✖ Battle Scars ✖

S c a r ↠ e i g h t y - f i v e

Blicke verfolgten mich. Sie verfolgten mich den ganzen Weg lang bis zum Zelt. Vince und die Ärztin, namens Mary, liefern vorneweg, während Thomas und ich ihnen folgten. Alle hatten sich überall verteilt und beseitigen alles, was beim Kampf zu Bruch gegangen waren. Sie räumten auf und wenn ich an ihnen vorbei lief, dann sahen sie mich aufmerksam an und viele Blicke waren auch ängstlich. Sie alle hatten gesehen, was ich angerichtet hatte und deshalb fürchteten sie sich jetzt vor mir. Der einzige, der keine Angst hatte, war Thomas. Es verunsicherte mich, dass sie mich alle so ansahen und zog mich auch etwas runter. Deshalb sah ich sie nicht an, sondern starrte auf meine Schuhe und den Boden, auf dem ich lief. Nach einer Weile legte Thomas einen Arm um meine Schultern und zog mich nah an sich. Er hatte anscheinend gemerkt, dass ich mich unwohl fühlte und wollte vielleicht auch, dass die anderen mich nicht so ansahen.

Wir erreichten schließlich das Zelt und Vince hielt es für uns beide offen. Langsam trat ich durch und war etwas erstaunt über die Ausrüstung in diesem Zelt. Ein Tisch aus Holz stand in der Mitte und an ihm waren vier Stühle gestellt. Auf dem Tisch war eine große Karte, die sicherlich die ganze Umgebung zeigte. Es waren noch mehrere Kisten in dem Raum und sonst nur noch eine Matte mit einer Decke drauf. Anscheinend war dieses Zelt, das Zelt von Vince.

Mary setzte sich auf einen der Stühle und legte ihre Arme auf den Tisch, wo sie ihre Hände dann verschränkte. Thomas und ich setzten uns nebeneinander zu ihr an den Tisch und Vince nahm den letzten übrig gebliebenen Stuhl. Die Ärztin blickte auf ihre Hände und blieb für eine ganze Zeit lang still. Ich wollte sie nicht dazu drängen diese Geschichte zu erzählen, da sie die Geschichte mitnahm. Es war sicherlich nichts gutes und dennoch hatte sie sich dazu bereit erklärt diese Geschichte uns zu erzählen. Schließlich seufzte sie laut und sah mich dann mit ihren braunen Augen an.

„Erstmal möchte ich mich im Voraus dafür entschuldigen, dass wir dir so etwas angetan hatten. Damals hatte ich noch an die Organisation und das was sie getan hat geglaubt. Doch Projekt Zero war eines der vielen Gründe warum ich mich dann für die andere Seite entschieden hatte. Die richtige Seite. Projekt Zero startete zu einer Zeit in der ich noch einigermaßen frisch als Wissenschaftlerin und Ärztin bei WICKED arbeitete. Wir hatten erkannt, dass die Jugendlichen der Schlüssel waren. Die nächste Generation. Wir hatten schon viele Jugendliche zusammen bekommen, da viele Eltern ihre Kinder sie freiwillig an uns übergaben, aufgrund ihrer Hoffnung, dass ihr Kind der Menschheit helfen konnte. Doch schnell haben wir gemerkt, dass die Jugendlichen nur einen Teil des Heilmittels in sich trugen, als wir es in vielen Tests und manche davon waren auch grausam ausprobiert hatten. Schließlich gab es dann die Idee Projekt Zero. Ein Projekt, dass sich als schlimmer Fehler herausstellen sollte“, erklärte sie mir ruhiger Stimme, obwohl sie ein klein wenig zitterte.

Diese Geschichte wühlte sie auf und das sah man ihr deutlich an. Jedoch merkte man auch, dass Vince sie beruhigte, besonders als er seine Hand auf die der Ärztin legte. Langsam schien ich ein klein wenig zu verstehen. Dieses Projekt Zero lief absolut schief und das Ergebnis war dann ein modifizierter Mensch. Als sie weiter erzählte, war sie etwas gefasster und ihre Worte sollten die ganze Wahrheit ans Licht bringen. Meine Wahrheit.

„Ava dachte damals, dass ein reiner Mensch helfen würde. Ein Mensch, der sich niemals in der Brandwüste befunden hatte und somit nie in Kontakt mit dem Virus gekommen  war. Janson brachte schließlich nach einer langen Suche ein kleines Mädchen mit. Es war ungefähr zehn und hatte lange blonde Haare. Das warst du Lavea. Janson sagte uns, dass er dich mitten im Wald gefunden hatte und er sich sicher ist, dass du keine Familie hast. Wir haben Experimente mit dir gemacht und erstmal war es ganz harmlos. Damit du nicht allein warst, haben wir dich auch zu den anderen gelassen. Dort hast du auch Thomas kennen gelernt und ihr habt euch sofort verstanden, als wärt ihr schon ewig zusammen gewesen. Als du alle Tests bestanden hattest, kam der richtige Teil. Wir haben dich von den anderen weg gesperrt und dann etwas gemacht. Eigentlich sollte deine reine DNA dafür sorgen, dass du das Heilmittel in dir entwickelst, in dem wir dir die von den Jugendlichen verabreichen. Du hast Knochenmark, Blut und alles andere von den anderen bekommen. Dadurch hat sich alles in dir verändert und das nicht so wie wir dachten. Du entwickeltes einen dritten DNA Strang der für deine Fähigkeiten und deine andere Seite verantwortlich war. Deine Fähigkeiten gerieten so außer Kontrolle, dass wir dich immer wieder ruhig stellen mussten, bis du dann nur noch ein Schatten von dir selbst warst. Projekt Zero war fehlgeschlagen. Da du nur ein Objekt für sie warst, wollten sie dich beseitigen. Thomas hatte es anscheinend mitgekriegt, denn ich habe gesehen, wie er dich an dem Abend bevor du eingeschläfert werden solltest aus deiner Zelle befreit und dich weg gebracht hat. Du hast ihm nicht ein Haar gekrümmt und das obwohl du vorher jeden angegriffen hast und er war der einzige, der keine Angst vor dir hatte. Er hatte damals deine Kräfte gesehen und fand sie eher faszinierend und stark, als furchterregend. Ich habe das ganze beobachtet und eure tiefe Bindung gesehen. Thomas brachte dich weit weg von der Station und der Abschied hat euch beide mitgenommen. Als er dann aber gegangen war, bin ich dir gefolgt und du bist dann nach mehreren Metern zusammen gebrochen. Ich habe dich nach Hause gebracht und wusste, dass du dort gut behandelt wirst. Das ist deine Geschichte, Lavea oder eher die Geschichte wie Projekt Zero entstand. Ich weiß es ist nicht viel, doch ich kann nicht mehr ins Detail gehen. Jedenfalls kanntet ihr euch schon vor den Hungerspielen. Ich hoffe meine Erzählung hat dir etwas geholfen.“

Ihre Worte nahmen auch mich mit. Jetzt verstand ich, was wirklich mit mir passiert war. Meine ganze DNA war anders. Ich war zum Teil aus Panem und zum Teil aus der Brandwüste. Sozusagen ein Hybrid. Diese DNA hat sich dann in meinem Körper so verändert, dass ich Kräfte bekommen hatte. Ich war ein Projekt, was fehlgeschlagen war. Diese ganzen Informationen musste ich erstmal verkraften.