schon viel zu tun hier, aber innerhalb nur ein paar Wochen muss er den Verlust von zwei Mitarbeitern ausgleichen. Und dass Jackson jetzt im Gefängnis und nicht mehr im Studio seine Zeit verbringt, konnte ja nun wirklich niemand wissen.

„Sie sagen, es gäbe genug Bewerbungen und ich solle jemanden davon einstellen. Sie verhandeln darüber nicht weiter." sagt er genervt.

„Hast du den schon jemanden?" frage ich und er zuckt mit den Schultern. „Zwei der Bewerber sind ganz interessant. Zum einen Eine Sarah Jones und zum anderen Joshua Lloyd."

„Den habe ich kurz gesehen." kommentiere ich. „Keine Ahnung, was ich von dem halten soll."

„Um ehrlich zu sein, fand ich Mrs. Jones deutlich sympathischer." erwidert Zayn. „Und ich glaube sie passt hier ganz gut rein." - „Kann ich nicht beurteilen."

„Ich habe bereits letzte Woche mit ihr gesprochen. Sie kommt kurz vor Schluss des Studios vorbei. Ich möchte deine Meinung zu ihr." sagt er und ich lächle kurz. „Okay."

Dann dreht sich Zayn weg. Meine Augen werden groß und ich sehe ihn ein wenig perplex an. „Was ist das denn?" frage ich amüsiert, doch sein Ausdruck spiegelt nur Verwirrung wieder. „Wovon sprichst du?" will er wissen. Ich muss mich wirklich beherrschen nicht laut los zu lachen und halte mir mit einer Hand den Mund zu und beiße mir auf meine Unterlippe. Während ich kurz davor bin, laut loszuprusten, ist mein Boss immer noch vollkommen unwissend.

„Harry? Was ist los mit dir?" will er nun etwas ungeduldiger wissen. Ich hebe entschuldigend eine Hand und sehe ihn lachend an. „Wie alt bist du Zayn? Fünfzehn?" frage ich. Er verdreht genervt die Augen und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich strecke meine Hand aus und drücke mit zwei Fingern leicht auf seinen Hals. Ich berühre direkt den nicht übersehbaren lila-blauen Fleck, der dort prangt. Zischend schlägt er meine Hand weg und legt dann seine eigene auf seinen Hals.

„Scheiße." flucht er und geht nach hinten. Ich folge ihm und finde ihn in dem kleinen Badezimmer wieder. Er steht vor dem Spiegel über das Waschbecken gebeugt und begutachtet seinen Knutschfleck. Grinsend lehne ich mich an den Türrahmen. „Wer war das?" will ich wissen, doch er schnaubt nur genervt und antwortet mir nicht. Er flucht leise und stellt sich dann wieder normal hin.

„Zayn?" fragend sehe ich ihn an, doch er schüttelt den Kopf. „Ist egal." Er geht wieder nach vorne. „Komm schon!" fordere ich neugierig und er sieht kurz auf sein Handy. Dann wendet er sich mir zu. „Es ist unwichtig, Harry." wiederholt er und auch, wenn sein Ton eigentlich keinerlei Widerspruch zulässt, lasse ich es nicht bleiben. Doch bevor ich noch einmal fragen kann, wer ihn so angefallen hat, werden meine Augen groß.

„Das hattest du heute morgen noch nicht." stelle ich überrascht und ein wenig geschockt fest.

„No shit, Sherlock."

„Deswegen war abgeschlossen! Zayn! Was zur Hölle!"

Er verdreht die Augen. „Jetzt tu mal nicht so, als wärst du die Unschuld in Person." Kurz sehe ich ihn entgeistert an. „Aber doch nicht um Studio!" werfe ich ein. „Ich mach das schon wieder sauber, keine Sorge." erwidert er nur, aber ich schüttle nur den Kopf. „Ich will gar nicht wissen, wieso." sage ich nur leise.

„Aber wer schon?" fragt er schmunzelnd. Fragend sehe ich ihn an und er zuckt mit den Schultern. „Hat sich sowohl rein, als auch wieder raus geschlichen und du hast es beide male nicht mitbekommen. Ich sage es dir also nicht." beantwortet er mir meine unausgesprochene Frage und lässt mich damit stehen. Vorher sehe ich aber noch, wie er sich die Rolle Küchentücher aus dem Schrank in dem Pausenraum nimmt und damit in Studio drei verschwindet.


opinions oder so? :)

Always Us || Larry Stylinson AU #iceSplinters19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt