Kapitel 14 - Toni

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Wir legen ein unglaubliches Tempo vor. Im Wasser zu schwimmen und dabei keine Angst haben zu müssen, zu ertrinken, fühlt sich fantastisch an. Der kurze Ausflug mit Kilian ist nichts gegen das hier. Die Umgebung ändert sich ständig, bleibt aber immer bunt und farbenfroh. Wir sind bei weitem nicht die Einzigen im Meer und die Flora und Fauna ist Atemberaubend. Vor allem der Meeresgrund zieht meine Blicke an. Ständig wechseln sich bunte Korallen mit Unterwasserpflanzen ab und bieten ein einzigartiges Bild. Ganze Fischschwärme ziehen an uns vorbei und nehmen kaum Notiz von uns.

Während ich die Umgebung bewundere kommt mir ein Gedanke und ich schwimme neben Penelope.

»Warum habe ich mich nie verwandelt, wenn ich mit meiner Mutter in Seen baden war?«, spreche ich meine Gedanken aus.

»Weil Salzwasser für die Verwandlung notwendig ist«, antwortet Penelope ernst. »Deswegen können wir in Binnengewässern auch ertrinken.«

»Aha«, ist alles was ich dazu sage. Wie auch immer es funktioniert, es ist einfach fantastisch. Obwohl das Wasser höchstens um die fünf Grad warm ist, friere ich nicht. Im Gegenteil, ich fühle mich, als würde ich im Sommer bei 20 Grad im Schatten, unter einem Baum sitzen. Und ein Gefühl von Freiheit ergänzt das Ganze noch. Alles in allem bin ich ziemlich euphorisch und kann nicht anders, als die meiste Zeit vor mich hin zu lachen und einfach nur glücklich sein. Unsere Mission erscheint mir nicht mehr so schlimm und im Moment glaube ich alles schaffen zu können.

Kilian sagte mir, dass wir ungefähr fünf Stunden brauchen werden um den Bosporus zu erreichen, der das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet. Was mir doch unrealistisch erscheint. Wir sind in der Nähe der Schlangeninsel und wenn mich meine Geografie Kenntnisse nicht im Stich lassen, müssten es um die fünfhundert Kilometer bis zum Bosporus sein. Ein Auto würde das vielleicht in fünf Stunden schaffen, aber sicher keine schwimmenden Menschen.

Kilian lacht, als er meine Ausführungen hört.

»Toni, du musst aufhören als Mensch zu denken. Wir sind Meermenschen und ein bisschen Magie steckt überall drin. Was denkst du wie schnell wir sind?«

Ich zucke mit den Schultern.

»Keine Ahnung, vielleicht vierzig Stundenkilometer?« Es ist mehr eine Frage, als eine Annahme, da ich unsere Geschwindigkeit absolut nicht einschätzen kann.

Diesmal ist es Silas der lacht.

»Schätzchen, wir Meermenschen haben eine Durchschnittsgeschwindigkeit von Einhundert Stundenkilometer«, erklärt er und zischt an mir vorbei. »Wir sind nicht irgendwelche stinknormalen Fische. Wir sind Atlanter!« Lachend dreht er sich mehrmals um sich selbst und schwebt dann im Wasser um uns wieder aufholen zu lassen.

»Es kommt mir gar nicht so vor, als wären wir so schnell«, sage ich zu Kilian und er erläutert: »Weil es instinktiv geschieht. Wir könnten sogar ohne Schlaf mehrere Tage durchschwimmen. Aber das haben wir nicht vor.« Das beruhigt mich schon mal. Ich kann mir nicht vorstellen auch nur vierundzwanzig Stunden ohne Schlaf auszukommen.

Tatsächlich erreichen wir nach knapp fünf Stunden den Bosporus. Ich bin nicht einmal aus der Puste und wundere mich, wie das möglich ist. Aber zum Hinterfragen bleibt mir keine Zeit, da wir ab jetzt vorsichtiger sein müssen.

Im Kanal schwimmen wir relativ dicht an der Oberfläche, da er nicht so tief ist wie das Meer. An der flachsten Stelle ist er zwar immer noch sechsunddreißig Meter tief, aber trotzdem macht es uns alle nervös nicht ganz so tief zu tauchen wie noch im Meer. Vor allem da wir nicht direkt am Grund schwimmen. Ein angeborener Instinkt meldet sich und will, dass ich tiefer tauche. Besonders an den Brücken ist dieses Gefühl sehr intensiv. Hier im Kanal ist das Wasser nicht so schön, wie im offenen Meer, die Pflanzen sind nicht so bunt und alles wirkt irgendwie trüb. Zum Glück sind wir in weniger als einer halben Stunde durch den Bosporus durch und schwimmen nun im Marmarameer. Hier probiere ich mich aus und schaue wie schnell ich den anderen davon schwimmen kann. Ich bin schneller als ich es je für möglich gehalten hätte.

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