7| die Flammen des Talismans

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Kapitel 7|
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Mit Schrecken stellte ich fest, dass die silberne Kette um meinen Hals verschwunden ist. Panisch strich ich mir mit meinen Fingern über den Hals bis hin zur Brust. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Ein leichtes Hämmern breitete sich in meiner Schläfe aus. Nicht mehr lange und mein Kopf würde vom Dröhnen der Stimmen überflutet werden. Jetzt schon konnte ich ein leises Summen hören, das sich wie kochendes Wasser über meine Nervenenden goss. Neben der Panik kroch nun auch Angst in meinen Eingeweiden hoch. Sie konnte nicht weg sein. Ich würde sie niemals abnehmen. Die Kette war ein magisches Objekt, sie fiel nicht einfach von meinem Hals.

Ein glockenhelles, grausames Lachen erklang hinter mir.

Langsam kniff ich meine Augen zusammen. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen zu wem es gehörte. Sie machte es schon seit Wochen. Mich ärgern. Sich über mich lustig machen. Dumme Sprüche hinterherrufen. Alles was ich tat, was ich sagte, verwendete sie gegen mich. Ja, sogar meine Haarfarbe sorgte bei ihnen für gehässiges Lachen und gemeine Worte. Und dabei wusste ich nicht einmal, wieso sie sich so verhielten. Wieso sie so gemein zu mir waren. Hinter meinem Rücken tuschelten. Sich lachend zu mir umdrehten, während ihre grauen Augen über die Klamotten schweiften, die Grams mir gekauft hatte. Mich aus Versehen anrempelten und ihre spitzen Knochen in meine Haut rammten.

Trotz aller Hoffnung und stummen Gebete fanden meine Finger nichts. Langsam fiel meine Hand an meine Seite. Meine Lippen begannen zu zittern. Sie müssen sie mir weggenommen haben. Genau wie die Taschendiebe auf dem Markt, vor denen Grams mich immer warnte, müssen sie ihre Magie dazu eingesetzt haben, den Verschluss meiner Kette zu öffnen, um sie an sich zu nehmen. Nur wie konnten sie es tun? Niemand konnte sie berühren, geschweige denn mit Magie beeinflussen außer ich. Wie-

Ein stechender Schmerz schoss durch meinen Kopf. Stöhnend presste ich meinen Finger an die Schläfe. Meine stets kühle Haut sorgte nur oberflächlich für eine kurze Linderung. Nach und nach wurden die Stimmen lauter. Sie gruben sich in meinen Kopf und rissen alles auseinander. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren.

In mir wuchs Wut. So unfassbar große Wut. Doch selbst sie konnte die Angst nicht vertreiben, die sich in meinen Knochen festkrallte. Angst, die mir so bekannt war. Gewaltsam schob ich sie beiseite, ehe ich mich zu den Mädchen umdrehte. Sie sollten es nicht sehen. Weder den Schmerz, den sie mir durch ihren dämlichen Streich zufügten, noch die Angst, die ich vor ihnen ... und mir hatte.

Meine Tasche fiel mit einem dumpfen Knall auf den Boden. Als würden die Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fielen, von der Kette angezogen werden, glitzerte sie zwischen Julias Fingern. Leicht von einer Seite zur anderen schwingend hing sie an ihrer Seite herab. Wie hypnotisiert sah ich sie an.

Seitdem ich sie in meinem Besitz habe, ist sie nicht ein einziges Mal von meinem Hals gewichen. Und jetzt war sie ausgerechnet in den Händen einer überheblichen Luftelfe, der es Spaß machte, andere zu schikanieren. Ihnen so lange das Leben schwer zu machen, bis sie flehend vor ihr kauerten.

»Warum denn so verbissen, Moon? Suchst du irgendetwas?«, drang Julias Stimme durch das Rauschen in meinen Ohren zu mir durch. Ich riss meinen Blick von der Kette los und sah in ihre strahlend grauen Augen. Niemals hätte ein Fremder erahnen können, dass dieses Mädchen gemeiner als eine junge Pixie war. Ihre kugelrunden Augen sahen genauso unschuldig aus wie ihre Statur es in die Welt schrie: zierlich und doch elegant bewegte sie sich durch die Fluren der Schule.

»Gib sie zurück. Sie gehört nicht dir!«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ballte meine Hände zu Fäusten. So sehr, dass sich die Fingernägel in meine Handinnenfläche drückten und definitiv Abdrücke hinterlassen würden. Genau an denselben Stellen, an denen sie es immer taten.

Moonchild  - Entfesselte DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt