Normalität wird unnormal

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Ich lag auf dem hohen Hügel alleine im Gras, hinter mir erstreckte sich das mächtige Gebäude von Hogwarts und schaute in den Himmel. Ich lächelte. Alles war so wunderschön, so perfekt. Als ich mich ein wenig reckte, konnte ich auf das Quidditch-Feld sehen, wo die Gryffendor Mannschaft gerade für das anstehende Spiel trainierte.
Meine Sicht verdunkelte sich jedoch schlagartig und eine Stimme sagte: "Steh auf!"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich will nicht. Nur noch ein bisschen."
Die Stimme wurde lauter und wiederholte sich: "Steh auf! Na los, die Schule fängt gleich an."
Mit einem Mal riss ich die Augen auf. Oh verdammt. Wie spät war es?
"Halb acht.", sagte meine Mutter, als hätte sie meine Gedanken gelesen. "Tut mir Leid, Schatz, der Wecker hat nicht geklingelt. Ich habe dir dein Frühstück und etwas Geld in die Küche gelegt. Ich muss mich sputen, wir sehen uns heute Abend, ja?", sagte sie und drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. "Und toi, toi, toi wegen Mathe. Das schaffst du."
Ich grummelte und schälte mich schließlich aus dem Bett. Schnell zog ich mir etwas über, band meine unbändigen Haare zu einem einfachen Zopf und trottete in die Küche. Dort schaufelte ich mir in Windeseile mein Müsli rein, nahm meine Schultasche von der Küchenzeile und rannte aus dem Haus. Wow, für meine Verhältnisse war das ziemlich schnell. Zum Glück wohnte ich nicht weit von meiner Schule. Die bekannten Häuser, die sich aneinander reihten, die Ehepaare, die drausen auf den Bänken saßen und winkten, konnte ich allmählich nicht mehr sehen. Seit geraumer Zeit fühlte ich mich nicht mehr wohl. Ich war anders als die anderen und fühlte mich noch nie als Teil der Gruppe. Ich wollte auch nicht zwanghaft Teil der Gruppe sein, versteht mich nicht falsch. Aber wenn jecden Tag die selbe Routine herrscht, die Handlungen der anderen so vorhersehbar sind und man wie ein Hamster im Rad läuft, das sich immer und immer wieder wiederholt, wird es auf die Dauer schwierig, das zu ertragen. In der Schule angekommen setzte ich mich schnell auf meinen Platz. Ich nickte ein paar Schülern zu und vertiefte mich dann in einen Geschichtstext, den ich urplötzlich ganz besonders spannend fand. In Wahrheit wollte ich einfach die Welt um mich herum ausblenden.
"Das Buch klingt ja genauso spannend wie du es bist.", sagte Stacy in abfälligem Ton. Sie war einer der vielen Gründe, wieso ich mich nicht wohl fühlte. Äußerlich und innerlich durch und durch falsch, mit einem viel zu hohen Ego und meiner Meinung nach zu langen Wimpern. Und zu perfekten Beinen. Sie hatte noch ein paar Anhängsel von Mädchen ohne Gehirn, die nichts taten als dämlich zu grinsen und ihr zuzustimmen. Seit ich an dieser Schule bin versuchten sie mich fertig zu machen, allerdings mit wenig Erfolg. Ich machte mir nichts aus ihnen. Ohne eingebildet zu klingen, aber ich durchaus mit ihnen mithalten. Ich hatte lange blond braun gesträhnte Haare und dunkelblaue, große Augen. Ich bekam oft Komplimente, doch den Bonus den ich im Gegensatz zu Stacy+Anhängseln hatte war, dass ich so etwas wie ein Gehirn besaß. Ich war keine Intelligenzbestie aber ein durchaus kluger Denker. Das war auch wieder so ein Punkt, wieso ich mich von anderen distanziert gehalten habe. Ich war nicht so wie sie. Ich brauchte keinen Alkohol, um Spaß zu haben, keine Zigaretten um mein Selbstbewusstsein aufzubauen, ich wusste, dass es wichtigere Themen als die Liebeskriege der Stars gab und hatte einen großen Respekt vor meinen Eltern und meiner Familie. Stacy schien etwas überfordert, als ich sie ignorierte.
"Du hältst dich für was ganz was tolles, oder?", meinte sie schließlich. Wow, wie einfallsreich.
Ich legte genervt mein Buch nieder und schaute sie an. "Was willst du, Stacy?"
"Das man Leute wie dich auf unserer Schule verbietet."
"Vorsicht.", zischte ich. Gefallen lies ich mir auch nicht alles.
Stacy lies ein höhnisches Grinsen sehen. "Was dann?" Ich fixierte meinen Blick auf sie. Ich hasste sie, mehr als alles andere. Ich spürte, wie die Wut meine Adern erfüllte und sich immer weiter in meinem Körper ausbreitete. Stacy wurde auf einmal ganz grün. Ihre Augen weiteten sich und sie hielt sich die Hand auf den Bauch. "Ich...ich...mir wird ganz schlecht.", sagte sie. Sie stützte sich an Leila, Anhängsel Nummer vier ab, griff nach deren Tasche und übergab sich darin. Augenblicklich brach die ganz Klasse in schallendes Gelächter aus. Stacy und Leila sahen beide aus, als hätte man ihnen gerade verkündet, Geroge Clooney wäre offiziell schwul, dann rannten beide mit hoch roten Gesichtern aus dem Klassenzimmer hinaus. Ich verkniff mir ein Lachen, allerdings konnte ich eine gewisse Schadenfreude nicht verhindern.
Mr Ross betrat zeitgleich das Klassenzimmer und schaute den beiden fragend hinterher. "Nun gut.", meinte er. "Ihr wisst, dass heute euer Mathetest ansteht. Ihr habt eine Stunde Zeit, viel Glück.", meinte er.
Nach dem Test war nun ich es, die ziemlich grün angelaufen war. Mathe lag mir nicht, das tat es noch nie. Ich konnte vor allem nicht verstehen, was mir mancher Stoff für das spätere Leben bringen sollte. Ich machte mich auf den Heimweg, niedergeschlagen von Stacy's Angriffen und dem verhauten Mathetest.
Als ich an unsere Veranda kam, saß dort auf dem Briefkasten eine braune, lang gefiederte Eule, die mich mit aufmerksamen Augen taxierte. Ich kniff verwirrt die Augen zusammen und ging langsamen Schrittes auf unsere Haustüre zu. Die Augen der Eule verfolgten mich. Ich schüttelte staunend den Kopf. "Mom, ich bin wieder da. Der Test war furchtbar, aber es lag nicht an mir es lag an...", ich verstummte, als ich in die aufgeregten Augen meiner Mutter blickte. Sie stand bereits im Flur, als ich  hinein kam. "Mom? Was ist los?", wollte ich wissen.
"Ins Wohnzimmer, komm.", meinte sie nur und nahm mich, völlig verdattert an die Hand. Im Türrahmen blieb ich stehen. Eine ältere Frau, in einen schwarzen Umhang gekleidet, saß in aufrechter Haltung an unserem Esstisch. Sie trug eine dünne Brille und trug ihre schwarzen Haare in einem strengen Knoten nach hinten. Neben ihr lag ein großer, spitzer, schwarzer Hut. Als ich herein kam, drehte sie sich um.
"Guten Tag.", meinte sie mit der Spur eines höflichen Lächelns. "Wir wurden einander noch nicht vorgestellt.", sagte sie und reichte mir ihre Hand. "Ich heiße Minerva McGonnegal, ich bin ihre zukünftige Lehrerin an der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei."

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt