55. Stradivarius Pavlos

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Umso länger Felice sich in den Mauern des Instituts aufhielt, desto mehr geriet sie ins Staunen. Natürlich war sie noch nie im Ministerium in London gewesen, aber dennoch konnte sie sich nicht vorstellen, dass es dort genauso prunkvoll war wie hier.

Goldene Kronleuchter hingen von der hohen Decke, die von üppigem Stuck geziert wurde. Felice folgte dem Professor unzählige verschlungene Treppen aus entweder weißem oder schwarzem Marmor immer tiefer in den Bau hinunter, aber dennoch nahm die Pracht des Ambientes nicht ab.

Im Gegenteil, immer wieder entdeckte Felice immer neue kleine Details die diesen Ort unverwechselbar machten. Porträts der größten Europäischen Zauberer und Hexen. Auszeichnung und Urkunden.

Die Gesichter an den Stuckverzierungen schienen ihnen mit den Augen zu folgen, als würden sie über dieses Gebäude wachen. Die Menschen auf den Gemälden blickten ihnen nach, tuschelten untereinander und immer wieder viel der Name Grindelwald, wenn sie sich gegenseitig in ihren Bilderrahmen besuchten und die Köpfe zusammensteckten.

Das Ziel des Professors war aber letzten Endes ein langer dunkler Flur, aus glatt poliertem schwarzen Marmor, in dessen Gestein es immer wieder golden funkelte.

Im direkten Vergleich zu dem Rest des Gebäudes, wirkte dieser Flur aber beinahe Schmucklos. Die Tatsache, dass sie sich hier tief unter der Erde befanden und der dunkle Gang sie einen ticken zu sehr an das unterirdische Labyrinth in Elder Hall erinnerte, löste in Felice Brust ein beklemmendes Gefühl aus.

Laut hallten ihre Schritte von den glatt polierten Oberflächen wieder.
>>Wenn dieses Archiv so bekannt ist, wieso sind wir hier unten dann die einzigen, Sir?<<, fragte Felice schließlich, als sie die unheimliche Stille nicht mehr ertrug.

>>Bekannt ja, aber um Zutritt dazu zu bekommen muss ein Antrag gestellt werden, der in den seltensten Fällen bewilligt wird. Ah, da sind wir auch schon.<<

Dumbledore hielt vor einer Tür, an der Felice, wäre sie denn allein hier gewesen, bestimmt vorbeigelaufen wäre. Ohne zu klopfen, öffnete der Professor die Tür und betrat die Weiläufige Bibliothek. So dunkel der Weg dorthin gewesen war, desto heller erstrahlte die Bibliothek.

Die Deckenhohen Regale waren aus weiß lackiertem Holz, mit goldenen Verzierungen. Die Decke wölbte sich so weit über ihnen, dass Felice den Kopf in den Nacken legen musste um bis zu ihr empor sehen zu können.

>>Wow...<<, formten ihre Lippen lautlos, als sie die Stuckverzierte hellblaue Decke betrachtete, auf der hunderte von Sternzeichen verzeichnet waren. Den Kopf in den Nacken gelegt drehte sie sich langsam einmal um sich selbst. Der helle Parkettboden unter ihren Füßen knarzte leise und der gesamte Raum wurde von dem typischen Duft nach Staub, Pergament, Tinte und altem Leder erfüllt.

Felice war so gefesselt von diesem Ort, dass sie das herannahen einer hochgewachsenen schlanken Gestalt gar nicht bemerkte, die sich nun dicht neben sie stellte. >>Beeindrucken nicht wahr?<<, hörte Felice dann eine unnatürlich hohe Stimme direkt an ihrem Ohr.

Erschrocken zuckte sie zusammen und sah den Mann zu ihrer linken an, doch dieser schien selbst die Decke zu betrachten.

Alles an der Gestalt des Mannes schien Farblos zu sein. Das lange weiße lockige Haar, welches ihm beinahe bis zur Hüfte reichte, die durchscheinende blasse Haut, die Hellen Wimpern und die blassen Lippen. Die Tatsache, dass auch seine komplette Kleidung farblos war, schien diesen Effekt nur noch zu verstärken. Lächelnd drehte der bestimmt zwei Meter große Mann leicht den Kopf und sah auf Felice herunter. Irgendwie erinnerte er sie an einen Weberknecht, mit seiner hochgewachsenen schlanken Gestalt. Und soweit Felice es erkennen konnte, schienen seine Augen die einen unnatürlich hellen Blau ton besaßen, das einzige an ihm zu sein, dass irgendwie farblich war. Durch seine durchscheinende Papierweiße Haut, konnte Felice beinahe jede einzelne Vene erkennen.

Verwundert starrte sie den Mann einfach nur an, den Mund wie ein Karpfen aufgeklappt. >>Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass es unhöflich ist, Menschen die ein wenig anders aussehen, anzustarren?<<, in der Stimme des Mannes klang nicht der leiseste Hauch eines Vorwurfs. Dann jedoch wurde der Blick des Mannes glasig und es schien, als würde er Felice gar nicht mehr wahrnehmen, auch die Farbe seiner Augen veränderte sich zu einem leuchtenden Grün. Wie zwei Smaragde blitzten sie ihr entgegen.

>>Ah... verstehe... Deine Mutter hat dir nie etwas beigebracht. Du sehnst dich nach der Liebe einer Mutter und danach, bei deinem Bruder zu sein. Oh nein, Rache will sie haben... Doch gib acht, dass du nicht auf dem Pfad der Dunkelheit geführt wirst. Hüte dich vor den Violetten Flammen, sie könnten den Untergang des Phönix bedeuten.<<, säuselte seine hohe Stimme, so als sei er geistig gar nicht richtig Anwesend. Verwirrt starrte Felice ihn an und runzelte die Stirn. >>Entschuldigen Sie bitte?<<

>>Stradivarius Pavlos! Es ist schön dich wiederzusehen!<<, die Stimme des Professors schien den, nun nicht mehr Namenlosen Mann, aus seiner Trance zurückzuholen. >>Ich hatte dich eigentlich an deinem Schreibtisch am anderen Ende gesucht gehabt.<<

>>Albus Dumbledore... Eine wahre Freude und Ehre Sie wiederzusehen. Ich wurde etwas... abgelenkt. Eine Spontane Vision...<<, säuselte Pavlos und schien auf den Professor zu zuschweben, anstatt das er lief.

>>Die anderen Manuskripte? Natürlich erhaltet Ihr sie, Professor.<<, antwortete der unheimliche Mann ohne, dass der Professor auch nur ein Wort gesagt hätte, als habe er seine Gedanken gelesen.
>>Ich danke dir, Stradi.<<

>>Wie ich sehe, war das Manuskript Gryffindors hilfreich, ansonsten wäre sie nicht hier.<<, sprach er während er Geisterhaft vor ihnen voranschritt, bis zu einer schwer gesicherten Vitrine in denen sich drei beinahe identische Bücher befanden.

Eines in Smaragdgrünem Leder gebunden mit der silbernen Schlange Slytherins darauf. Eben so eines in Gelb mit Hufflepuffs Dachs und ein blaues mit dem Bronzenen Adler Ravenclaws. Irgendwie kamen diese Bücher Felice bekannt vor, als habe sie schon mal eines davon gesehen. Hätte neben diesen Büchern, das Manuskript von Grodric Gryffindor gelegen wäre die Sammlung komplett gewesen. >>Es ist nicht der richtige Zeitpunkt darüber zu sprechen. Es wird alles so kommen—<< 

>>–wie es vom Schicksal vorherbestimmt ist.<<, beendete Pavlos den Satz Dumbledores.

>>Genau so ist und genau deswegen ist es auch gut, die Zukunft nicht zu kennen. Schick mir die Manuskripte bitte wie vereinbart nach Hogwarts. Felice? Kommst du bitte? Es wird Zeit...<<, damit drehte sich der Professor um, so als könne er es kaum erwarten hier rauszukommen und eilte zur Tür.

Es wird Zeit...

Diese Worte ließen Felice einen Eiskalten Schauder über den Rücken laufen und alles was sie konnte war stumm nicken. Schwer schluckend wandte Felice sich genauso wie der Professor zum gehen, wurde aber am Arm gepackt und zurückgehalten.

>>Bedenken Sie meine Worte, Fräulein Grindelwald. Das Feuer des Phönixes wird verlöschen, wenn Sie die dunklen Pfade beschreiten und sich blenden lassen.<< Damit ließ er ihren Arm ruckartig los und schwebte wieder die Gänge entlang bis er zwischen den riesigen Regalen verschwunden war.

Felice und Professor Dumbledore hatten das Gebäude danach so schnell verlassen, dass Felice sich wunderte, wie es sein konnte, dass sie plötzlich auf den belebten Straßen Wiens standen. >>Nimm meinen Arm.<<, wies Dumbledore sie an und hielt Felice seinen ausgestreckten Arm hin. Nur zögerlich ergriff sie sie, bevor sie auch schon ein ziehen am Bauchnabel verspürte und das Gefühl hatte durch einen engen Schlauch gepresst zu werden.

Mit einem leisen Knall verschwanden sie beinahe unbemerkt von den Straßen. Nur der alte bärtige Obdachlose der es sich im Windschatten des Operngebäudes gemütlich gemacht hatte, kratzte sich verwirrt den Kopf. Hatte doch bis eben noch ein bärtiger Mann mit einem jungen Mädchen gestanden.

>>Verrückt is des...<<, grummelte er vor sich hin und schüttelte den Kopf. >>Immer diese Verrückten... Gehen ein und us', do'mir gloabts eh keiner...<<

Die Erbin GrindelwaldsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt