| 39. Kapitel |

472 18 3
                                    

Schwer schlossen sich meine Augenlider. Erschöpft lehnte ich mich gegen das kalte Waschbecken und ließ mir das Wasser über die Hände laufen. Von unten konnte man deutlich das Stimmenwirrwarr hören. Ein kleines Grinsen bildete sich auf meinen Lippen. Der Laden lief gut, so gut sogar, dass der Tagesprophet einen Bericht über uns geschrieben hatte. Dieser hing jetzt in dem kleinen Büro neben Freds Zimmer, in dem ich jedoch die meiste Zeit verbrachte, wenn ich nicht gerade hinter der Kasse stand. Ich atmete zitternd aus und schüttelte mich. Ich sah auf und blickte meinem Spiegelbild entgegen. Noch immer hingen mir meine Haare fettig und brüchig hinunter, während meine Haut aschfahl wirkte und sich dunkle Augenringe darauf abzeichneten. Die schwarze Kleidung, die ich tragen musste, trug nicht sonderlich bei, dass ich besser aussah, und dennoch warf ich mir den schwarzen Umhang über und steckte mir die letzten Strähnen in den Zopf zurück.

Beim Vorübergehen schnappte ich mir meinen Zauberstab von der kleinen Kommode und schob ihn in meine Manteltasche. Dann öffnete ich die Tür zum Verkaufsraum und stieg die Treppen hinunter. Ich blieb bei den Zwillingen stehen und fing die letzten Wortfetzen auf, die sie mit Hermine Granger und Ginny wechselten: „Hier bitte sehr. Die beste Auswahl an Liebestränken, die ihr weit und breit finden werdet. Natürlich wirken die, bis zu vierundzwanzig Stunden am Stück, je nach Gewicht des betreffenden Jungen" – „Und nach Attraktivität des Mädchens. Aber an unsere Schwester verkaufen wir die nicht, nicht wenn sie schon circa fünf Jungs am Laufen hat, nach dem, was wir - " „Nicht zu vergessen, gebraut von einer der besten Hexen, die Hogwarts je besucht hat", warf ich ein und stellte mich neben die beiden jungen Frauen, und rettete Ginny somit vor einer Blamage. „Kate!", freudestrahlend umarmte mich Ginny und Hermine schenkte mir ein freundliches Lächeln. „Wie geht es dir?", fragte sie mich, während ich Freds Arm um meine Taille spürte. Ich lehnte mich entspannt an ihn zurück und grinste zu ihm auf. Er jedoch blickte mit einem besorgten Gesichtsausdruck hinunter und sah mich fragend an. „Nur ein kleiner Ausflug. Ich sollte bald wieder da sein", versuchte ich ihn zu beruhigen. Doch er drückte mich in eine noch festere Umarmung und klammerte sich regelrecht an mich. Seine warmen Lippen legten sich auf meinen Nacken und Fred hauchte mir einen federleichten Kuss hinauf.

„Was ist das?", fragte Ginny und deutete auf eine rosa scheinende Ampulle. „Zehn-Sekunden-Pustel-Entferner mit Garantie", sagte Fred, „Wirkt hervorragend bei allem Möglichen, Furunkel bis Mitesser, aber link jetzt nicht ab. Gehst du zurzeit mit einem Jungen namens Dean Thomas oder nicht?" „Ja, allerdings. Und als ich das letzte Mal nachgeschaut hab, war er definitiv nur ein Junge, nicht fünf. Was ist das?", erwiderte Ginny und deutete anschließend auf unser großes Sortiment an Minimuffs. „Kleine Knuddelmuffs, wir können sie gar nicht schnell genug nachzüchten. Und was ist mit Michael Corner?", sagte George. „Ich habe mit ihm Schluss gemacht, er war ein schlechter Verlierer. Die sind echt süß", sagte Ginny, steckte einen Finger durch die Gitterstäbe des Käfigs und sah zu, wie sich die Minimuffs darum drängten. „Die sind ziemlich knuddelig, ja. Aber wechselst du deine Freunde nicht ein bisschen arg schnell?", räumte Fred ein. „Nur, weil du an Kate hängst, heißt das noch lange nicht, dass ich bei einem bleiben werde", meinte Ginny trotzig und stemmte ihre Hände in die Hüfte. Sie hatte den typischen Mrs. Weasley-Blick aufgesetzt, sodass ich mich wunderte, warum Fred nicht einen Schritt zurückwich.

Ich grinste, drückte Fred einen Kuss auf die Wange und verabschiedete mich mit den Worten: „Tja, da bin ich wohl mal froh, dass Fred seine Freundinnen nicht so durchwechselt wie du Ginny." Die kleine Schwester schnaubte nur empört aus, während George und Fred sich hinter mir ein High-Five gaben. Ich drückte mich durch die Menschen hindurch, ehe ich gegen Molly stieß. Diese sah mich überrascht an, erkannte jedoch sofort an meiner Kleidung, dass ich nicht im Auftrag des Ordens unterwegs war. „Hallo Kate. Wie geht es dir?", fragte sie mich mütterlich. Ich lächelte sie aufrichtig an. „Sehr gut, danke. Und dir? Machst du dir viele Sorgen?", fragte ich sie und Molly nickte bestätigend. Ihre Unterlippe zitterte, und ich drückte sie in eine feste Umarmung. „Jetzt, da alle wissen, dass du-weißt-schon-wer wieder da ist, hat niemand mehr vertrauen. Es ist alles wie bei seiner ersten Herrschaft", sie versuchte, das Zittern ihrer Hände zu verstecken, doch es entging mir nicht. „Hoffentlich wird es bald vorbei sein", meinte ich und versuchte sowohl ihr als auch mir Mut zuzusprechen, doch dies gelang mir eher nicht. „Ich muss jetzt. Viel Spaß noch und sei nicht zu streng mit den Jungs", forderte ich sie auf und verabschiedete mich von ihr, indem ich ihre Schulter drückte. Molly lächelte, und ich verließ den Laden.

Draußen war es kalt, obwohl der Sommer noch nicht einmal richtig angefangen hatte. Ich blieb einige Sekunden vor dem Laden stehen, ehe ich mich auf den Weg zur Nokturngasse machte. Kurz bevor ich in die Gasse trat, sah ich mich um, um sicherzugehen, dass mir niemand gefolgt war. Ich zog meinen Kopf ein und schlich, so schnell es ging durch die Gasse. Kaum hatte ich einen Schritt über die scheinbar unsichtbare Grenze gemacht, zog sich ein kalter Schauer meinen Rücken hinunter. Ich sah mich ein weiteres Mal um, als ich das Gefühl hatte jemand würde mich verfolgen. Doch da war niemand. Ich zog meinen Umhang enger um mich, und stürzte in den normalerweise schon geschlossenen Laden.

Der Angestellte von Borgin und Burkes blickte vom Tagespropheten auf. „Was wollen Sie?", fragte er mich so unfreundlich, wie es auch nur irgendwie ging, und kaute dabei auf dem Ende seiner Pfeife herum. Ich zog nur meine linke Augenbraue hoch und setzte einen missbilligen Blick auf. „Ich bin im Auftrag des Herren hier. Miss Malfoy und ihr Sohn erwarten mich", meinte ich mit bedrohlich ruhiger Stimme und ging langsam Schritt für Schritt auf ihn zu. Der grauhaarige Mann schluckte schwer. „Oh, das wusste ich nicht. Bitte verzeihen Sie mir. Mein Chef hat mir nicht gesagt, dass wir so spät noch Kunden erwarten", er senkte seinen Kopf ergeben. Ich nahm es hin und drehte mich um, als die Tür ein weiteres Mal aufging und Narzissa mit Draco den Laden betrat. „Miss Malfoy", sagte der Mann erfreut, „Bitte folgen Sie mir." Er deutete uns an, ihm in den hinteren Teil des Ladens zu folgen. Schweigend folgten wir ihm, ehe er in einem weiteren abgeschlossenen Raum stehen blieb und ein Tuch von einem riesigen Schrank zog.

„Das ist das Verschwindekabinett, von dem ihnen mein Chef wohl berichtet hatte", sagte er und präsentierte den schwarzen Schrank, „Man vermutet das Gegenstück dazu und Hogwarts." Narzissa näherte sich ihm bewundernd und strich über die Maserungen, die sich deutlich Abzeichneten. „Wie gut funktioniert es?", fragte ich und hob mein Kinn an. Er sollte mir nicht anmerken, dass ich eigentlich keine Ahnung hatte, worum es sich handelte. Der Mann zuckte mit den Schultern. „Der Boden ist durchgebrochen, und wir haben keine Ahnung, in welchen Zustand das Gegenstück ist. Wenn man Pech hat, ist man für immer in diesem Schrank gefangen", meinte er und setzte ein hämisches Grinsen auf. Ich nickte verstehend.

Wir klärten noch einige unwichtige und belanglose Sachen, ehe wir wieder aus dem Laden gingen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, sofort wieder zu Fred zu verschwinden, doch dann hielt mich Narzissa zurück. Überrascht drehte ich mich zu ihr um. „Was ist?", fragte ich sie und drehte mich zu ihr um, sodass ich ihr gegenüberstand. Wir hatten die Nokturngasse schon wieder verlassen, und ich war nicht sonderlich erpicht darauf, von jemanden erkannt zu werden. „Ich weiß, wir haben schon darüber gesprochen, aber könntest du wirklich ein gutes Auge auf Draco haben? Ich weiß, du besuchst Hogwarts nicht mehr, aber ich bin mir sicher, dass du einige der Geheimgänge kennst. Mir würde es reichen, wenn du ihn hin und wieder besuchst. Ich möchte nicht, dass er allein da drinnen steckt", versuchte sie mir zu erklären, während sich eiserne Tränen in ihren Augen bildeten.

Perplex sah ich die Mutter an, nickte dann jedoch verstehend. „Selbstverständlich. Ich kann mit ihm sprechen, aber wenn er sich nicht von mir helfen lassen möchte, kann ich nicht sonderlich viel machen. Rede du vielleicht nochmal mit ihm", meinte ich und lächelte sie aufmunternd an. Narzissa grinste mich dankbar an, und verabschiedete sich mit einem dankbaren lächeln. Sie ging fort, Draco hinterher. Mit einem traurigen Grinsen sah ich ihr hinterher. Sie tat mir leid. Gerade erst hatte sie ihren Mann aus Askaban zurück, und dann bekam ihr Sohn einen Mordauftrag. Das Leben war nicht fair.

Ich wollte gerade wieder zu unserem Haus zurück gehen, als ich drei Paar Schuhe mitsamt Socken, schön nebeneinander aufgereiht, an einer Hausmauer stehen sah. Verwirrt zog ich meine Stirn kraus, holte meinen Zauberstab aus dem Umhang hervor und murmelte leise: „Aparecium." Doch nichts geschah. Ich schluckte schwer, und entschied mich dazu, nichts zu machen. Hoffentlich waren es tatsächlich nur Schuhe, die draußen standen um auszulüften. Und die Socken hatte man einfach darin vergessen. 

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt