Kapitel 109: Der richtige Moment

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Eine sanfte Bewegung an seinem Kopf weckte ihn, blinzelnd öffnete er die Augen, eine helles Licht blendete ihn.
„Es wird Zeit aufzustehen", es war Hermines Stimme, sie flüsterte, aber es drang durch Mark und Bein, „wach auf", er schlug seine Augen auf, sah in eine strahlendes, lächelndes Gesicht.
Er lächelte ebenfalls, setzte sich langsam auf, strich sich durch das Gesicht und musterte sie, „warum lächeln Sie so?"
„Eine neue kleine Reise beginnt... das ist doch aufregend", sie grinste, stand dann auf und kochte Tee auf. Ein letztes Frühstück, dann würden Sie Thailand verlassen.

Severus war schneller fertig als gedacht, das Frühstück verlief ebenfalls sehr schnell und recht wortkarg, sie reinigten die gebrauchten Gegenstände magisch, packten alles zusammen was sie brauchten und ihnen gehört, Severus achtete peinlich genau darauf, die Muschel einzupacken. Hermine hing sich die Tasche um, dann verließen sie die Hütte, gingen in den Dschungel und holten das Fischerboot aus seinem Versteck.
Sie legten das Boot in der Nähe des Strands ab, Hermine ging zu der Hütte Rezeption, in der Yai sie neugierig beobachtete.
„Wir wollten uns verabschieden...", sagte Hermine freundlich, Pan stieß dazu.
„Ich hoffe es hat Ihnen trotz des Regens gefallen...", sagte der junge Mann.
„Es ist wunderschön", Hermine nickte, „ich möchte mich für die Gastfreundschaft bedanken... das viele gute Essen...", Hermine lächelte zu Yai, „Wir haben uns etwas überlegt und das ist nach allem, was Sie für uns getan haben das Mindeste, was wir zurückgeben können. Auf dem Pfad am Strand steht ein Boot, darin ist alles, was Sie zum Angeln benötigen... und einige Werkzeuge."
„Wie... woher...", Pan sah Hermine verdattert an.
„Das ist nicht wichtig.", sie hoffte, er würde es damit belassen.
Ungläubig schüttelte er den Kopf, verneigte sich gefühlte hundert Mal.
„Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder", sie lächelte, verließ dann die Hütte, ging schnell zurück zu ihrer Hütte, Severus wartete bereits, die Flasche schwebte neben ihm.

Zeitgleich ergriffen sie den Portschlüssel und fühlten wieder dieses unangenehme Kribbeln und Ziehen im Bauch und an ihren Fingern, keine Sekunde später lagen sie unter wolkenfreiem Himmel in der schwärzesten Nacht, die Hermine jemals gesehen hatte.
„Wir sind...", sie sah sich um, „direkt auf dem Teide, naja nicht auf der Spitze... aber sehr weit oben.", beendete Severus als er sich aufrappelte.
Hermine sah auf, das was sie sah, verschlug ihr beinahe die Sprache, nicht nur die schwärzeste Nacht hatte sich um sie gelegt, sie sah die hellsten Sterne, hatte die klarste Sicht auf das Himmelszelt. Sie sah die Milchstraße, die unendlichen Farben, die sich durch den Staub, die Gesteinsbrocken und erloschenen Sterne zogen.
Ihre Augen füllten sich fast automatisch und unbemerkt mit Tränen, die schnell und leise über ihre Wangen flossen.
„Hab ich zu viel versprochen?", Severus stellte sich nah hinter sie, folgte ihrem Blick, es war schmerzhaft schön, so schön, dass er fast das Gefühl hatte kein Mensch dieser Welt wäre dieses Anblickes würdig, am allerwenigsten er.
Eine große Ehrfurcht legte sich auf ihn, diese Welt, das Geheimnis hinter dieser Welt, das alles war mehr als ein Mensch verstehen konnte, die Komplexität des Seins.

Hermine ließ langsam die Tasche sinken, sie strich sich die Tränenspur von der Wange, atmete tief durch, konnte ihre Augen einfach nicht von den Sternen nehmen.
Sie spürte zwei starke Arme, die sich langsam um sie schoben, eine Wange an ihrer, das Kinn auf ihre Schulter gelegt.
„Ich glaube... das ist eine der schönsten Sachen, die Menschenaugen je erblicken könnten", flüsterte er ganz nah an ihrem Ohr, „ich bin sehr froh, dass ich es mit Ihnen sehe."
Ihre Augen tränten noch ein wenig mehr, große Tränen kullerten aus ihnen, sie suchte Halt an seinen Armen, hielt seine Hände ganz fest, die an ihrem Bauch waren.
Sie drehte sich in seinen Armen um, sein Blick rückte von den Sternen am Himmel zu funkelnden und immer noch leicht tränenden Diamanten vor ihm, er löste eine Hand von ihrem Rücken, strich über ihre Wange, drückte ihren Mundwinkel ein wenig nach oben.
Hermine lachte leicht, „es tut mir leid... es ist einfach so schön", sie legte ihre Arme um seinen Hals und umarmte ihn, nahm tiefe Atemzüge.
„Glauben Sie... wir könnten noch eine Nacht im Zelt verbringen?", fragte er leise während er über ihren Rücken strich.
„Sehr gerne", sie löste sich, hob die Tasche auf, kramte ein Zelt heraus und ließ es sich aufstellen, die Decken und Kissen warf sie in das Zeltinnere.

Severus hatte seinen Blick wieder auf den Sternenhimmel gerichtet, „Antares", er schnaubte leicht.
„Was ist Antares?", fragte Hermine, ging zu ihm und suchte den Punkt, den er fixierte.
„Ein roter Überriese...ein... sterbender Stern... er befindet sich in der letzten Entwicklungsphase", sagte er leise.
Der Stern, von dem er sprach, war gut sichtbar für Hermine, er strahlte rot und hell und war sehr viel größer, als die anderen.
„Sterben kann auch schön sein", sagte sie nachdenklich, lehnte sich nun an seinen Rücken.
„Nur wenn man ein Stern ist...", er schmunzelte leicht, „wenn man sich in ein hell leuchtendes Feld von Trümmern in die Weiten des Alls verteilt... eine Wolke von schillernden Nebelschwaden, glitzernd und lebhaft...", er atmete durch, „Nein... Sterben ist nicht schön. Das Leben ist viel schöner", er sah zu ihr, sie sah ihn fasziniert an, als könnte sie in seinen Augen den eben erwähnten sterbenden Stern sehen, die Wolke von schillernden Nebelschwaden. Sie überbrückte den Abstand zwischen ihren Lippen und drückte sie auf seinen Mund, es war nicht besonders romantisch, aber es war echt, gefühlvoll und der richtige Moment.
Severus erwiderte den Kuss schnell, drehte sich zu ihr, Hermine krallte sich in seine Haare und zog ihn noch weiter zu sich, sie wollte ihn voll und ganz an sich spüren.

Die Küsse waren intensiv und leidenschaftlich, sie harmonierten perfekt miteinander, Hermine wollte mehr, sie brachte ihre Zunge ins Spiel, forderte denselben Einsatz von ihm.
Nach einer schier unendlichen Zeit, in der sich ihre Lippen um die des anderen legten, lösten sie sich, sahen einander an, atemlos, aber unfassbar glücklich.
Severus konnte nicht lange ohne ihre Lippen und drückte nun seinen Kopf in ihre Richtung, legte seine Lippen auf ihre, die mittlerweile geschwollen waren. Hermine strich durch seine Haare, drückte sich ihm entgegen, stöhnte leicht in seinen Mund, diese Knutscherei weckte die Lust auf mehr, sie musste die Situation ein wenig bremsen, sie löste sich von ihm, er legte seine Lippen an ihre Wange, küsste ihre Kieferpartie, dann ihren Hals.
Er spürte das Pulsieren, das durch ihre Adern und Venen schoss, an seinen Lippen, er sah auf. Hermine sah ihn verträumt an, der Mund leicht geöffnet, sie atmete aufgeregt, sie musste klare Gedanken fassen.
Sie wollte so gerne mit ihm schlafen, aber nicht unbedingt im Zelt auf einem Vulkan, auch wenn es vermutlich einmalig wäre, sie lachte leicht bei den Gedanken, Severus sah sie unschlüssig lächelnd an.
Du vergisst schon wieder die Verhütung!, warf ihre Stimme ein, die Kondome hat er noch nicht... von Pillen und Tränken hältst du besser Abstand..., sie schüttelte den Kopf, gut, dass sie sich selbst vor unüberlegten Handlungen stoppte.
„Was geht da schon wieder in deinem Kopf vor?", fragte er schmunzelnd, konnte aber nicht widerstehen seine Lippen an die weiche Stelle unter ihrem Ohr zu legen und zu küssen.
Hermine schloss die Augen, seufzte leicht, sie war Wachs in seinen Händen, krallte sich in seine Schultern, „wir müssen das verschieben...", hauchte sie, streichelte über seinen Hinterkopf und den Nacken.
„Schon wieder warten?", nuschelte er anklagend und sah auf, musterte sie und knurrte, „Du schon weißt wie schwer es ist dir zu widerstehen, oder?"
„Das beruht auf Gegenseitigkeit, das kannst du mir glauben.", sie biss sich auf die Lippe.
„Aber?"
„Aber...", sie wurde abgelenkt, als er wieder ihren Hals küsste und sie langsam zum Zelt schob, „Severus... bitte."
„Was ist denn?", er sah sie besorgt an, strich ihr eine Strähne zurück.
„Verhütung?"
„Oh..."
„Ja.. was das angeht sollten wir noch warten...", sie legte die Arme um seinen Nacken, „auch wenn es uns schwer fällt. Aber wir haben so lange gewartet... eine Nacht schaffst du auch noch."

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