26. Schwöre deine Treue

2.9K 235 52
                                    

So schnell sie ihre Füße trugen, rannte Felice durch die verlassenen Flure des Schlosses. Im Laufen schleuderte sie ihre Schuhe von sich, die zum Rennen mehr als unpraktisch waren. Die ganze Zeit über wirbelten dieselben Fragen in Felice Kopf herum.

Wieso war ihr Vater hier? Wie war er auf das Schulgelände gekommen? War etwas mit Astor geschehen? Hatte sie versagt? Würde er sie töten? Ihren Bruder? Ihre Freunde?

Felice hatte Remus auf der Party einfach stehen gelassen und war hinaus gestürzt, dass er ihr eigentlich noch etwas hatte sagen wollen, hatte sie nicht mitbekommen.

Felice wollte sich gar nicht vorstellen was für Konsequenzen es hätte, wenn sie nicht in den Wald käme, geschweige denn was Remus und die anderen jetzt von ihr denken mussten.

Die Gänge waren nun fast ganz verlassen. Die meisten der Schüler waren schon in ihrem Gemeinschaftsräumen oder auf Slughorns Feier, wenn sie denn eingeladen waren.

Verwunderte Blicke folgten ihr, wenn sie an kleinen Gruppen von Schülern vorbeieilten. Auf der großen Freitreppe wurde Felice kaum langsamer. Gekonnt sprang sie die letzten Stufen hinunter und war in wenigen Sätzen an den eichenen Eingangsportalen, die jetzt eigentlich schon längst verschlossen sein müssten, aber wir durch einen glücklichen Zufall waren sie es noch nicht.

Mit ihrem ganzen Gewicht stemmte Felice sich gegen die schwere Holztür die knarrend nachgab und sie in die kühle Nacht entließ.

Voll von schrecklichen Vorahnungen was ihr Vater hier zu suchen könnte, rannte sie den Hügel hinab auf die Stelle zu, wo ihr Vater in den Wald verschwunden war.

Nach nur wenigen Metern hatte der Wald sie komplett in seiner Dunkelheit verschluckt, sodass sie vom Schloss aus nicht mehr zu sehen war, nur die hell erleuchteten Fenster des Schlosse drängen hier und da durch das dichte Geäst. Eine gespenstische Stille umfing Felice sobald sie die Baumgrenze überschritten hatte. Alles was sie hörte war das Rauschen ihres eigenen Blutes und das Klopfen ihres vor Angst schlagenden Herzens. Barfuß sprang sie über umgeknickte kleiner Bäume und duckte sich unter tief hängenden Ästen weg. Das Kleid knisterte bei jeder ihrer Bewegungen und schien von innen heraus wie ein Stück Kohle zu glühen und ihren Weg zu erleuchten.

Felice Atem ging stoßweise und in ihrer Seite stach es. Nach wenigen hundert Metern schien sich der Wald zu lichten, aber das war bloß eine größere Lichtung. Auf dieser Lichtung standen die drei vermummten Gestalten, von denen Felice wusste das einer davon ihr Vater war. Sie verlangsamte ihre Schritte und versuchte ihren Puls unter Kontrolle zu bringen.

Manchmal hatte Felice das Gefühl ihr Vater könne ihre Angst riechen, wie ein Bluthund der nur darauf wartet, sich auf seine Beute zu stürzen um ihr die Kehle herauszureißen.

Felice betrat die Lichtung und senkte ehrerbietungsvoll den Kopf. >>Vater<< Sie blieb einige Meter vor ihm stehen.

>>Felice Astoria.<< begrüßte er sie mit seiner kalten erbarmungslosen Stimme, die Felice Blut in flüssiges Quecksilber zu verwandeln schien.

>>Wie ich sehe vergnügst du dich heute Abend. Ist die deine Aufgabe so unwichtig geworden?<< Erschrocken von Felice den Blick. >>Nein, Vater. Ich hatte Euch dich geschrieben, dass—<< >>Schweig. Du langweilst mich.<< Sofort senkte sie wieder ihren Blick.

Auch die anderen beiden hatten die Kapuzen abgenommen.
Die zweite Gestalt war eine Frau. Alexia, Felice Mutter. Ihre sanften braunen Augen waren starr geradeaus gerichtet und sahen glasig ins nichts. Direkt hinter ihr stand ein junger Mann mit weißblondem Haar und eisgrauen Augen, der seinen Zauberstab in der Hand hielt.

Die Erbin GrindelwaldsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt