Kapitel 32

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Durch lautes Klopfen werde ich unsanft aus meinem Schlaf gerissen. Meine Augen sind unglaublich lichtempfindlich, sodass ich einige Male blinzeln muss, bis ich scharf sehe. Mein Kopf dröhnt und ich fühle mich schrecklich. Erschöpft. Ausgelaugt. Mike ist bereits aufgesprungen und sprintet zur Tür um diese zu öffnen.

Mein Handydisplay zeigt fünf verpasste Anrufe von Mum an, die ich jedoch ganz bewusst verdränge.

»Geht's noch«, holt mich Mikes aufgebrachte Stimme wieder ins Hier und Jetzt, ehe er verstummt und zwei Polizisten im Türrahmen erscheinen.

»Guten Morgen Herr Miller.« Sie treten ein, als ob es das Normalste der Welt wäre einfach in die Wohnung Fremder zu platzen.

Die Beamten bleiben direkt vor mir stehen. Die Augen unangenehm intensiv auf mich gerichtet, weshalb mich ein ungutes Gefühl überkommt.

»Und Sie sind?«, erkundigt sich der Kleinere von beiden und verzieht dabei keine Miene. Während dieser seine gesamte Aufmerksamkeit mir widmet, inspiziert der Andere bereits das Zimmer.

»Sarah Nolan.« Das Blut in meinen Adern pocht und ein stechendes Kribbeln breitet sich unter meiner Haut aus. Ich habe auf einmal Schwierigkeiten zu atmen, und eine Art Übelkeit macht sich bemerkbar.

Der Polizist nickt ausdruckslos und winkt Mike schließlich zu sich.

»Ist etwas passiert?« fragt Mike besorgt und schielt unauffällig zu mir.

»Heute Morgen wurde Anzeige erstattet.« Der Polizist kramt einen kleinen Notizblock aus seiner Brusttasche und blättert darin, ehe er wieder aufblickt und fortfährt.

»Gegen einen gewissen Aiden Miller.« Der Beamte starrt unbeweglich auf den Couchtisch vor sich, das Gesicht hart. Mir wird heiß und kalt zugleich. Ein unerträglicher Druck in meinem Inneren drückt gegen Lunge und Magen, sodass ich kurz zusammenzucke.

»Es besteht der dringende Tatverdacht einer Körperverletzung.« Der Polizist mustert Mike über den Rand seiner altmodischen Brille, als ob ihm dieser Anblick als Beweismittel vollkommen ausreicht.

»Obwohl der Augenzeuge nicht unmittelbar von der Tat betroffen ist, besteht seines Erachtens
Anlass zur Strafverfolgung. Zudem hätte Herr Miller damit gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen.« Während der eine Polizist spricht, nickt der andere Beamte nur und streicht sich einige Mal über seinen bereits ergrauten Bart. Zwei der Wörter brennen sich in meinen Kopf. Bewährungsauflagen. Verstoßen. Was dies für den Angeklagten bedeutet ist mir klar.

»Wer hat ihn angezeigt?«
platzt es aus mir heraus. Eine Mischung aus Angst und Wut explodiert in mir und mein Puls beschleunigt sich wie von selbst.

»Das können wir Ihnen leider nicht sagen.« Mein Herzschlag wummert in meinen Ohren. Es wirkt alles so surreal auf mich, dass ich mir die Fingernägel in den Oberarm ramme um zu prüfen, ob ich auch nicht träume.

»Da Sie mit dem Verdächtigen verwandt sind können Sie die Aussage natürlich verweigern. Auch dann wenn Sie sich durch Ihre Aussage selbst belasten würden. Falls Sie jedoch aussagen möchten, muss ich Sie darüber informieren, dass Sie gesetzlich verpflichtet sind wahrheitsgemäße Angaben zu machen.« Mit einer tiefen und monotonen Stimme belehrt der Polizist Mike und schreibt parallel dazu etwas in sein Notizbuch.

Mike stöhnt laut auf und mein Kopf beginnt sich währenddessen unaufhörlich im Karussell zu drehen. Mir wird ganz schwummrig mit jedem weiteren Wort.

»Sie müssen dann allerdings damit rechen, dass Sie in einem späteren Gerichtsverfahren möglicherweise vereidigt werden«, fügt der andere Polizist hinzu und wartet mit einem Kugelschreiber in der Hand auf Mikes Rückmeldung. Er ist bereit alles zu notieren was Aiden belasten könnte.

»Ich möchte die Aussage verweigern«, reagiert Mike reflexartig, weswegen ich erleichtert aufkeuche.

Nachdem die Polizisten ihr Verhör beendet haben, mache ich mich auf den Weg zu Aiden. Als ich das kleine Haus mit dunkelgrüner Fassade betrete steigt meine Spannung ins Unermessliche. Ich hoffe hier Aiden anzutreffen und mit ihm gemeinsam eine Lösung zu finden für die ganze Misere, die er angerichtet hat.

Ich schiebe das kaputte Fliegengitter zur Seite, bevor ich einen Fuß ins Haus setze.

»Er ist nicht hier«, ruft Jacks Stimme für meinen Geschmack etwas zu Laut. Er schultert einen Rucksack und steuert im schnellen Tempo auf mich zu.

»Weißt du wo er ist?«, sprudeln die Worte nur so aus mir heraus, während Jack bereits aus der Tür schlendert. Er nimmt noch einen kräftigen Zug von seiner Zigarette und schnippt sie dann auf den Bürgersteig.

»Ich bin nicht sein verfickter Babysitter. Aber vermutlich bei einer seiner bitches. «Jack grinst breit und zuckt mit den Schultern. Ich schließe meine Lider und sofort schiebt sich ein Bild von Aubrey vor mein Inneres Auge. Ich bin eifersüchtig. Diese Erkenntnis trifft mich wie der Schlag.

Aiden - gefährliche LiebeWhere stories live. Discover now