15

552 20 17
                                    

,,Ich kann es noch immer nicht so ganz fassen."

,,Das glaube ich dir. Wer hat schon eine drogensüchtige Mutter, die nur Nachschub bekommt, wenn ich mache was dieser schmierige Typ will? So läuft das, seitdem ich 17 bin. Wer glaubt denn so eine Geschichte? Das klingt wie ein schlechtes Drehbuch, ein richtig richtig schlechtes."

,,Ich glaube dir das."

,,Danke, das bedeutet mir viel."

Ich würde ihr alles glauben, außer vielleicht, dass der Himmel grün ist, abgesehen von den Polarlichter vielleicht. Ich kann diesen grauen Augen einfach nicht misstrauen, das ist vielleicht nur nicht ganz so schlau, aber passiert. Eine Pause entsteht und ich konzentriere mich wieder ganz auf die Straße.

,,Was machst du eigentlich ganzen Tag über, wenn du eben mal nicht im Café bist?"

Sie möchte tatsächlich etwas über mich wissen? Mein Herz klopft stärker. Ich zucke trotzdem nur mit den Schultern. Was mache ich denn üblicherweise den Tag lang?

,,Ich spiele Basketball mit Fion und Pearl. Manchmal helfe ich dem Bauern bei Reparaturen oder ich repariere bei mir etwas. Früher habe ich auch öfters eben meine Möbel gemacht, aber das Haus ist ja, wie du weißt, fertig. Jetzt lese ich viel, du hast die Bücherberge im Wohnzimmerschrank bestimmt gesehen."

,,Das ist viel. Ich male einfach nur."

Ich löse meinen Blick ganz kurz von der Straße und blicke zu ihr herüber. Will sie mich gerade auf den Arm nehmen? War da ein ironischer  Unterton? Nash lächelt mich verträumt an. Ihre Augen funkeln und ihre Nase ist leicht kraus gezogen. Sie hat bei mir zwar gezeichnet, aber dadurch, dass sie so schnell die Lust daran verloren hat, bin ich davon ausgegangen, dass sie es normalerweise eben nicht regelmäßig macht.

,,Ich mache es wirklich. Meine Garage ist voller Leinwänden."

Nash grinst jetzt. Das höre ich ihrer Tonlage ganz klar an. Nash ist also wirklich eine kleine Künstlerin. Ich kann es mir wirklich vorstellen, wie sie eine alte Staffelei irgendwo in meinem Haus aufstellt und den Sonnenaufgang malt. Sie hat dafür ihre Haare weg gemacht und trägt eine Jeans und ein Top, oder nur ein längeres Hemd. Ja, an das Bild könnte ich mich gewöhnen.

,,Zeigst du mir deine Bilder mal? Würde mich ehrlich interessieren was und wie du so malst. Beim letzten mal durfte ich es ja auch nicht sehen."

,,Klar gerne."

,,Wohin soll ich dich eigentlich bringen?"

,,Zum Optiker bitte."

,,Wieso willst du immer so schnell zur Arbeit?"

,,Ich arbeite dort echt gerne und meine Schicht beginnt eben pünktlich um 9 Uhr. Außerdem versuche ich Ruben dorthin zu locken. Das hat zwar scheinbar nicht geklappt, da er doch bei dir aufgetaucht ist, aber trotzdem. Vielleicht gibt es noch eine kleine Chance, damit ich dich da raus halten kann. Ich will nicht, dass du da mit reingezogen wirst."

,,Oder kann es sein, dass du einfach nur nicht nach Hause willst, weil deine Mutter dich schlägt?"

,,Woher...?"

,,Deine Beine, ich habe es am See gesehen. Du meintest das, als du gesagt hast, dass du nicht zurück kannst oder?"

,,Ich gebe ihr die letzte Ration und danach will ich sie absolut nie wieder sehen. Sie hat sich nie um mich gekümmert und jetzt bin ich 21 und die hat mich eh sozusagen raus geworfen."

,,Ich fahre dich hin. Du kannst einfach bei mir bleiben. Du bist nicht alleine."

Nash gibt mir einen flüchtigen Kuss, bevor ich antworten kann. Dann klettert das Mädchen schon aus dem Wagen und eilt rüber zum Gebäude. Auch dieses Mal ist sie schnell aus meiner Sicht verschwunden. Dieses Mädchen ist unglaublich. Ich blicke ihr noch hinterher und fahre dann wieder zur Arbeit.

vollendungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt