| 32. Kapitel |

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Die Weihnachtsferien vergingen schneller als gedacht. Als ich an jenem Abend wieder zurück in das Hauptquartier kam, hatte ich mich sofort in das Badezimmer geschlichen und mich in die Badewanne gesetzt. Das heiße Wasser und der Duft von Zimt, gemischt mit Tanne beruhigte mich ungemein, sodass das Zittern in meinen Fingern und im Allgemeinen an meinem ganzen Körper erlosch. Der dunkle Lord hatte mir zwei weitere kleine Verschnaufpausen gegeben, ehe er mir wieder mit dem Folterfluch drangsaliert hatte. Dann hatte er von mir abgelassen, und ich konnte gehen. Unter keinen Umständen wollte er einsehen, dass ich meine Tarnung aufrechterhalten musste. Ich musste Arthur helfen, sodass niemand denken konnte, ich sei ein Todesser. Ich hätte vielleicht keinen Patronus heraufbeschwören müssen, doch irgendwie beruhigte es mich immer und immer wieder aufs Neue zu wissen, dass ich noch nicht vollkommen böse geworden war. Denn Todesser, so hatten mir Sirius und Remus versichert, konnten keinen Patronus heraufbeschwören.

Ich war aus der Badewanne herausgestiegen und hatte mich langsam angezogen. Als mein Blick jedoch kurz den Spiegel streifte, blieb ich wie angewurzelt stehen. Meine Wangen waren tief eingefallen, dunkle Augenringe zeichneten sich auf meiner Haut ab und meine Haare waren trocken und brüchig vom vielen flechten. Immer wenn ich eine Privatsitzung bei ihm, dessen Name nicht genannt werden durfte, hatte, so flocht ich mir ein kleines Haarpäckchen. In Hogwarts oder zu Hause, hatte ich sie meist offen oder in einem Pferdeschwanz. Doch erst jetzt fiel mir auf, wie sehr mich diese Spionagearbeit fertigmachte. Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und starrte einen Moment auf meine rechte Hand. Ich soll mich an Regeln halten, prangte dort noch immer in einer dicken Wulst. Die Narbe würde sicherlich nie gut verheilen, höchsten noch etwas verblassen, doch sehen würde man sie immer. Ich schluckte schwer und schüttelte mich. Es war eine Narbe, wie jede andere auch. Und doch war ich genauso stolz darauf wie auf die Narben, die mich mir beim Quidditch zugezogen hatte. Ich hatte mich gegen das Lehrpersonal gewandt, und niemals würde ich damit aufhören. Schon gar nicht bei Umbridge.

In Fred und Georges Zimmer hielt sich niemand auf, weshalb ich langsam die Treppenstufen wieder hinunter ging und wie immer Kreacher auf den Treppen begegnete. „Dreckiges Halbblut. Oh, was nur meine Herrin sagen würde, wenn Sie all diese Schlammblüter und Blutsverräter in Ihrem Haus sehen würde. Oh, die arme Herrin. Die arme Herrin", murmelte er wütend vor sich hin und ich blieb auf den Treppenstufen stehen. Am liebsten hätte ich ihn sofort aus dem Fenster geworfen oder noch besser, ihm Kleidung geschenkt. Doch Sirius und Dumbledore verboten dies. Er würde zu viel wissen, meinten Sie. Ihn zu töten, wäre jedoch eine gute Alternative, das fand zumindest ich so. Allerdings durfte ich mich nicht von Hermine dabei erwischen lassen. Als Nächstes wäre ich dann wohl vermutlich neben dem Hauselfen auf dem Boden gelegen.

Ich trat in das Wohnzimmer ein und erblickte Fred und George, die am Couchtisch saßen und sich leise unterhielten. Ich lies mich neben ihnen nieder und sah sie fragend an, als sie aufhören zu sprechen. „Was ist los?", fragte ich die beiden und lehnte meinen Kopf an Freds Schulter. Dieser legte seine eiskalte Hand auf meinen Oberschenkel, was mich zum Erschaudern brachte. „Nichts, wir haben uns nur über unsere Scherzartikel unterhalten", sagte George und grinste mich unschuldig an. Jedoch kannte ich die Zwillinge schon lange genug, um zu wissen, dass die beiden sich um etwas anderes unterhalten hatten als um Scherzartikel. „Lügt mich nicht an", forderte ich sie auf und betreten blickten die Rotschöpfe auf ihre Hände. „Vielleicht haben wir uns über unsere Zukunft unterhalten?", sagte Fred und klang dabei eher so, als würde er es mir am liebsten nicht sagen wollen. „Euer Scherzartikelladen?", fragte ich interessiert und beugte mich zu ihnen, „Habt ihr euch das Haus in der Winkelgasse angesehen?", fragte ich sie und kaum merklich nickten sie. „Ja, aber sag bloß Mom nichts davon", forderte Fred mich auf und drückte seine Hand, die auf meinem Oberschenkel ruhte, zusammen. Ich sah sie müde an und schüttelte meinen Kopf. „Also bitte, ich bin doch nicht auf den Kopf geflogen" „Nah, das kann keiner so genau sagen", erwiderte George nur und zwang mich dazu, ihm auf den Oberarm zu boxen.

