| 01. Kapitel |

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Tiefstehende Sonnenstrahlen drängten sich durch das gekippte Holzfenster. Ein kräftiger Windstoß zog sich durch den Raum, als sich die hellbraune Schleiereule auf dem Schreibtischstuhl niederließ und anfing sich ihr Gefieder zu putzen. Das entfernte Rauschen der Brandung und das nervtötende Kreischen der Möwen zwangen mich dazu, langsam meine Augen zu öffnen. Das Erste, das ich erfasste, war, dass Clarke sich ihr Gefieder putzte. Ich lächelte und murmelte zur Eule hin: "Du weißt doch ganz genau, dass Dad das nicht mag." Das Weibchen unterbrach ihre Routine und blickte mich mit ihren großen Augen an. Ich schüttelte nur meinen Kopf und rappelte mich auf. Ein Buch, das erst auf meiner Brust gelegen hatte, fiel mir auf den Schoß und klappte sich zusammen. Im Angesicht des Gesichtslosen, das Buch für Verteidigung gegen die dunklen Künste in meinem sechsten Schuljahr. Verteidigung war mein liebstes Schulfach, weshalb ich es vorzog dieses Buch in meinen Sommerferien ein bisschen vorzukosten und darin herumzustöbern. Ich freute mich schon auf das kommende Schuljahr, auch wenn noch niemand wusste, wen wir in Verteidigung haben würden. Ein kurzer, stechender Schmerz fuhr mir in meinem Kopf, was mich dazu zwang mir kurz über meine gerunzelte Stirn zu fahren. Clarke musterte mich weiterhin aufmerksam, zog es dann allerdings doch vor, sich weiter zu putzen. Ich schwang meine Beine über die Bettkante, blieb mit meinem kleinen Zeh am Nachtkästchen hängen und stöhnte schmerzvoll auf. Sofort breitete Clarke ihre Flügel aus und ließ sich nach zwei Flügelschlägen auf meiner Schulter nieder. Ich lächelte, griff nach der Keksbox und nahm einige Brösel heraus, um die Eule damit zu füttern. Clarke war eine sehr schlaue und schnelle Eule, verschwand jedoch hin und wieder für einige Tage, um sich auf Mäusejagd zu begeben. Sie schmiegte sich an meinen Kopf. Ich grinste, strich ihr über ihr weiches Gefieder und stand langsam auf. Sie blieb auf meiner Schulter sitzen, krallte sich jedoch fester hinein, als ich langsam die Treppen hinunter ging.

Ich öffnete die Tür zur Küche und fing an mir einen Apfel aufzuschneiden und mir einen Kräutertee zuzubereiten. Eigentlich war es meiner Eule nicht erlaubt im Haus zu sein, doch solange mein Vater davon nichts mitbekam, war alles in Ordnung. Ich sah mich in der kleinen Wohnküche um, und erfasste das komplette Chaos das darin herrschte. Gestern hatte ich zusammen mit meiner besten Freundin einen kleinen Ausflug in die Winkelgasse gemacht, um unsere Sachen für das kommende Schuljahr einzukaufen. Wir hatten beide neue Umhänge gebraucht, was am Ende dazu geführt hatte, dass wir über zwei Stunden bei Madam Malkins verbracht hatten. Eigentlich hätte ich auch noch zu Qualität für Quidditch gewollt, um mir ein neues Besenpflegeset zu kaufen, doch Charly wollte sich lieber noch zu Florean Fortescues Eissalon setzten und sich einen großen Eisbecher genehmigen. Ich hatte mich zu ihr gesetzt, und ebenfalls an einem kleinen Eisbecher geschlürft, und ihr eher wenig begeistert dabei zugehört, wie sie sich über ihren Freund, Peter Mills, beschwerte, da dieser ihren Jahrestag vergessen hatte, so wie jedes Jahr. Charly und ich teilten unsere Begeisterung für Quidditch nicht. Sie mochte diesen Sport nicht sonderlich, fand ihn viel zu gefährlich und brutal, weswegen ich an diesem Tag einmal zurück steckte. Vermutlich wäre ich nicht nur mit einem Besenpflegeset hinaus gegangen, sondern auch noch gleich mit einer komplett neuen Trainingsausrüstung, oder zumindest mit neuen Schuhen, da meine Alten ziemlich abgewetzt sind. Ich freute mich schon auf die kommende Saison, in der ich voraussichtlich mal wieder als Jägerin in der Hausmannschaft eingesetzt werden würde. Es hatte zwar noch nie gereicht den Pokal zu gewinnen, jedoch spielte ich für den Spaß und nicht um den Sieg. Dies konnte man bei vielen anderen jedoch nicht behaupten. Roger Davies, unser Kapitän, war total versessen darauf endlich den Pokal zu gewinnen, vermutlich schon zu besessen davon, dass es wohl nie klappen würde.

Ich gab Clarke den letzten Bissen des Apfels, den sie natürlich sofort hinunter schlang, und nahm meine Tasse um mich auf der Bank vor dem Cottage niederzulassen. Ich würde die ruhige und abgeschiedene Lage vermissen, vor allem auch meinen Vater, jedoch freute ich mich auch schon auf Hogwarts. Ich würde endlich meine Apparierprüfung ablegen können, würde meinen Pflichten als Vertrauensschülerin nachkommen und mich auf meine bestandenen ZAG Fächer konzentrieren können. Insgesamt hatte ich alle neun Fächer mit Sieben Ohnegleichen, zwei Erwartungen übertroffen und einem Annehmbar bestanden. Abwählen würde ich jedoch Geschichte der Zauberei, Astronomie und Alte Runen. Alle anderen Fächer, neben Arithmantik, würde ich noch brauchen, um zu meiner Wunschausbildung zugelassen zu werden. Seit meinem Berufsplanungsgespräch mit Professor Flitwick, hatte ich mich fest darauf eingefahren Heiler zu werden. Vielleicht würde ich auch noch eine Weiterbildung zum Medimagier machen, aber auch nur wenn mir das St. Mungos nicht gefallen würde.

Ich ließ meinen Blick durch die irische Landschaft schweifen und erfasste einen Mann, der wie aus dem Nichts, plötzlich nur wenige Meter vor unserem Gartenzaun auftauchte. Ich stand auf, was Clarke so erschreckte, dass sie gleich davonflog und mich misstrauisch aus einigen Metern Entfernung betrachtete. Ich blieb am Gartentor stehen und sah dem Mann entgegen. Ich riss meine Augen überrascht auf, als mein ehemaliger Professor Lupin vor mir stand und mich freundlich anlächelte. "Hallo Kate, wie geht es dir?", fragte er mich und ich ließ ihn sofort Einlass. "Sehr gut, danke. Und Ihnen Professor?", erwiderte ich und lächelte ihn freundlich an. Ich deutete ihm in das Haus zu gehen. "Professor musst du mich jetzt nicht mehr nennen, immerhin unterrichte ich nicht mehr. Du kannst mich ruhig Remus nennen", meinte er und trat nach mir in das urige Haus ein. Ich führte ihn in die Wohnküche und fragte, ob er etwas zu essen oder trinken wolle. Er wolle nur ein Glas Wasser, und sah sich kurz in dem Chaos um, das ich verrichtet hatte. "Schon fleißig gewesen?", fragte er mich und legte eines der Bücher wieder auf den Stapel zurück. "Nicht wirklich, nur in Verteidigung habe ich ein bisschen was gelesen", gestand ich und überreichte ihm das Glas Wasser. Er lächelte bescheiden und sagte: "Dein Vater hat auch schon immer in den Sommerferien vor gelernt, dann hatte er in Hogwarts nicht mehr so viel zu lernen. Hat er zumindest immer gesagt." "Du kennst meinen Vater?", fragte ich überrascht und setzte mich ihm gegenüber, als Remus sich gesetzt hatte. "Ja, er war in meinem Jahrgang, ebenfalls in Gryffindor. Es wundert mich aber nicht, dass du in Ravenclaw gelandet bist", sagte er und drehte das Glas in seinen Händen. "Weshalb ich eigentlich gekommen bin, ist dein Vater denn schon zu Haus?", fragte er und ich schüttelte nur meinen Kopf. "Nein, aber er sollte eigentlich gleich kommen", erwiderte ich, wurde aber dann schon gleich von dem lauten Schrei meines Vaters unterbrochen, als dieser, per Flohnetzwerk, heim kam. "Ich bin wieder zuhause!", schrie er durch die Wohnung und trat wenige Sekunden später in die Küche ein.

Verwundert blieb er im Türrahmen stehen, als er Remus erfasste. "Remus, was machst du denn hier? Habe dich ja schon lange nicht mehr gesehen", sagte er und zog seine Stirn kraus. Er legte seinen Aktenkoffer auf den Küchentisch und blickte fragend zwischen uns hin und her. "Hallo Patrick, wie geht es dir?", fragte Remus freundlich und lächelte zu meinem Vater vorsichtig auf. "Gut, und dir?", fragte dieser kurz angebunden, und fuhr sich stöhnend über die Stirn. Verunsichert blickte Lupin zu mir und sagte an mich gewandt: "Ich glaube, es ist besser, wenn du uns für einen Moment entschuldigst." Ich nickte verstehend, kramte ein paar Tüten aus der Winkelgasse zusammen und verschwand anschließend durch die Tür. Ein kurzer Sprint nach oben und die Taschen auf mein Bett geworfen, schlich ich leise wieder die Treppen hinunter, die knarrenden Treppenstufen ließ ich gekonnt aus. Ich stellte mich an die Tür und lauschte dem Gespräch der beiden Erwachsenen.

"Bei Merlin, Patrick! Dumbledore will doch nur auf Nummer Sicher gehen. Die Wiedereinführung des Ordens hat doch nichts Schlechtes an sich", sagte Remus, und durch den Türspalt erkannte ich, wie mein Vater sich verzweifelt über die Stirn fuhr. Das tat er immer, wenn er im Zwiespalt stand und sich nicht entscheiden konnte. "Ich versehe, aber du weißt ganz genau, dass Lestrange als Erstes zu uns kommen wird, wenn Du-weißt-schon-wer wieder da ist", sagte er und warf verzweifelt die Hände in die Luft, "Wie soll ich es denn alleine auf die Reihe bekommen das Haus, Kate und mich zu beschützen!" "Wenn du dem Orden wieder beitrittst, könnten wir euch eine neue Wohnung bereitstellen, nicht verfolgbar. Außerdem sitzt Lestrange in Askaban fest, so schnell kommt die da nicht raus", versuchte Remus meinen Vater weiter zu überreden. "So wie Sirius nicht entkommen konnte?", fragte dieser zurück und warf mit einem abschätzigen Lachen die Hände in die Luft. "Sirius ist unschuldig. Es war Peter, der die Potters verraten hat", erwiderte Remus. "War ja mal wieder klar, auf wessen Seite du stehst. Du weißt ganz genau, wie ich zu ihm stehe", sagte mein Vater nur mit einer kälter in der Stimme, die ich noch nie an ihm gehört hatte. "Ich weiß. Wie oft soll ich mich denn noch für ihn entschuldigen? Es tut ihm doch auch Leid, aber du weißt doch, wie Hogwarts nun mal war", sagte Remus und klang dabei so erschöpft, wie ich ihn schon lange nicht mehr gehört hatte. "Ja, diese tollen Mutproben, die ihr euch immer ausgedacht habt. Ich war genau wie Snape, und ihr habt keinen Hehl daraus gemacht uns zu ärgern und zur Schau zur stellen", diese Worte hallten wie ein Messer durch dicke Luft, die sich im Raum gebildet hatte. Ich schluckte schwer und runzelte meine Stirn. Remus seufzte geschlagen und murmelte, zum Ende hin immer lauter werdender: "Patrick, fang jetzt bitte nicht mehr mit diesem Thema an. Ich sorge mich doch nur um dich und Kate. Aber der Mord in Little Hangleton und das dunkle Mal bei der Weltmeisterschaft, das kann alles kein Zufall gewesen sein! Die dunkle Seite wird wieder mächtiger, du spürst es doch auch!"

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt