Mrs Weller

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Die nächsten Tage verliefen recht ruhig. Ich hatte nichts besseres zu tun, also machte ich schon einmal sämtliche Hausaufgaben, die wir aufbekommen hatten. Danach half ich Severus beim Brauen von einigen Gegengifen und anderen Tränken, die als Gegenmittel für etwas wirkten, was die Schüler lernten. Severus nutzte die Sommerferien immer, um Vorräte solcher Tränke zu brauen, weil er im Schuljahr meist anderes zu tun hatte. Gerade war ich mit Severus auf dem Weg von den Kerkern hinauf zum Mittagessen in der großen Halle. Doch dort war eine Person mehr als erwartet. Nein! Zwei.
"Sybill! Welche Überraschung!", sagte Severus kalt zu der Wahrsagelehrerin. Albus zwang ihn mehr oder weniger, sie zu duzen. Umgekehrt war allerdings selbiges der Fall. Meine Augen richteten sich auf einen großen Adler, der auf einer Stuhllehne saß.
"Mrs Weller?", fragte ich verdutzt. Der Adler kreischte und flog auf. Er drehte eine Runde und landete. In der Landung verwandelte er sich in Mrs Weller, die auf beiden Füßen landete und mich anblickte.
"Einen schönen Tag", sagte sie.
"Danke, ebenfalls!" Ich sah noch einmal kurz zu dem Stuhl, von dem sie gerade noch losgeflogen war.
"Ich habe Ihre Bestätigung dabei. Sie haben die Erlaubnis, ein Animagus zu werden. Außerdem wurde ich Ihnen als überwachende Kraft zugeteilt", erklärte Mrs Weller kurz und bündig. Ich nickte etwas überrumpelt.
"Gut! Dann genießen wir das Mittagessen, bevor ich gleich mit Ihnen, Ihrer Lehrerin und dem Schulleiter die Details besprechen werde", sagte Mrs Weller und setzte sich neben Minerva auf einen freien Stuhl. Ich nahm auf Minervas anderer Seite Platz und Severus setzte sich mit einem kühlen Blick ebenfalls. Es gefiel ihm anscheinend nicht sonderlich, zwischen mir und Sybill zu sitzen. Nun ja, irgendwo verständlich.

Drei Tage darauf stand ich aufgeregt im Verwandlungsklassenraum, vor mir Mrs Weller und Minerva. Mrs Weller hatte inzwischen die Räumlichkeiten des Professors für die Verteidigung gegen die dunklen Künste bekommen, da die Stelle noch nicht neu besetzt war. Sie hatte sich im Büro bereits eingerichtet, flohte aber oft ins Ministerium, da sie trotz ihres jungen Alters die stellvertretende Abteilungsleitung inne hatte.
"Nun, Sie wissen ja, was kommt", sagte Minerva. Vor Mrs Weller siezte sie mich auch, wobei ich ihr da allerdings keinen Vorwurf machen konnte.
"Ja, allerdings, Professor", antwortete ich also. Ich sah, dass sie das Alraunenblatt in der Hand hielt, welches benötigt wurde.
"Dann bitteschön", sagte sie und streckte mir das Blatt entgegen. Ich nahm es in den Mund, schob es unter die Zunge und sagte:"Und da muss es jetzt bleiben, schätze ich."
"Allerdings. Ein kleiner Trick wäre da ein abgeschwächter Klebezauber, damit das Blatt beim Essen nicht im Weg ist oder verschluckt wird", sagte Mrs Weller und zwinkerte mir zu.
"Gute Idee!", sagte ich und zog meinen Zauberstab.

In den nächsten Tagen lernte ich viel von Mrs Weller. Sie hatte beschlossen, dass sie, wenn sie schon einmal da war, mir auch etwas beibringen und mir ihre Arbeit ein wenig zeigen konnte. Sie wollte mich sogar einige Tage lang mit in ihr Büro nehmen, so dass ich quasi ein Praktikum machte. Nur, dass für dieses Praktikum eine Menge Vorbereitung nötig war. Mrs Weller brachte mir einen Zauber zum In Ordnung bringen von verunglückten Rückverwandlungen bei; sie zeigte mir eine ganze Reihe von Gegengifen für verunglückte Verwandlungstränke und brachte mir bei, zu erkennen, wann ich welches davon brauchte (dabei sah ich einige Bilder, die ich lieber gleich wieder vergessen wollte); sie gab mir einige Dokumente vergangener Fälle zum Lesen und, und, und. Nach über einer Woche Vorbereitung nahm sie mich dann tatsächlich morgens mit in ihr Büro. Als ich gerade aufgeregt aus dem Kamin trat, schrak ich sofort zusammen, da eine Stimme in dröhnender Lautstärke den Raum erschüttern ließ.
"HÄTTEN BESSER AUFPASSEN MÜSSEN! ALLE GLIEDMAßEN HAT ER AB! KOMMEN SIE GEFÄLLIGST UND BRINGEN SIE IHN IN ORDNUNG ODER ICH WERDE DAFÜR SORGEN, DASS SIE DIE SELBEN SCHMERZEN ERLEIDEN!", kam es aus einem roten Briefumschlag. Jemand hatte Mrs Weller einen Heuler geschickt. Der Brief schrumpelte zusammen und Mrs Weller fegte die Überreste in den Papierkorb.
"Ein Glück, dass ich die Federkiele gestern noch weg geräumt habe, sonst hätte ich das dritte Mal in dieser Woche neue beantragen müssen!", seufzte Mrs Weller. Ich grinste ein wenig.
"Jedenfalls sieht es so aus, als hätten wir gleich zu tun. Kommen Sie mit, ich werde noch Catharine holen, bevor wir gehen", sagte Mrs Weller zu mir.
"Können Sie mich nicht auch duzen? Wenn Sie Ihre Kollegen duzen, komme ich mir ja endgültig komisch vor!", sagte ich. Grinsend wandte Mrs Weller sich um und tat, als würde sie überlegen. "Nein, auf keinen Fall, Ariane!", sagte sie sarkastisch. Ich lachte. Mrs Weller ging zielstrebig weiter zu einer Tür und stieß sie nach einem kurzen Klopfen auf:"Catharine, wir haben einen Fall in Wales drüben. Ich glaube, es ist ein misslungener Verwandlungstrank. Der Tau war nicht unberührt, nach dem zu schließen, was der Typ mir ins Ohr gebrüllt hat."
"Nicht schon wieder! Ist es dieser Mr Greyflamser? Er versucht es jetzt schon zum fünften Mal!", antwortete eine braunhaarige Frau mit Hochsteckfrisur von einem Schreibtisch aus.
"Ich fürchte, genau der Typ ist es", sagte Mrs Weller. "Ach ja, ich habe eine Praktikantin dabei. Das ist Ariane."
"Hallo, Ariane! Catharine Glowner", stellte die Braunhaarige sich freundlich vor. Sie sah aus, als könne sie gut Mrs Wellers Jahrgang sein. Vielleicht waren sie Schulfreunde von Hogwarts?
"Oh, gut mitgedacht!", sagte Mrs Glowner zu mir.
"Sind Sie Legilimentikerin?", fragte ich überrascht.
"Ja. Ist ganz nützlich, kann aber auch nerven. Ich höre die ganze Zeit die Gedanken der Leute um mich herum, das wird ganz schön viel auf einmal", erzählte Mrs Glowner.
"Catharine, bitte", sagte sie lächelnd. Ich nickte. Daran musste ich mich wohl noch gewöhnen. Oh, das hatte sie ja auch wieder gehört!
Catharine kicherte und Mrs Weller warf ihr einen halb verärgerten, halb belustigten Blick zu.
"Wir sollten dann gehen", sagte sie.
"Gut!" Catharine ging einfach rückwärts in den Kamin und sagte:"Nortonstreet 14, Bortingham!"
"Du als nächstes!", sagte Mrs Weller. Ich trat ebenfalls in den Kamin. Leicht von der Situation überfordert sagte ich:"Nortingstreet 14, Bortingham!"
Ich sah Mrs Wellers geschockten Blick, ehe ich verschwand. Hatte ich die Adresse falsch verstanden? Wo würde ich landen? Was würde mich erwarten? Panik kam in mir auf. Sollte es ein Zaubererhaushalt sein, konnte ich hoffentlich zurück flohen. Doch was, wenn nicht?

Ariane Dumbledore (Hp)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt