Kapitel 25

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„Hab einen schönen Tag, okay? Ich werde mir dann jetzt mal ein neues Hemd und eine Krawatte kaufen müssen."
Jughead seufzt und gibt mir einen Kuss. Er kam gestern erst spät nach Hause, die Cheeseburger waren schon fast kalt. Er hat sich trotzdem sehr gefreut und seine zwei Burger gerne gegessen. Mr. Jones' Gerichtsverhandlung wird nächsten Dienstag stattfinden. Da werden wir erfahren, wie lange Jughead's Dad sitzen muss.
„Ich verstehe echt nicht, warum man da so formal aussehen muss. Ist doch nur eine dämliche Verhandlung", beschwert sich Jug. „Am liebsten würde ich einfach in Jeans und T-shirt hingehen. Aber ich schätze, ich bin der einzige Jones, der dort einen halbwegs guten Eindruck hinterlassen wird."
Ich küsse Jughead zuversichtlich auf die Wange und drücke seine Hand. „Natürlich wirst du das, Juggie. Es ist ja nur für einen Tag."
Er nickt zwar, aber seufzt wieder. „Ja, vermutlich der schlimmste Tag in meinem Leben. Gott, ich kann es immer noch nicht glauben, dass FP es so verbockt hat!"
In letzter Zeit ist mir immer häufiger aufgefallen, dass Jug seinen Vater beim Vornamen nennt. Es hat so was befremdliches mit sich.
„Du schaffst das, Jughead. Ich bin da für dich, verstanden?"
Jughead nickt, jetzt zuversichtlicher, und mustert mich, um wirklich sicher zu gehen. „Ja", sagt er leise, „das bist du."
Ich drücke ihm noch einen Kuss auf die Lippen, dann öffne ich die Autotür. Er hat mich netterweise zur Probe gefahren, da er jetzt zur Mall muss, um sich ein Outfit fürs Gericht zu kaufen.
„Ich liebe dich", sage ich durch das offene Fenster. Jughead nickt und lässt den Motor starten.
„Meine Antwort kennst du", entgegnet er mit einem fiesen Grinsen und lässt dan Motor aufheulen. Als er den Parkplatz verlässt, hupt er dreimal laut.
Ich schaue ihm lächelnd hinterher, bis sein klappriger Wagen hinter der nächsten Ecke verschwindet.
„Gehen wir zusammen rein?"
Veronica steht hinter mir, eine Louis-Vuitton-Tasche in der Hand. Sie schaut mich wieder so verschüchtert an, wie gestern Abend im Pop's.
Ich nicke zögernd. „Ja ... klar."

Auf dem Weg zur Aula sagt niemand etwas. Wir begegnen kurz Valerie, sie ist Teil von Josie's Band, den Pussycats.
Es ist komisch, an einem Samstagvormittag durch die leeren Hallen der Riverdale High zu laufen. Irgendwie unheimlich.
„Betty, falls du ... also, falls du denkst, dass Archie und ich gestern so was wie ... ein Date oder so hatten, das stimmt nicht. Wir haben uns zufällig dort getroffen, Archie wollte eigentlich nur etwas zum Abendessen abholen. Und ich–"
„Schon gut", schneide ich Veronica das Wort ab. „Es ist schon gut."
Auf einmal bleibt Ronnie abrupt stehen. Ich drehe mich zu ihr um und erkenne, wie ihr Tränen in die Augen steigen. Weint sie etwa? Wann ist das letzte Mal, dass ich Veronica weinen gesehen habe?
„Nein, es ist nicht "schon gut", Betty", schluchzt sie. Jetzt bin ich froh, dass wir alleine in den verlassenen Fluren sind.
„Betty, ich war eine schreckliche, schreckliche Freundin. Ich habe dich die ganze Zeit über belogen, das war nicht richtig. Ich hätte nie, nie, niemals mit Archie irgendwas anfangen sollen. Ich bereue es so sehr. Meine Mutter sagt immer, manchmal ist es besser eine beste Freundin zu haben, anstatt einen Freund."
Veronica holt tief Luft und wischt sich eine Träne aus den Augenwinkel.
„Ich glaube, das ist so ein Moment. Du bist meine beste Freundin und ich respektiere dich. Deine Entscheidung ein Serpent zu sein, deine Entscheidung mich zu hassen, alles. Ich verstehe das. Wirklich."
Ich schlucke schwer. Ich kenne Veronica seit der Grundschule. In der 1. Klasse hat Ms. Campbell, unsere damalige Klassenlehrerin, uns nebeneinander gesetzt. Seit diesem Tag sind wir unzertrennlich. Damals wusste ich noch nicht, dass ein einziger Junge eine jahrelange Freundschaft kaputt machen könnte.
Aber, hatte er das überhaupt?
Nein. Egal, was es auch war. Ronnie und ich fanden immer einen Weg zurück. Wir sind halt B & V, das Dreamteam.
Also nehme ich Veronica in den Arm und drücke sie fest an meine Brust. „Entschuldigung angenommen", flüstere ich und merke auch, wie mir die Tränen kommen.
Ich glaube, wir nehmen das Sprichwort „in guten, wie in schlechten Zeiten" sehr ernst.
„Ich werde dich nie wieder enttäuschen, Betty", verspricht Veronica, mit erhobener Hand.
Ich nicke. „Ich dich auch nicht."
„Äh, Leute? Kevin sucht euch. Die Probe hat schon vor zehn Minuten angefangen."
Ausgerechnet Archie steht vor uns. Veronica und ich sehen uns kurz an, dann lachen wir beide.
„Wir kommen sofort", sage ich.
„Wenn man vom Teufel spricht", flüstert Ronnie mir zu und ich muss kichern.
„Was ist denn so lustig?", fragt Archie, doch er kann nicht anders, als mir die ganze Zeit auf die Hände zu gucken. Ich spüre, wie meine Handflächen anfangen zu kribbeln. Die Wunden haben nur noch vertrocknete Halbmonde hinterlassen.
Ich verstecke die Hände hinter dem Rücken und werde Archie einen flüchtigen, aber warnenden Blick zu.
„Alles cool, Archielein", sagt Ronnie und tätschelt ihm die Schulter. „Ich beeile mich jetzt lieber, ich habe Josie versprochen, dass ich mich mit ihr einsinge. Pop's nach der Probe, B?"
Ich will erst nicken, aber dann schüttele ich den Kopf. „Geht nicht, Jug holt mich ab. Er musste zur Mall. Vielleicht heute Abend?"
Jetzt schüttelt Veronica den Kopf. „Daddy hat fürs Dinner Besuch angekündigt. Die St. Clairs kommen vorbei, alte Freunde. Ich schreibe dir später, okay? Wir finden schon einen passenden Termin."
Ronnie zwinkert mir zu und verschwindet dann schnell in Richtung Musikraum, aus dem man Josie's Stimme schon hören kann.
Archie und ich warten, bis das das Geräusch von Ronnie's schwarzen High Heels verstummt ist.
„Wir sollten uns beeilen", sage ich und trete schon den Weg in Richtung Aula an. Doch Archie hält mich am Handgelenk zurück und entblößt meine Handflächen. Die blutigen Halbmonde zeigen sich deutlich auf meiner blassen Haut.
„Betty– die werden Narben hinterlassen!"
Aber weiter kommt Archie nicht, denn meine Hand landet auf seiner rechten Wangen, wo sich jetzt ein roter Fleck bildet.
„Lass es verdammt nochmal gut sein, Archie! Mir geht es gut und selbst wenn nicht, warum kümmert es dich, mh?"
Eigentlich interessiert mich seine Antwort gar nicht, weswegen ich ihn vollkommen verwirrt stehen lasse und schon davon laufe.
„Weil du mir wichtig bist!", höre ich Archie noch aus der Ferne rufen, als ich um die Ecke biege und die Tür zur Aula aufmache.
Jetzt erwartet mich ein Vormittag mit einem sehr gereizten, nicht so erfreuten Kevin Keller, der mir, sobald ich die Aula betrete, erst einmal eine Standpauke zum Thema „Zu-Spät-Kommen" hält.

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