𝟐𝟒. 𝐒𝐋𝐄𝐄𝐏𝐋𝐄𝐒𝐒 𝐍𝐈𝐆𝐇𝐓

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~~MORGAN~~
~Freitag~

Die unangenehm kalte Nachtluft schließt sich um mich und ich reibe mir meine Arme. Ich habe meine Jacke nicht mitgenommen. Dafür ging gerade alles zu schnell. Ich schlucke und drehe mich einmal im Kreis. Die Sonne geht gleich unter und ich stehe mitten auf der Gasse mit einem Shirt, wobei wir nur zehn Grad haben.

Höchstens.

Warum haben wir im September nur so wenig Grad? Ich sehe mich um, aber die Gasse ist leer. Ich atme die Luft ein und fasse mir kurz an den Kopf. Bee schläft mit Jeremy. Bee ist mit ihm zusammen. Um gottes Willen. Mein Bruder und meine beste Freundin. Na Großartig. Bevor ich weg bin sind die beiden sich immer an die Gurgel gegangen. Es hat mich gewundert warum die sich nachdem ich wiedergekommen bin wieder so gut verstanden haben, ja, aber ich habe nicht gleich damit gerechnet, dass die beiden miteinander schlafen.

Ich würde sagen Gegensätze ziehen sich aus.

Gott, der Gedanke hört sich komplett absurd an. Ich raufe meine Haare und laufe die Straße hoch und runter. Die Kälte spüre ich kaum mehr. Als ich die Straße entlanglaufe, bin ich nur noch in Gedanken. »Morgan?«, höre ich Bees Stimme hinter mir. Ich drehe mich wie aus allen Wolken gefallen zu ihr herum und zucke kurz zusammen. Sie verschränkt die Arme vor der Brust, weil sie auch keine Jacke anhat. Sie sieht aus wie eine Leiche.

Ich sehe wie sie schluckt und auf einmal überkommt mich ein Schuldgefühl und ein Klos bildet sich in meinem Hals. Ich senke den Blick auf den dreckigen Asphalt. »Ja«, antworte ich leise und sehe nicht auf. Sie bleibt fünf Schritte von mir entfernt. »Es tut mir so leid. Es war zu früh, um dir das alles zu sagen. Es ist meine Schuld.« Ihre Stimme ist von Schuldgefühlen nur so getränkt und mein Kopf schießt zu ihr hoch. Ich schüttele frustriert und entschlossen den Kopf und sehe ihr in die Augen, als ich seufze.

»Nein, wenn es später gewesen wäre, dann wäre ich nur noch mehr... keine Ahnung... gewesen«, sie zuckt zusammen, als ich eine Pause mache und ihre Augen verlieren endgültig jeden Glanz, »jetzt bin ich glücklich, dass ich es weiß... Gott, ich freue mich für dich, für euch... es ist nur komisch zu wissen, dass deine beste Freunin seit Wochen, vielleicht Monaten was mit deinem Bruder hat, wenn du verstehst was ich meine. Es ist einfach komisch und ich musste kurz frische Luft schnappen, weil es mich geschockt hat«, schiebe ich schnell hinterher und ihr Brustkorb hebt sich bebend.

Ich sehe durch die Straßenlichter, dass sich Tränen in ihren Augen sammeln. Und ich weiß, dass sie es nicht kontrollieren kann. »Du bist... also nicht sauer auf mich?«, fragt sie leise. So leise, dass sie es auch nicht gesagt haben könnte. Ich schüttele wieder langsam den Kopf. »Nein, ich bin nicht sauer... vielleicht etwas enttäuscht, dass du es mir nicht früher gesagt hast, aber sonst nein. Ich will nur das Beste für dich und dass du glücklich bist. Und wenn mein Bruder gut zu dir ist und du glücklich bist, dann kann ich nichts dagegen sagen.«

Bee zittert leicht, sie ist offensichtlich genauso fertig wie ich. Ich breite die Arme aus und laufe auf sie zu. Sie kommt mir entgegen und schlingt die Arme fest um mich. Sie zittert am ganzen Körper, als sie schluchnzt. »Ich hatte so Angst, dass du jetzt richtig wütend auf mich bist.« »Das könnte ich nicht, Süße. Ich bin nur sauer, wenn du mir nicht sofort alles erzählst.« Sie stößt ein Lachen aus und zieht mich fester an sich. Dann lässt sie mich los und drückt mir einen Kuss auf die Wange und ich schließe die Augen.

Sie setzt sich auf den kalten Asphalt, als wäre es ihr egal, dass sie krank werden könnte und ich tue es ihr nach. Ich lehne meinen Kopf an ihre Schulter. Jede Wut in mir ist verklungen und ich genieße einfach den Moment, diese Ruhe. Auf dieser verlassenen Gasse. »Wie lange?«, möchte ich wissen, nach einer Minute Schweigen. Sie holt tief Luft und wischt sich einmal übers Gesicht, um sich selber etwas zu beruhigen.

BREATHLESS  - even roses can break Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt