Kapitel 32

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Wie zu erwarten, ist es doch nicht Gladys.
„Archie?", frage ich verblüfft, als ich den Rotschopf auf der Veranda des Trailers sehe. „Was machst du hier?"
Archie zuckt hilflos mit den Schultern und sieht sich ängstlich um. „Ich wollte nur mal nach dir sehen, Betty."
Ich weiß nicht genau, was ich tun soll, aber Archie scheint ziemlich aufgeregt zu sein. Er ist ein gebürtiger Northsider und fürchtet die Southside deshalb um so mehr, obwohl Jughead ja eigentlich sein bester Freund ist.
„Möchtest du vielleicht reinkommen?", frage ich zögernd, als Archie's Flüchtige Blicke immer hektischer werden. Er nickt und tritt schnell in den kleinen Wohnwagen.
„Woher weißt du, dass ich hier bin?", frage ich ihn, als ich die Tür hinter Archie geschlossen habe.
„Du warst nicht in der Schule", stellt Archie fest. „Außerdem brauche ich Hilfe bei meinem Aufsatz. Du weißt schon, der über die Julia."
Archie lächelt etwas verschüchtert und seine Wangen färben sich rosa. Es ist lange her, dass wir gemeinsam für die Schule gearbeitet haben.
„Oh, Mist! Den habe ich komplett vergessen!", rufe ich und haue mir gegen die Hand vor die Stirn. Normalerweise vergesse ich nie Hausaufgaben, aber nach allem, was in den letzten Tagen passiert ist ...
„Wer bist du?", fragt Jellybean plötzlich, die immer noch auf dem Sofa sitzt. Sie hat ihr mittellanges Haar, das sie vorher in einem tiefen Pferdeschwanz gebunden hatte, geöffnet und ihr auf ihren Lippen spiegelt sich ein breites Lächeln mit Grübchen.
„Ich ... äh, Archie. Ich bin Archie", stellt sich Archie vor, dann schaut er mich fragend an. Doch bevor ich es aufklären kann, meldet sich Jellybean wieder zu Wort. „Ich heiße JB, das ist kurz für Jellybean. Ja, ich weiß, das ist ein ziemlicher beknackter Namen, deswegen die Abkürzung. Ich bin Jughead's Schwester, wir bleiben für ein paar Tage, weil mein Vater im Knast versauert."
Ihre Wortwahl ist direkt, deswegen schaut Archie sie auch ziemlich perplex an. Jellybean pustet sich lässig eine Strähne aus dem Gesicht und steht auf. „Möchtest du einen Kaffee, Archie?" Ihre Wangen glühen und sie strahlt, als Archie einwilligt.
Archie und ich lassen uns auf das Sofa fallen, während JB an der Kaffeemaschine herumwerkelt.
„Also", beginnt Archie. „Ich bin mit Worten nicht so gut. Also, eigentlich schon, aber eben nicht mit Aufsätzen. Deswegen dachte ich, schreibe ich einfach einen Song. Wie findest du das?"
Ich muss mir auf die Zunge beißen, um nicht zu lachen. Das klingt echt viel zu kitschig.
„Na ja", fährt Archie fort, „es ist ja ein Musical. Daher dachte ich, passt die Idee ganz gut. Findest du nicht?"
Seine großen braunen Augen sehen mich erwartungsvoll an. Ich nicke zögernd, doch bevor ich antworten kann, fällt mir Jellybean ins Wort.
„Du singst? Wow, echt cool. Spielst du auch ein Instrument? Kannst du mir vielleicht mal etwas vorspielen?"
„JB?", wende ich mich an sie und schenke ihr mein freundlichstes Lächeln. „Könntest du Archie und mich vielleicht für einen Augenblick alleine lassen? Wir müssen etwas für die Schule besprechen, es dauert auch nicht lange, versprochen."
Widerspenstig rollt Jellybean mit den Augen und stellt die Kaffeetasse auf dem Couchtisch ab. „Von mir aus. Dann redet doch über euren langweiligen Kram. Und für dich ist es immer noch Jellybean, Betty."
Mit diesen Worten schnappt Jellybean sich irgendein Magazin, das ebenfalls auf dem Couchtisch lag und verkriecht sich im einzigen Schlafzimmer.
„Wow, die ist ja hart drauf", sagt Archie und nickt in Richtung Schlafzimmer. Ich nicke und seufze laut. „Ja. Normalerweise redet sie nicht so viel, ich denke, Jellybean hegt ein paar Gefühle für dich."
Archie lacht bloß und nippt an seinem Kaffee, leugnet es aber nicht.
„Hör zu, Arch, die Idee mit dem Song ist super. Zumindest wird sie Kevin gefallen. Aber ich habe mich noch gar nicht mit dem Aufsatz beschäftigt, um ehrlich zu sein, habe ich ihn komplett vergessen."
Archie nickt langsam. „Klar, kein Problem. Dann schreiben wir den Song einfach gemeinsam. Dad hat die Garage ausgebaut, langsam wird sie zu einem richtigen Tonstudio. Schalldichte Wände und all so was."
Ich wusste nicht, dass es Archie so wichtig mit der Musik war. Eigentlich war er immer eher der sportliche Typ gewesen. Das ist vermutliche ich der Hauptgrund, warum alle Mädchen so auf ihn abfahren.
„Ich fürchte, dafür werde ich die Zeit nicht finden", sage ich bedauerlich. „Morgen ist Mr. Jones's Gerichtsverhandlung, und heute muss ich noch das ganze andere Zeug von der Schule nachholen. Vor Mittwoch finde ich keine Zeit. Ich werde Kevin meinen Auftrag später einfach per Mail weiterleiten."
„Das ist doch kein Problem", sagt Archie und winkt gelassen ab. „Die nächste Probe ist erst am Freitag. Bis dahin haben wir theoretisch auch noch Zeit. Und stell dir mal vor, wie alle staunen werden, wenn wir anstatt eines todlangweiligen Aufsatzes einen echten Song vorstellen. Das wäre doch der Wahnsinn! Komm schon, ich werde Kevin um ein paar weitere Tage bitten."
Archie scheint Feuer und Flamme für seine Idee zu sein. Einerseits hat er Recht, es ist eine gute Idee. Kevin würde sich im Nachhinein doch freuen. Aber einen Song zu schreiben, ist eine große Menge an Arbeit.
„Die Bedenkzeit ist vorbei", erklärt Archie und lächelt mich an. „Donnerstag nach der Schule bei mir?"
Ich lache, willige aber mit einem Händeschütteln ein. „Sicher, dass uns ein Nachmittag reicht?", frage ich etwas skeptisch. Es soll gut werden, es soll fantastisch werden, wenn wir uns schon verspäten.
Doch Archie zwinkert mir verschwörerisch zu. „Betty Cooper, Musik hat nichts mit Zeit zu tun. Glaub mir, die besten Songs entstehen einfach. Ohne viel Gerede und ohne viel Zeit. Das könnte der Nummer Eins Hit von Riverdale werden."
Ich lache und fahre mir durch die Haare. „Wohl eher der einzige Hit in ganz Riverdale", schätze ich, außer den Pussycats gibt es in Riverdale praktisch keine Musiker.
„Donnerstag ist es dann also", sagt Archie und notiert sich den Termin in seinem Handy, als ich ihn zur Tür begleite. Ich nicke.
„Viel Glück morgen bei der Verhandlung. Ich wünsche Mr. Jones nur das Beste, ja?"
Ich hebe die Hand und winke zum Abschied. Als Archie die paar Treppenstufen von der Veranda runterläuft, dreht er sich noch einmal um.
„Betty?"
„Ja?"
„Ich hab den Brief gesehen. Hab keine Angst, mach ihn auf. Wir beide kennen die Antwort von Yale."
Dann joggt er Richtung Bushaltestelle und verschwindet hinter den nächsten Wohnwägen.

I'm still in Love with You Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt