3.Kapitel

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Ich war genau sieben Minuten vor der ausgemachten Uhrzeit bei Markus. Nun stand ich also viel zu früh vor seiner Haustür und traute mich nicht zu klingeln. Stattdessen ließ ich meinen Blick über den, von hieraus einsehbaren, Teil seines Gartens schweifen. Hauptsächlich gab es nur Grünfläche, aber ich konnte einen Teil von einem Netz erkennen. Wahrscheinlich spielten sie dort Tennis. Der abgenutzte Rasen an dieser Stelle bestätigte meine Vermutung und ich konnte sogar einen Tennisball in einem der kleinen Blumenbeete erkennen.

»Kathrinchen, warum klingelst du denn nicht?«, hörte ich Markus' Stimme und zuckte zusammen. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören. Das war gleich doppelt peinlich. Röte stieg mir ins Gesicht und ich fand auf einmal den Boden total interessant. Erst stand ich ewig vor der Haustür, ohne zu klingeln und dann zuckte ich auch noch zusammen, weil ich zu sehr auf den Garten fixiert gewesen war. Und warum nannte er mich jetzt überhaupt schon das zweite Mal Kathrinchen? Das war mir unangenehm. Wir kannten uns nicht einmal richtig.

»Na ja, egal, schön, dass du gekommen bist«, meinte er und lächelte mich freundlich an, als ich meinen Kopf wieder gehoben hatte. Meine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, doch ich sah ihn nicht direkt an, sondern schaute an ihm vorbei zur Haustür.

»Also, komm rein«, forderte er mich auf und ich betrat nach ihm das Haus. Nachdem ich meine Jacke sowie meine Schuhe ausgezogen hatte, gingen wir in sein Zimmer. Es war relativ gemütlich eingerichtet, also das genaue Gegenteil von meinem. Ich brauchte den Platz zum Tanzen, deswegen befand sich in meinem Zimmer nur das Nötigste. Insgesamt war sein Zimmer auch kleiner als meins und in Blautönen gehalten. Gegenüber von seinem Bett war im Schrank ein Fernseher und darüber sogar ein paar Bücher. Auf dem Boden war ein flauschiger Teppich, in dem ich meine Zehenspitzen sofort vergrub.

Markus steuerte seinen Schreibtisch in der Ecke an und setzte sich auf den dazugehörigen Schreibtischstuhl.

»Also, was ist nochmal unser Referatsthema?«, fragte er mich scheinheilig und meine Zehen verkrampften sich in dem Teppich.

»Heliozentrisches Weltbild«, antwortete ich nach einem kurzen Moment der Stille verwirrt und sah, wie Markus' Mundwinkel sich zu einem Lächeln verzogen.

»Na also, du hast doch eine wunderschöne Stimme, die ich heute übrigens gerne noch öfters hören wollen würde«, meinte er und sah mich aufmunternd an. Was sollte das? Meine Stimme war alles andere als wunderschön, das wusste ich, aber trotzdem spürte ich, wie ich aufgrund des Komplimentes errötete, und schaute deshalb auf den Boden zu meinen immer noch verkrampften Zehen.

»Kennst du dich damit aus? Ich nämlich gar nicht«, wechselte er das Thema und schaute erwartungsvoll zu mir. Ich schüttelte darauf meinen Kopf und traute mich nicht, mich irgendwo hinzusetzen. Ich hätte mich zu Hause darüber wenigstens ein bisschen informieren sollen.

»Dann sollten wir mal anfangen, ein paar Infos dazu herauszufinden«, schlug er vor und nahm einen Laptop von seinem Schreibtisch, der mir vorhin gar nicht aufgefallen war. Mit diesem in der Hand setzte er sich im Schneidersitz auf sein Bett, schaltete ihn an und klopfte auf den Platz neben sich.

»Komm, setz dich zu mir. Ich will ja nicht, dass du die ganze Zeit stehen musst«, erklärte er und ich nickte langsam. Nachdem ich mich mit genügend Abstand neben ihn gesetzt hatte, sah er mich verwirrt an.

»Siehst du so überhaupt etwas?«, fragte er mich, worauf ich schnell nickte. Eigentlich konnte ich den Bildschirm kaum erkennen, aber das wollte ich nicht zugeben, denn das wäre mehr als peinlich gewesen. Schließlich hatte ja ich mich so weit weg von ihm gesetzt und nicht anders herum.

»Egal, du setzt dich trotzdem hier hin«, forderte er mich auf und zeigte genau neben sich. Ich rutschte also teils widerwillig und teils erleichtert näher zu ihm. Anscheinend war er jetzt zufrieden, denn er sagte nichts mehr. Stattdessen öffnete er einen Internetbrowser und tippte unser Thema ein.

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