Wir unterhielten uns noch ein wenig, als Molly George zu sich rief, er solle ihr beim Abendessen helfen. Ich lächelte Fred an. „Du hast Moms Pullover an", stellte er fest, und ich nickte. „Ja, er ist genauso weich wie deiner", sagte ich und kuschelte mich in den dunkelblauen Strickpullover. Dass Molly sogar daran gedacht hatte, ihn in den Farben Ravenclaws zu halten, hatte mich verwundert, jedoch auch sehr stolz gemacht. „Du weißt, dass du jetzt meine Pullover nicht mehr bekommst", sagte Fred, doch ich legte nur lachend meinen Kopf in den Nacken und sagte: „Das glaubst du wohl selbst nicht." Er legte seinen Kopf schief und drückte mich wenig später in eine Bärenumarmung. „Und ob ich das glaube", murmelte er in mein Haar und wuschelte mir durch meine Locken hindurch.

Wenige Minuten später rief Molly zum Abendessen. Jeder schlug sich den Magen voll, und ich hatte eine wundervolle Unterhaltung mit Tonks. Dass die junge Frau immer wieder mal zu Remus hinüberblickte, entging mir nicht, und auch, dass Remus ihren Blick hin und wieder auffing, fiel mir auf. Nachdem Ginny immer wieder gähnte und auch Harry, Ron und Hermine sehr müde wirkten, schickte Molly sie hoch in ihre Zimmer. Fred, George und Tonks hingegen setzten sich in das Wohnzimmer und spielten eine Runde Zaubererschnickschnack, während Remus mich in das Nebenzimmer bat.

Wir setzten uns auf das Sofa, in dem wir unser erstes Gespräch gehabt hatten, und ich sah ihn fragend an. Dann zog er hinter seinem Rücken ein eingepacktes Geschenk hervor. „Ich weiß, es kommt jetzt vielleicht etwas zu spät, aber ich wusste ewig nicht, was ich dir schenken sollte", entschuldigte er sich und überreichte mir das Paket. Ein breites Grinsen bildete sich auf meinen Lippen, und ich lächelte ihn dankbar an. „Das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich habe doch auch kein Geschenk für dich", sagte ich, doch Remus schüttelte seinen Kopf. „Alles gut. Jetzt mach schon auf. Hat mich schließlich einige Nerven gekostet, es für dich aufzutreiben", meinte er und ich riss begeistert das Papier weg. Zum Vorschein kam ein Buch mit dem Titel: Verteidigung gegen schwarzmagische Flüche und Zauber. Mein Gesicht hellte sich auf und ich drückte Remus in eine überschwängliche Umarmung. „Das wäre doch nicht nötig gewesen!", rief ich aus und fuhr staunend über den Buchrücken, als ich mich wieder von meinem Patenonkel gelöst hatte. Remus hingegen setzte ein schmales Lächeln auf und beobachtete mich staunend. „Ich habe mich auch über Bücher gefreut, aber nicht so", meinte er, und ich legte das Buch auf die Seite und lächelte ihn an.

„Wenn du willst, können wir auch über dich und Tonks reden und nicht über meine Vorliebe gegenüber von Büchern", erwiderte ich mit einem feixenden Grinsen, und sofort erlosch Remus Grinsen. „Zwischen mir und Tonks ist nichts", sagte er, doch ich schüttelte meinen Kopf. „Ich sehe doch wie ihr euch anschaut. Streite es bloß nicht ab. Ihr wärt doch ein süßes Paar", widersprach ich ihm. Remus hingegen strich sich seine Haare aus dem Gesicht und schüttelte seinen Kopf. „Nein Kate, du verstehst nicht. Ich bin ein Werwolf. Ich kann keine Familie gründen. Außerdem steht Tonks ein jüngerer und kräftigerer Mann als ich zu. Ein Mann, der keine so schlimme Krankheit hat und auch ein Mann, der arbeiten gehen kann", er schloss für einen Moment seine Augen und senkte betreten seinen Kopf. „Remus, glaubst du etwa, dass Tonks, die wohl talentierteste Aurorin seit Jahren, so etwas wie deine Krankheit abschreckt? Glaub mir, selbst wenn du sie angreifen würdest, würde sie dich ruhigstellen", sagte ich und drückte ihm aufmunternd den Unterarm. Remus sah auf und seine Lippen zuckten zu einem kleinen Grinsen. „Das würde sie wohl", erwiderte er und ich nickte zustimmend.

„So, und jetzt kneifst du deine Arschbacken bei Merlin noch mal zusammen und fragst sie nach einem Date" „Nein Kate, auf keinen Fall", widersprach er mir sofort und zog mich an meinem Arm wieder hinunter, als ich gerade aufgestanden war. „Wieso? Ich gehe jetzt mit den Zwillingen hoch, und wir tüfteln an unserem Scherzimperium weiter, während du dich in das Abenteuer Liebe wagst. Viel Spaß und wehe du kneifst, weil sonst jage ich dir eine Horde wild gewordener Doxys auf den Hals", widersprach ich ihm, drückte ihm einen Schmatzer auf die vernarbte Stirn und ging zusammen mit den Zwillingen hoch in das Zimmer, sodass Remus und Tonks sich nun sich selbst widmen konnten. 

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt