XXI | Tarot

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Henry zupft an meinem Ärmel. „Kathy?" Fragend sehe ich zu ihm hinunter. „Können wir weiter? Ich will dir was zeigen!"

Willenlos lasse ich mich von ihm mitziehen. Ich muss leicht gebückt laufen, damit er nicht an meinem Ärmel in der Luft herum baumelt. Süßer kleiner Henry. Er ist schon jetzt mein Lieblings DeVilers. Ungeduldig stampfend zieht er mich hinter sich her durch die langen Gänge. Mittlerweile haben wir den etwas dunkleren Bereich verlassen und gehen jetzt durch einen Flur, der auf einer Seite verglast ist und so Mondlicht hinein fallen lässt. Auf der anderen Seite hängen Bilder. Auf ein paar kann ich Elijah erkennen, in unterschiedlichen Zeiten. Auf einem trägt er eine Aufwendige Robe mit Halskrause, und seine Hand ruht auf dem Schaft eines majestätischen Schwertes, was am Gürtel seiner Hose befestigt ist. Auf einem anderen steht er in einem Anzug und mit einer Melone auf dem Kopf vor einem Kamin. „Ist das Elijah?" Frage ich vorsichtshalber nochmal nach. Henry nickt so, als würde es ihn wundern, dass ich Elijah noch nie mit Melone oder mit Waffe gesehen habe. Aber mehr Zeit nachzudenken habe ich nicht. Henry zieht mich schon weiter. Auf eine schmale dunkle Tür zu. Zielstrebig marschiert der kleine Junge auf die Tür zu.

„Henry", beginne ich warnend, aber im nächsten Moment wird meine Wange schon an dem Holz platt gedrückt. „Henry", Nuschle ich.

Merkt der Zwerg denn nicht, dass ich nicht so wie er durch die Tür laufen kann? Henrys Köpfchen steckt sich durch das Holz auf meine Seite. „Oh", erstaunt mustert er mich, wie ich da an der Tür hänge. Durch meine Hand, die er immer noch umklammert hält, kann ich mich nicht von der Tür lösen.

„Könntest du mich vielleicht loslassen?" Murmle ich gegen das Holz.

„Oh", Henry schlägt sich die Hand vor den Mund. „Natürlich."

Erleichtert löse ich mich von der Tür. „Danke." Ich streiche den Stoff meiner Hose glatt. Henry schenkt mir ein entschuldigendes lächeln. „Komm rein!" Fordert er und sein Kopf verschwindet wieder.

Die Tür kritisch betrachtend verschränke ich die Arme vor der Brust. Ich will wirklich nicht in Elijahs Privatsphäre herumschnüffeln. Aber was ist, wenn da irgendwas drinnen ist was Henry verletzen könnte? Naja, er ist ein Geist, er kann sich nicht mehr verletzen. Aber ganz ehrlich: Elijah ist nachts durch mein Fenster geklettert und hat mich beim schlafen beobachtet. Mehr Einbruch in Privatsphäre geht ja gar nicht! Entschlossen entknote ich meine Arme und mache einen Schritt auf die Tür zu. Sie hat keine Türklinke sondern nur einen goldenen Drehknauf. Entschlossen drehe ich ihn und stoße die Tür auf.

Dahinter verbirgt sich ein dunkler Raum. Suchend taste ich an der Wand nach dem Lichtschalter. Als ich ihn schließlich finde, flammen entlang der Wände Lichter auf. Der Raum in dem ich zusammen mit Henry stehe, ist wundervoll. Anders als die anderen Räume im Haus, ist dieser hier sehr modern eingerichtet. Ein großes Ecksofa an einem der Wände, eine komplett verglaste Wand die, die Sicht auf einen kleinen Bach und ein Stück Wald freigibt, entlang der Wände hängen viele Bilder. Aber dieses Mal keine von Personen, sondern Landschaftsbilder oder, keine Ahnung, abstrakte Kunst oder so. Aber soweit ich das sehe, sieht es so aus, als wären sie von Elijah gemalt worden. Dazu trägt auch die Restausstattung des Raumes bei. In der Mitte steht ein großer, ehemals, weißer Granitblock mit Mal-Utensilien darauf. Davor eine Staffelei mit einer Leinwand und Pinseln. An den Wänden stehen Kommoden mit Büchern und Ordnern. Die Lichtquelle des Raumes sind kleine Lämpchen, die an den Wänden hängen und wie kleine Kerzenhalter aussehen.

„Beim Heiligen Geist, Wow!" Stoße ich hervor. Jetzt fange ich auch schon an wie meine Tante zu fluchen. Diese Stadt setzt mir ganz schön zu...

„Guck mal da!" Ruft Henry und hüpft auf eine der Kommoden zu. Vorsichtig schleiche ich ihm hinterher. Der Boden knarzt leise unter meinen Füßen. Es ist ein schöner Holzboden aus gräulichem Holz. Henry deutet mit dem Zeigefinger auf eine Mappe auf der Kommode. „Was das wohl ist?" Henry kratzt sich melodramatisch an seinem Kinn. Der weiß ganz genau was da drin ist.

Time Travelling | Broken SoulsWhere stories live. Discover now