Kapitel 25 - Kira

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Die Stimmung ist gedrückt, nachdem Kilian, Toni und Helios aufgebrochen sind um alleine das zweite Artefakt zu bergen. Wir sind alle Erschöpft und Lopes Verletzung setzt uns allen zu, vor allem da keiner weiß, wie es dazu kam. Alessio hat Lopes Wunde versorgt und nun können wir nichts tun, als zu warten. Lethe und ich sitzen neben Silas, während Lope, die sich von Alessio halten lässt, uns gegenüber sitzt.

»Irgendwie nerven mich diese weißen Strände«, sagt Lethe und schaut dabei niemand bestimmtes an.

»Ja ich kann sie so langsam auch nicht mehr sehen«, stimmt Silas ihr zu, was mich ein bisschen überrascht.

»Warum?«, fragt Lope. »Ich finde sie schön. Sie sind so friedlich.« Lethe wirft ihr einen abschätzigen Blick zu.

»Sie sind trügerisch«, erwidert sie und Silas stimmt ihr zu: »Genau. Sie vermitteln das Gefühl, das alles gut ist, dabei ist nichts gut.« Wütend kickt Silas den Sand zu seinen Füßen weg.

»Sie vermitteln Hoffnung«, widerspricht Lope. »Sie geben mir das Gefühl, dass alles wieder gut werden kann.«

»Und was wenn es nicht wieder gut wird?«, fragt Silas so heftig, dass ich überrascht zusammenzucke, genauso wie auch Lope die ihn hitzig anstarrt.

»Es wird alles wieder gut«, gibt sie überzeugt und mit etwas zu lauter Stimme zurück. »Toni wird die Artefakte finden und Atlantis retten.« Silas springt auf und Wut spiegelt sich auf seinen Zügen wieder.

»Das kannst du gar nicht wissen. Wir sind schon ewig unterwegs und haben noch nicht mal zwei Artefakte gefunden.«

Hitzig diskutieren die zwei weiter und ich versuche den Streit zu schlichten. Schließlich beruhigen sich die Gemüter wieder und Silas und Lope holen einmal tief Luft, bevor sie sich wieder setzen.

Erleichtert seufze ich auf und fange dabei Lethes Blick auf, die mich feindselig anstarrt. Was habe ich ihr denn nun schon wieder getan? Ich verstehe nicht, wie ein so liebenswertes und nettes Mädchen, so eine Zicke werden konnte. Mit einem letzten wütenden Blick auf mich, verschwindet Lethe hinter einigen Felsen und ich bin froh sie erst einmal nicht in der Nähe zu haben. Irgendetwas stimmt mit ihr nicht, aber ich komme einfach nicht dahinter was es sein kann.

»Worüber machst du dir sorgen?« Silas Stimme klingt bedrückt und ich zwinge mich zu einem Lächeln, welches er erwidert.

»Ich weiß auch nicht«, versuche ich meine Gedanken in Worte zu fassen. »Irgendwie scheint diese Reise verhext zu sein. Ständig passiert etwas und wir kommen nicht wirklich vorwärts. Immer wieder müssen wir Toni allein lassen, weil die Artefakte sich sonst nicht zeigen. Was wenn sie sich ernsthaft verletzt? Oder wenn sie bei dem Versuch unsere Welt zu retten stirbt? Könnten wir wirklich damit leben?«

Silas zuckt mit den Schultern und schaut auf das Meer hinaus. Als ich schon nicht mehr mit einer Antwort rechne, sagt er leise: »Wir müssen das Risiko eingehen, denn wenn wir es nicht tun, ist unsere Welt verloren.«

Und ich weiß, dass er Recht hat. Das heißt aber nicht, dass es mir leicht fällt und ich mir keine Gedanken mache.

»Ich werde mal schauen wo Lethe steckt«, sage ich leise um nicht weiter nachdenken zu müssen. Silas hält mich nicht zurück als ich aufstehe und gehe. Ich finde Lethe hinter einer umgestürzten Palme und sie zuckt zusammen, als sie mich kommen hört.

»Was willst du?«, fragt sie pampig und überrascht mich wieder einmal mit ihrer harten Stimme, die so gar nicht zu ihrem sanften Äußeren passen will.

»Ich wollte nur sehen, ob es dir gut geht«, gebe ich so ruhig wie möglich zurück.

»Es geht mir gut«, erwidert sie. »Ich wollte nur mal alleine sein.«

Erst jetzt fällt mir auf, dass ihr Gesicht rot geworden ist, als hätte ich sie bei irgendetwas ertappt. Mein Misstrauen gegenüber Lethe wächst und ihr Verhalten ist nicht ganz unschuldig daran. Was zum Hades verbirgt sie vor uns?

»Bist du dir sicher? Was hast du gemacht bevor ich kam? Es sah aus als hättest du irgendwas versteckt«, hake ich nach und versuche hinter Lethes Rücken zu spähen.

»Ich habe nichts gemacht«, fährt Lethe mich an und springt auf die Beine. »Außerdem hast du mir nicht hinterher zu spionieren. Nur weil du eine Prinzessin bist, musst du nicht alles wissen!«

Zu perplex um etwas zu erwidern, kann ich ihr bei ihrem Abgang nur hinterher starren. Ich weiß wirklich nicht was in sie gefahren ist, aber irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Seufzend untersuche ich den Platz an dem Lethe eben gesessen hat, kann aber nichts finden. Vielleicht werde ich ja auch langsam einfach nur paranoid. Kopfschüttelnd gehe ich wieder zu den anderen und muss feststellen, dass Alessio und Silas sich anschreien. Der Anblick ist so ungewohnt, dass ich die beiden einen Augenblick lang nur anschauen kann. Auch wenn ich nicht weiß worum es geht, versuche ich den Streit zu schlichten, doch Alessio ist nicht bereit so leicht nachzugeben. Und Silas schüttelt meine Hand ab, als ich versuche ihn so zum Einlenken zu bewegen. Beide wollen auf ihren Standpunkten beharren und aus den Augenwinkeln kann ich Lethe leicht lächeln sehen und obwohl sie den Sand zu ihren Füßen betrachtet, werde ich das Gefühl nicht los, dass sie sich über die Uneinigkeit in der Gruppe freut. Aber was hätte sie denn davon?

»Worum geht es überhaupt?«, frage ich, als die beiden Streithähne sich immer noch nicht beruhigen wollen.

»Silas meinte, dass Lope sich absichtlich verletzt hat, damit sie nicht weiter muss«, erwidert Alessio und wirft Silas einen giftigen Blick zu. Das ganze klingt so absurd, dass ich kurz auflache. Lope würde sich niemals vor etwas drücken.

»Das habe ich so nicht gesagt«, hält Silas dagegen. »Ich kenne doch Lope und weiß, dass sie sich vor nichts drückt. Du hast meine Worte falsch aufgefasst.«

»Du willst also sagen, dass ich lüge?«, ruft Alessio aufgebracht und macht einen Schritt auf Silas zu. Was ist hier bloß los?

»Das habe ich doch gar nicht gesagt«, schreit Silas zurück.

Die beiden kabbeln sich weiter und ich brauche noch eine ganze Weile ehe ich diesen Streit schlichten kann. Es passt weder zu Silas noch zu Alessio, so hitzig zu sein. Beide sind ruhige Zeitgenossen und verwandeln sich nur bei ernster Gefahr in Krieger, die alles tun um die Menschen zu beschützen die sie lieben. Deswegen kann ich den Streit einfach nicht verstehen. Nur mühsam gelingt es mir die erhitzten Gemüter zu beruhigen und wieder habe ich das Gefühl, dass Lethe mir einen Blick schenkt der mich eigentlich tot umfallen lassen müsste. Hoffentlich sind Kilian, Helios und Toni erfolgreich und kommen bald wieder, denn ich weiß nicht was ich tun werde, wenn Silas und Alessio sich wirklich an die Gurgel gehen wollen.

Um weitere Streits zu verhindern, setze ich mich neben Silas und verwickele ihn in ein Gespräch über Bücher. Als Bibliothekar weiß er alles über die Schätze die sich in Atlantis' Bibliothek verbergen. Das Gespräch ist angenehm und es überrascht mich ein bisschen, dass man sich mit Silas so gut unterhalten kann. Es lenkt mich ab und nimmt mir ein bisschen von dem Druck, den ich seit geraumer Zeit auf meiner Brust spüre

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